Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)
dich geknackt?"
Jeanne schluckte und blickte dann beschämt zu Boden. Lucien nahm sie noch fester in den Arm und drehte sich dann mit ihr zusammen zu Balthasar. "Redet überhaupt noch jemand hier mit mir?"
Balthasars Blick wurde immer abweisender und sein Mund ein gerade schmale Linie.
"Jeanne? Balthasar? Irgend jemand?" Lucien schien nicht gewillt aufzugeben, stattdessen kaute er auf der Frage herum wie ein Hund auf einem saftigen Markknochen.
Balthasar schnaubte ungehalten. "Da war nichts mehr zu knacken", sagt er schließlich.
"Nein!", Lucien beugte seinen Kopf zu Jeanne hinunter und hatte dann den Zeigefinger mahnend erhoben. "Warst du etwas schon ein böses Mädchen, ja?"
Jeanne war sich sicher, dass sie dunkelrot vor Scham wurde. Sie hörte Lucien lachen und sah hilfesuchend zu Balthasar. Sein Gesicht war unbeweglich, die harten grünen Augen schienen durch sie hindurch zu blicken.
"Wer war es? Hattest du schon einen kleinen Liebhaber, ja? So einen strammen Bauernburschen? Oder vielleicht einen hübschen Kaufmannssohn? Nun sag schon, wer war es, der das Siegel zu deinem Schatzkästchen aufbrechen durfte?"
Jeanne schloss die Augen, während Luciens Arm immer noch schwer um ihre Schultern lag. Er würde nicht aufgeben, er würde immer weiter fragen, also konnte sie es genauso gut sofort sagen. Sie seufzte leise.
"Mein Stiefvater", sagte sie schließlich gefasst. "Jedes Mal, wenn meine Mutter für ein paar Stunden das Haus verließ."
"Nein!", sagte Lucien, doch wieder schwang ein Lachen in seiner Stimme mit. Jeanne sah zu Balthasar. Sein Gesichtsausdruck war weicher geworden und ernst blickte er zu ihr herüber. Sie fühlte kein Mitleid von ihm, doch etwas anderes, das noch stärker war als die Schatten der Vergangenheit. Und obwohl er ein Stück von ihr entfernt stand, spürte sie seine Umarmung, dachte an die letzte Nacht und sah in seinen Augen, dass er das Gleiche dachte.
Lucien schaute interessiert zwischen ihnen hin und her und als Jeanne es bemerkte, blickte sie schnell zur Seite.
"Der böse, böse Stiefvater also", begann Lucien scheinbar unbeteiligt. "Na, da hatte mein Bruder ja dieses Mal kein Glück."
"Es reicht, Lucien", erwiderte Balthasar kalt, dann sah er zu Jeanne. "Verschwinde, Honigkäfer, meine Bruder und ich müssen uns unterhalten."
"Honigkäfer?" Luciens Stimme überschlug sich fast. "So nennst du sie?"
"Ja, Bruder, so nenne ich sie." Jeanne hörte die unausgesprochene Warnung in Balthasars Tonfall.
"Honigkäfer, wie hübsch. Es passt zu ihr", erwiderte Lucien. Er ließ seine Finger durch Jeannes helles Haar gleiten und Balthasars Nasenflügel bebten. Jeanne war schon wieder wie versteinert. Sie verstand nicht, was hier passierte. Wieso fasste Lucien sie an, als wäre sie ein Teil des Inventars, das zum Haus gehörte? Und wieso ließ Balthasar es zu?
"Honigkäfer..." Seine dunkle Stimme ließ sie sich wieder rühren. "Verschwinde."
"Warum denn?", fragte Lucien und sein Arm glitt ihre Schulter hinab zu ihrer Taille. "Sie kann doch hier bleiben. Drei Tage lang hattest du jetzt schon allein Spaß mit ihr, heute bin ich an der Reihe. Ich nehme sie mit in meine Räume."
Jeanne sah ihm zu, während er sprach und ihre Augen wurden immer größer. Was redete er da? Wieso war er an der Reihe? An was für einer Reihe überhaupt? Und wieso hatte er Räume hier, sie dachte, dass das Haus allein Balthasar gehören würde. Entsetzt sah zu ihm herüber. Seine Augen formten ein stummes "Verschwinde endlich". Jeanne riss sich von Lucien los und floh.
Jeanne flüchtete in die Küche, da dies der erste Raum in Haus war, den sie nach dem Kerker gesehen hatte und auf seltsame Art kam er ihr vertrauter vor, als alle anderen Zimmer des Hauses. Sie lehnte sich haltsuchend an die schwere Tischplatte, ihre Hände umgriffen das kühle glatte Holz und aufgewühlt starrte sie auf die geschwungenen Linien der Maserung.
Sie hörte seine Schritte und hoffte, dass es seine Stiefel waren, deren Geräusch sie auf der Treppe vernahm.
"Honigkäfer?" Dann war er hinter ihr, schob ihr die Haare über die Schultern und küsste sie auf den entblößten Nacken.
"Was geht hier vor?", flüsterte sie. "Ich verstehe das alles nicht..."
Sanft drehte er sie um und sie ließ es geschehen, weil sie hoffte, eine Antwort von ihm zu bekommen. Er streichelte ihr Gesicht, die andere Hand vergrub er in ihren Haaren. Dann zog er sie an sich.
Irgendwo meinte Jeanne ein Geräusch gehört zu haben, doch sie kümmerte sich
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