Honigtot (German Edition)
stützen ließ, während er das Glas an ihre Lippen führte. Deborah bedankte sich mit matter Stimme und sank in das Kissen zurück. Dabei ließ sie ihre Decke gerade soweit zurückgleiten, dass sie einen Blick auf ihre wohlgeformten Schultern gewährte. Der junge Mann stellte das Glas unbeeindruckt zurück und trat mit ausdruckslosem Gesicht zur Seite.
Dabei stieß er mit seinem Stiefel versehentlich an den blechernen Nachttopf neben dem Bett. Das scheppernde Geräusch hallte laut durch die Stille des nächtlichen Krankenhauses und ließ Deborah erschreckt zusammenzucken, während die Männer keine Regung zeigten.
Irgendetwas stimmt nicht mit diesen Männern, dachte Deborah. Sie setzte alle ihre weiblichen Signale ein, aber es war, als ob sie auf einer falschen Frequenz sendete. Die Männer sprachen überhaupt nicht darauf an, ja, schienen sie nicht einmal zu bemerken.
Ein weiterer Mann betrat mit wehendem Mantel den Raum. Rasch näherte er sich seinem Anführer und flüsterte ihm einige wenige Worte ins Ohr. Deborah glaubte, das kurze Aufflammen von Befriedigung in dessen ansonsten ausdruckslosen Zügen erkannt zu haben. Sie bedauerte, dass ihre empfindlichen Ohren durch die Explosion noch beeinträchtigt waren, sonst hätte sie sicher verstehen können, was der Mann zu ihm gesagt hatte.
Augenklappe lehnte sich vor und sein hartes Gesicht war direkt über ihrem, als er beinahe sanft zu ihr sagte: „Jemand vom Krankenhauspersonal hat gesehen, wie sich Wanda in Ihr Zimmer geschlichen hat. Den Angaben nach hat sich der Mann mindestens fünfzehn Minuten in Ihrem Zimmer aufgehalten. Wenn Sie den Mann nicht kannten, wie Sie behaupten, würde mich interessieren, was Sie dann so lange hier drinnen mit ihm getrieben haben, hm? Raus jetzt mit der Sprache!“
Deborahs Herz setzte einen Takt aus. Fieberhaft suchte ihr Verstand nach einer plausiblen Antwort. Schließlich antwortete sie in ihrem besten Kleinmädchenton: „Aber … wie soll ich denn wissen, wie Mörder denken? Ich weiß nur, dass er versucht hat, mich zu töten und dass Sie noch rechtzeitig zu meiner Rettung kamen. Dafür schulde ich Ihnen Dank. Bitte, mir ist nicht wohl, ich würde mich jetzt gerne etwas ausruhen.“ Demonstrativ zog Deborah ihre Decke bis unter ihr Kinn und wandte sich von dem sengenden Blick ab. So geh doch endlich, dachte sie.
Doch tat der Mann ihr den Gefallen nicht. Mit eisernem Griff packte er ihr Kinn und zwang sie damit, ihn erneut anzusehen. „So nicht, junge Dame. Ich habe Sie durchschaut. Sie verbergen etwas und das werden Sie mir jetzt sagen. Ansonsten zerre ich Sie aus Ihrem warmen Bett und Sie verbringen den Rest der Nacht in einer kalten, feuchten Zelle. Also, ich höre!“
„Lassen Sie sie sofort los, Sturmbannführer Greiff!“ Breitbeinig stand Albrecht im Türrahmen. In der Hand hielt er seine Hundepeitsche.
Deborah, die sich eingestand, Todesangst verspürt zu haben, schossen vor Erleichterung beinahe Tränen in die Augen.
Ohne Hast richtete sich Greiff auf und drehte sich langsam um. „Ah, der Herr Obersturmbannführer sind endlich eingetroffen. Und gerade zum rechten Zeitpunkt, wie mir scheint. Die jüdische Metze wollte mir soeben ihre Geheimnisse verraten.“
„Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie meine Stieftochter nicht als Metze bezeichnen würden. Darf ich erfahren, was hier vor sich geht?“
Während er sprach, hatte Albrecht den Raum betreten und sich Greiff genähert, wobei er ihn nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen hatte, als würde er ihm alles zutrauen. Wie Duellanten standen sich die Männer nun gegenüber, die Blicke ineinander verkeilt, als würden sie gleich aufeinander losgehen. Beide waren in etwa gleich groß und die offensichtliche, gegenseitige Feindseligkeit, die sie ausstrahlten, ließ für Deborah nur einen Rückschluss zu: Sie kannten sich schon länger. Der Hass stand wie eine Wand zwischen ihnen.
Verwirrt sah Deborah von einem zu anderen. Was ging hier vor?
„Ihre Stieftochter, so, so. Da habe ich aber etwas anderes gehört.“ Greiffs Stimme troff vor Süffisanz.
„Was Sie gehört haben, interessiert mich nicht. Ich warne Sie, Sturmbannführer. Muss ich Sie an meinen Rang erinnern? Also, warum verhören Sie meine Stieftochter?“ Albrecht spielte dabei mit der Peitsche. Klatschend traf sie auf seinen ledernen Stiefelschaft, während seine Miene signalisierte, dass er sie seinen Gegenüber gerne spüren lassen würde.
Greiff zeigte sich weder von der Drohgebärde
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