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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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dass ein weiterer großer Krieg kommen wird.“
    Er verabschiedete sich, und noch während er die Sängerin verließ und in Richtung Aufzug eilte, glaubte er nicht nur das, was er eben gesagt hatte, er wusste es - so sicher, wie ihm niemals wieder Haare auf dem Kopf sprießen würden.
     
    * * * * *
     
    Mr Louis P. Lochner sollte Recht behalten. Ein gutes Jahr später war es soweit: Hitler befahl den Angriffskrieg auf Polen und Mr Lochner begleitete als erster amerikanischer Journalist die deutschen Soldaten in den Polenfeldzug.
    Für seine realistischen wie kritischen Kriegsreportagen bekam er 1939 den Pulitzerpreis, wurde aber 1941 wegen seiner mutigen Beiträge den Nazis derart unbequem, dass sie ihn prompt internierten.
    Am Ende des Krieges, 1945, befand sich Mr Lochner unter den ersten Journalisten, die das Konzentrationslager in Dachau besichtigen konnten, um das dortige Leid zu dokumentieren und für alle Zeit festzuhalten, damit kommende Generationen für die Zukunft etwas daraus lernen würden.

 
     

    Kapitel 20
     
     
    Elisabeth war wieder allein. Und immer noch keine Nachricht von ihren Kindern oder Magda. Sie waren irgendwo zwischen München und London spurlos verschwunden. So, wie Gustav verschwunden war.
    Allein und in Sorge, verwandelte sich diese rasch in Angst und erbarmungslos saß sie in ihren Fängen fest.
    Angst war eine Hölle, aus der es kein Entkommen gab.
     
    * * * * *
     
    Zwei weitere Tage sollte Elisabeth in dieser Hölle verbringen, zwei Tage, in denen sie wie ferngesteuert eine Vielzahl von Aktivitäten entwickelte - weil alles andere besser war, als herumzusitzen und zu warten.
    Sie führte eine Unzahl an verzweifelten wie fruchtlosen Telefonaten mit Gustavs Bruder Paul, schlief nicht und aß und trank nur so viel, um nicht gänzlich zusammenzubrechen. Ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit tat sie unermüdlich weiterhin alles, bombardierte jeden, der ihr in der Sache ihrer Kinder und ihres Mannes behilflich sein konnte.
    Sie traf sich nochmals mit Göring in der Reichskanzlei und sprengte dabei dessen letzte Hoffnung im Rennen mit Goebbels auf den Elisabeth-Pokal; sie telefonierte mit Furtwängler und Martha Dodd sowie mit dem früheren Leiter der Reichsmusikkammer, Richard Strauss, der jedoch auf seine jüdische Schwiegertochter - seine Enkel galten als ebenso jüdisch wie Elisabeths Kinder - Rücksicht zu nehmen hatte und sich deshalb mit dem Taktstock leise verhielt. Er versprach ihr trotzdem, sich ein wenig umzuhören, so wie ihr auch alle anderen ihre Unterstützung zusagten und ihr Mut zusprachen.
    Ein wenig rächte sich jetzt aber auch, dass sie seit ihrem einzigen Auftritt in Bayreuth 1931 und Gustavs Verhaftung im Jahr darauf - infolge seiner Fahndung nach der verschwundenen Ottilie -, die letzten Jahre nur noch einige wenige Auftritte in Deutschland absolviert und ihre Karriere ausschließlich auf das europäische Ausland konzentriert hatte. Ihre vormals angehäuften Kontakte waren rar und ihr zum Teil entfremdet geworden.
     
    Vielleicht lehnte sie deshalb am ersten Abend ihres Martyriums, dem 17. Juni, dem Tag von Deborahs vierzehntem Geburtstag, die Einladung von Herrn Brunnmann für ein Souper nicht ab - obwohl ein geselliger Abend eigentlich das Letzte war, wonach ihr der Sinn stand. Herr Brunnmann erwies sich dann als äußerst kultivierter und zurückhaltender Gastgeber, der sich am Ende mitfühlend erbot, persönlich Nachforschungen zum Verbleib der Kinder von Frau Malpran anzustellen.
    Elisabeth bedankte sich ehrlich, weil sie meinte gespürt zu haben, dass er tatsächlich daran interessiert schien, ihr zu helfen – selbst wenn ihr der Mann in seiner Undurchschaubarkeit Rätsel aufgab.
    Auch meinte sie, ihm schon einmal früher begegnet zu sein, und als sie ihre Vermutung aussprach, erwiderte er:
    „Selbstverständlich hatte ich bereits das Vergnügen einer früheren Begegnung. Ich durfte Sie in der Ausübung Ihrer Kunst in Rom, Paris und in Brüssel bewundern, doch dort war ich nur einer unter vielen im Parkett. Aber sicher erinnern Sie sich noch daran, dass wir uns vor zwei Tagen in der Reichskanzlei begegnet sind?“
    Elisabeth antwortete charmant und wahrheitsgetreu, dass es ihr bedauerlicherweise entfallen wäre - entschuldigte dies aber damit, dass sie an jenem Tag fiebrig und aufgewühlt gewesen wäre und sie sich an den gesamten Tag sowieso nur lückenhaft erinnern konnte.
    In der Nacht warf sie sich in unruhigem Schlaf hin und her. Sie träumte von

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