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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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noch von der Anspielung auf seinen niedrigeren Rang beeindruckt.
    „Diese Metze“, Greiff spie die Worte geradezu aus und zeigte mit ausgestreckter Hand auf Deborah, „wurde soeben mit einem der gefährlichsten Subjekte Polens, einem Feind des Deutschen Reiches, erwischt. Ich war dabei herauszufinden, was die beiden zu bereden hatten. Meine Ermittlungen gelten vorrangig dem gestrigen feigen Anschlag auf den Obergruppenführer und Reichsprotektor Heydrich und nicht diesem Café. Jakob Wanda ist einer der Drahtzieher. Aus zuverlässiger Quelle weiß ich, dass er die Attentäter Josef Gabčík und Jan Kubiš versteckt hat. Und dieser Mann, Wanda, war hier in diesem Zimmer. Entweder, um ihre Stieftochter zu besuchen, oder sie zu töten. In beiden Fällen stellt sich die Frage nach dem Warum. Das Mädchen weiß etwas. Kommen Sie mir also nicht in die Quere, Obersturmbannführer Brunnmann.“
    Von dem Attentat auf Reinhard Heydrich hatte Deborah bisher nichts gehört gehabt. Sie hoffte, dass er tot war. Aber sie musste zugeben, dass dieser Greiff im Grunde mit seinen Behauptungen ins Schwarze getroffen hatte. Sie fand es an der Zeit, etwas zu unternehmen, bevor ihr die Felle davonschwammen.
    Schon sah sie, wie dessen Worte wie Gift in Albrechts Gedanken einsickerten und er die Stirn runzelte. Sie griff ein: „Ich weiß nicht, wovon dieser Mann redet, Albrecht. Die Wahrheit ist, dass jemand in mein Zimmer geschlichen ist und versucht hat, mich zu erwürgen. Dann kamen diese Männer und haben mich gerettet und jetzt behauptet dieser Mensch auf einmal, ich hätte mit dem Einbrecher irgendetwas zu tun. Bitte Albrecht, der Schreck sitzt mir noch in allen Knochen, mein Hals schmerzt, und mir ist furchtbar übel.“ Flehentlich, die tränenfeuchten Augen auf ihn gerichtet, streckte sie die Hand nach ihm aus. Albrecht sah ihre Blässe und die blauen Würgemale an ihrem Hals.
    Er maß Greiff mit einem letzten, herausfordernden Blick, bevor er zu ihr eilte. Er schlang den Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. Schutzsuchend klammerte sich Deborah an ihn.
    Verächtlich beobachtete Greiff die Szene und spuckte dabei aus. „Wie überaus rührend“, kommentierte er in ätzendem Tonfall. „Wenn Sie Ihren Schwanz irgendwann wieder im Griff haben, können Sie vielleicht auch wieder klar denken, Obersturmbannführer“, sagte er böse.
    Albrecht wandte sich halb um und erwiderte über die Schulter hinweg: „Wie interessant. Wo Sie doch ansonsten gegen einen jungen jüdischen Hintern nichts einzuwenden haben, was man so hört.“
    „Ich hätte nicht gedacht, dass Sie jedem ekelhaften Gerücht Glauben schenken.“
    „Nur, wenn sie wahr sind, Genosse Sturmbannführer. Gehen Sie jetzt, Greiff, und wagen Sie es nicht, Ihre Anschuldigungen zu wiederholen oder sich Fräulein Malpran nochmals zu nähern. Ich warne Sie, treiben Sie es nicht zu weit.“
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Deborah, wie der Mann einige Sekunden lang zögerte, während der Hass sein Gesicht zu einer absurden Maske verzerrte. Dann entspannte er sich plötzlich, als wäre ihm ein neuer Gedanke gekommen. Ein teuflisches Grinsen kroch über sein Gesicht und ließ sein verbliebenes Auge wie eine schwarze Flamme aufblitzen. Eine böse Vorahnung erfasste Deborah und ließ sie erschauern.
    Mit schmerzlicher Gewissheit wusste sie, was ihr Gegenüber jetzt unternehmen würde: Er würde sich ein neues Opfer vornehmen. Er würde zu Jakob gehen und ihn quälen! Herrisch winkte Greiff seinen Männern und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
    Kaum, dass er verschwunden war, steckte der kleine Arzt seinen Kopf vorsichtig herein, wagte es jedoch nicht, das Zimmer vollends zu betreten. Albrecht entdeckte ihn und forderte ihn auf, näherzutreten.
    Als er sah, wie sich Deborah weiter zitternd an Albrecht klammerte, lamentierte er: „Ach, das arme Fräulein, so ein Schreck. Jetzt können Sie sich endlich ausruhen.“ Er hob die bereits aufgezogene Spritze, wartete jedoch fragend ab, ob ihm Albrecht, der ihm kaum minder Respekt einzuflößen schien als Greiff, die Erlaubnis dazu erteilen würde. Albrecht nickte kaum merklich und der Arzt setzte die Spritze so flink an, dass Deborah keine Zeit zur Gegenwehr blieb.
    Er hatte es sicherlich nur gut gemeint, leider aber gleichzeitig Deborahs Plan durchkreuzt, Marlene noch in der Nacht aufzusuchen.
    Nach wenigen Minuten setzte die Entspannung ein und Deborah versank im gnädigen Vergessen. Albrecht blieb noch einige Minuten,

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