Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)
sie seine Lippen an ihren Haaren, doch dann glitt sie hinüber in einen ruhigen Schlaf.
4
Ein Bruder
Es war schon fast Mittag, als Jeanne die Augen wieder aufschlug und feststellte, dass sie mittlerweile allein in dem großen Himmelbett lag. Ihr Körper kribbelte unter den weichen Decken und seufzend dachte sie andas, was sie in den frühen Morgenstunden erlebt hatte. Es erschien ihr immer noch alles wie ein Traum: Die Entführung, die beängstigenden Stunden im Kerker und die Grobheiten des Mannes, des sich als solch aufregender Liebhaber entpuppt hatte. Jeanne lächelte als sie an ihn dachte. Die pechschwarzen Haare, die einen faszinierenden Kontrast zu den grünen Augen bildetet, die aristokratisch helle Haut und die schlanken und doch kräftigen Hände. Und erst dieser verführerische Mund! Als sie sich entschloss, nun auch aufzustehen, tat sie es hauptsächlich in der prickelnden Erwartung, ihn endlich wieder vor sich zu sehen. Oder über sich. Nackt und leidenschaftlich...
Jeannes Wangen erröteten bei dem Gedanken an seinen attraktiven, überaus männliche Körper und schnell schwang sie die Beine über die Bettkante. Sie ging nackt hinüber zu dem kleinen Schminktisch und goss etwas Wasser in die zart gemusterte Waschschüssel aus Porzellan. Dann wusch sie sich mit einem Läppchen, dass sie mit einer nach Lavendel duftenden Seife benetzt hatte und zog sich dann ihr Kleid an, das immer noch neben dem Bett lag. Neugierig öffnete sie den hellen Schrank und fand dort noch mehr Damengarderobe unterschiedlichster Größen, inklusive einiger teuer aussehender Capes und Mäntel, sowie einige Nachthemden und auch Stiefel, von denen ihr leider jedes Paar um einige Nummern zu groß war. Nun wusste Jeanne überhaupt nicht mehr, was sie denken sollte. Erst die Truhe unten in der Küche, nun ein komplett eingerichtetes Zimmer ohne jede persönliche Note, jedoch wieder mit Frauenkleider aller Art und Größen bestückt wie ein Kostümfundus. Hinzu kam noch die unheimliche Athmosphäre des Zimmer, die bei Tageslicht zwar verblasste, aber immer noch spürbar war.
Als ihr Magen laut knurrte, beschloss sie, sich auf den Weg in die Küche zu machen, um sich etwas zu essen zu holen. Sie verließ das Zimmer, ging die breite Treppe hinunter und hörte Gelächter in der Eingangshalle.
Zwei Männer unterhielten sich ungezwungen. Beide waren hochgewachsen, schlank und doch unverkennbar muskulös. Den einen von ihnen kannte sie, denn sie hatte die Nacht mit ihm verbracht, den anderen hatte sie noch nie zuvor gesehen. Sein Haar war von hellen Braun und er hatte es mit einem Band zu einem straffen Zopf im Nacken gebunden. Als das Rascheln ihrer Röcke ihr Kommen verriet, sahen ihr zwei Augenpaare entgegen. Sie fühlte ihre Blicke überall auf ihrem Körper.
"Ist sie das?", fragte der Neuankömmling. Er erntete ein knappes Nicken als Antwort. Jeanne kam genau in diesem Moment vor den beiden zu stehen. Der Braunhaarige schenkte ihr ein strahlendes Lächeln und seine leuchtenden blauen Augen wirkten offen und freundlich.
"Sie ist ja richtig hübsch! Wie heißt sie?" Er bekam keine Antwort. Der Braunhaarige warf einen prüfenden Blick in das verschlossene Gesicht seines Gesprächspartners.
"Du weißt es nicht?", lachte er dann. "Seit wann, sagtest du, ist sie hier? Seit drei Tagen?" Wieder bekam er keine Antwort. Der Braunhaarige griff nach Jeannes Hand, hauchte einen Kuss darauf und zog sie dann noch näher zu sich herüber.
"Wie heißt du, Hübsche?"
"Mein Name ist Jeanne, Monsieur", erwiderte sie vorsichtig.
Der Braunhaarige strahlte sie erneut an, legte dann einen Arm um ihre Schultern und Jeanne wusste nicht wirklich, was sie von dieser Situation halten sollte.
"Ich bin Lucien", sagte er dann. "Und dieses mürrische Stück Stein neben mir ist mein älterer Bruder Balthasar. Und ja, er kann sprechen, auch wenn es im Moment nicht so aussieht." Er knuffte seinen älteren Bruder in die Seite und dieser zog ein Gesicht.
"Hast du sie schon geknackt, Bruder?", fragte Lucien unbekümmert. Jeanne versteifte sich in seiner Umarmung, denn obwohl es sich nicht schickte, zu wissen, was diese Frage bedeutete, wusste sie es sehr genau. Balthasar warf einen Blick auf Jeanne und dann auf den Arm seines Bruders, der wie selbstverständlich um ihre schmalen Schultern lag.
"Seit du uns mit deiner Gesellschaft erfreutest, redet er wohl nicht mehr mit mir", sagte Lucien und hatte sich vertraulich zu ihr gebeugt. "Sag du es mir, hat er
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