Honig
mir den Platz. Ich stellte mich vor ihn, so dass meine Brüste dicht vor seinem Gesicht waren, und knöpfte sein Hemd auf. Ich sah, dass er hart war. »Zeit für große Jungs, ins Bett zu gehen.« Als er meine Brustwarze in den Mund nahm, dachte ich, es wird alles gut. Ich hatte das Gefühl fast vergessen, scharf, elektrisierend, alles durchdringend rann es vom Halsansatz abwärts bis zum Perineum. Aber als wir die Decke zurückschlugen und uns hinlegten, sah ich, dass er jetzt schlaff war, irgendetwas hatte ich wohl falsch gemacht. Auch etwas anderes überraschte mich – er hatte kaum Schamhaar, und das wenige war glatt und seidig, wie das auf seinem Kopf. Wir küssten uns wieder – darin war er gut –, doch als ich seinen Schwanz in die Hand nahm, war er immer noch weich. Ich drückte seinen Kopf hinab zu meinen Brüsten, weil das vorhin schon funktioniert hatte. Ein neuer Partner. Es war wie ein neues Kartenspiel lernen. Aber er ging noch viel weiter hinab und brachte mich mit seiner Zunge gekonnt zum Höhepunkt. Ich kam in weniger als einer Minute und stieß einen kleinen Schrei aus, den ich wegen der Anwältinnen unten als erstickten Husten tarnte. Als ich wieder zu mir kam, sah ich [269] erleichtert, wie erregt er war. Meine Lust hatte seine geweckt. Und so zog ich ihn zu mir heran, und es ging los.
Es war für uns beide kein großartiges Erlebnis, aber wir hielten durch, wir wahrten den Schein. Mich hemmte zweierlei: zum einen, wie gesagt, die Anwesenheit der drei anderen im Haus, die mangels eines eigenen Liebeslebens nun begierig auf das Quietschen der Bettfedern und noch mehr auf menschliche Laute dazwischen lauschen würden. Zum andern, dass Tom so still war. Er sagte nichts Zärtliches oder Liebevolles oder Anerkennendes. Nicht einmal sein Atem schien rascher zu gehen. Ich wurde den Gedanken nicht los, dass er unser Liebesspiel zu künftiger Verwendung memorierte, dass er sich im Geiste Notizen machte, Formulierungen ersann und korrigierte, nach Einzelheiten suchte, die aus dem Rahmen des Gewöhnlichen fielen. Wieder dachte ich an die Geschichte von dem falschen Vikar, an Jean und ihre »monströse« Klitoris, so groß wie der Penis eines kleinen Jungen. Was hatte Tom von meiner gedacht, als seine Zunge vorhin an ihr Maß nahm? Völlig durchschnittlich, nicht der Erinnerung wert? Als Edmund und Jean in der Wohnung in Chalk Farm wieder zusammenfinden und miteinander schlafen, stößt Jean beim Orgasmus eine Reihe hoher Töne aus, so rein und gleichmäßig wie das Zeitzeichen der BBC . Was waren dagegen meine höflich gedämpften Laute? Aus solchen Fragen ergaben sich andere, ungesunde Gedanken. Neil Carder berauscht sich an der »stillen Ruhe« seiner Schaufensterpuppe, ihn erregt, dass sie ihn verachten und verschmähen könnte. War Tom etwa darauf aus? Auf die totale Passivität einer Frau, eine Insichgekehrtheit, die in ihr Gegenteil umschlug und [270] zu einer Macht wurde, die ihn überwältigte ? Sollte ich vollkommen still liegen, die Lippen öffnen und an die Decke starren? Nein, und die Vorstellung fand ich alles andere als komisch.
Zur Steigerung meiner Pein malte ich mir aus, wie er, sobald wir fertig wären, Notizbuch und Bleistift aus seiner Jacke nehmen würde. Natürlich würde ich ihn rauswerfen! Aber diese selbstquälerischen Gedanken waren nur ein schlechter Traum. Er lag auf dem Rücken, mein Kopf auf seinem Arm. Es war nicht kalt, dennoch zogen wir Decke und Laken über uns. Wir dösten ein wenig ein. Ich schreckte auf, als unten die Haustür zuschlug und ich die leiser werdenden Stimmen meiner Mitbewohnerinnen auf der Straße hörte. Wir waren allein im Haus. Ohne es sehen zu können, spürte ich, dass Tom ebenfalls aufwachte. Er blieb noch eine Weile still, dann fragte er, ob er mich in ein gutes Restaurant einladen dürfe. Sein Stiftungsgeld sei noch nicht eingetroffen, aber es werde bestimmt bald kommen. Ich bestätigte das wortlos. Max hatte die Zahlung vor zwei Tagen angewiesen.
Wir gingen ins White Tower am südlichen Ende der Charlotte Street und aßen Kleftiko mit Bratkartoffeln und tranken drei Flaschen Retsina. Die schafften wir mühelos. Wie exotisch, auf Kosten des Sonderbudgets zu tafeln und das nicht sagen zu können. Ich fühlte mich sehr erwachsen. Tom erzählte, im Krieg habe es in diesem berühmten Restaurant Dosenfleisch à la grecque gegeben. Wir scherzten, diese Zeiten kämen bald wieder. Er hielt mir einen Vortrag über die literarische Historie des Lokals,
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