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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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noch ein oder zwei Tage, bis alle Formalitäten erledigt sind. Der Schmuck wurde als Beweismittel beschlagnahmt, aber ich bemühe mich bereits um seine Herausgabe. Ich schlage vor, Sie genießen jetzt erst einmal das Zusammensein mit Ihren Kindern und überlassen mir die Sorge um Ihre Gouvernante. Morgen werde ich Ihnen dann erneut meine Aufwartung machen. Das Reisegepäck Ihrer Kinder steht in der Hotelhalle und wird in den nächsten Minuten in Ihre Suite verbracht werden. Ich empfehle mich jetzt, gnädige Frau, und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend im Kreise Ihrer Kinder.“
    Sein Vortrag hatte höflich geklungen, aber auch irgendwie in sich abschließend, als hätte Herr Brunnmann nicht vor, weitere Fragen zu beantworten. Er wandte sich der Tür zu, als sich Elisabeth rechtzeitig besann: „Verzeihen Sie bitte, Herr Brunnmann. Ich bin unhöflich. Sie bringen mir meine Kinder zurück und ich habe mich noch nicht einmal bei Ihnen dafür bedankt. Glauben Sie bitte nicht, ich wüsste Ihre Bemühungen nicht zu schätzen. Aber unsere Gouvernante Magda ist schon sehr lange bei uns. Sie gehört für mich zur Familie. Es liegt mir sehr am Herzen, dass ihr nichts Böses geschieht. Sie hat nur das getan, worum ich sie gebeten habe. Darum bitte ich Sie inständig, tun Sie alles für unsere Magda, genauso wie Sie für meine Kinder eingestanden sind. Ich wäre Ihnen sehr dankbar.“
    Herr Brunnmann ließ den Türknauf los und kehrte zurück. Er verneigte sich vor Elisabeth und ergriff ihre Fingerspitzen, die sie ihm mit der ihr eigenen, unnachahmlichen Grazie dargeboten hatte. Er zelebrierte den Handkuss formvollendet, ohne dass seine Lippen ihren Handrücken dabei berührt hätten. Danach richtete er sich auf und forschte kurz in Elisabeths Gesicht, als suchte er darin eine Bestätigung ihrer letzten Worte, bevor er den Raum mit langen, geräuschlosen Schritten verließ.
    Elisabeth sah ihm nach. Nie zuvor war ihr ein so großer Mann begegnet, der sich mit solch ruhiger Geschmeidigkeit bewegen konnte. Aber sie hatte eben auch in den Tiefen seiner Augen etwas bemerkt, dass sie kurz irritiert hatte. Doch sie war viel zu sehr durch ihre Kinder abgelenkt, als dass sie sich weitere Gedanken darüber hätte machen können.
    Mr Lochner verabschiedete sich nun ebenfalls von ihr. Die nächsten Stunden wurde Elisabeth dann in Gänze von ihren Kindern in Anspruch genommen.
    Wolferl und Deborah, aber auch Biene benötigten dringend ein Bad, und bald war dasselbige unter Wasser gesetzt. Der Schaum quoll zu Wolferls Freude über den Wannenrand hinaus; kein Wunder, er hatte eine ganze Flasche Fichtentraum hineingekippt.
    Die Koffer waren inzwischen gebracht worden und die Kinder saßen nun in frischer Nachtkleidung auf dem Sofa. Elisabeth hatte für sie ein üppiges Abendessen auftragen lassen und das Wolferl war sofort darüber hergefallen. Elisabeth freute sich über seinen gesunden Appetit, zeigte dies doch, dass ihr Sohn das Erlebte insgesamt unbeschadet überstanden hatte - zumindest schien es ihm nicht auf den Magen geschlagen zu haben.
    Mit ihrer Tochter Deborah verhielt es sich anders. Sie nippte nur an allem und bemerkte, sie hätte keinen Hunger. Besorgt betrachtete Elisabeth ihre Tochter. Deborah wirkte aufgewühlt. Lag es nur daran, dass Magda vorerst noch im Gefängnis hatte bleiben müssen oder steckte mehr dahinter?
    Tausend schreckliche Dinge, die einem jungen unschuldigen Mädchen wie Deborah im Gefängnis zustoßen konnten, schossen Elisabeth durch den Kopf. Nur mit größter Selbstbeherrschung gelang es ihr, gegen das aufsteigende, lähmende Entsetzen anzukämpfen. Obwohl sie sich vor der Antwort fürchtete, fragte sie jetzt: „Was hast du, Deborah? Willst du mir nicht erzählen, was passiert ist?“
    Deborah schüttelte den Kopf und deutete auf ihren mit vollen Backen kauenden Bruder. „Später, Mama, wenn das Wolferl schläft.“
    Doch der Kleine war viel zu aufgekratzt, als dass jetzt schon an Schlaf zu denken wäre. Er sprudelte geradezu über vor Mitteilungsbedürfnis und erzählte bereits zum dritten Mal die Geschichte der Verhaftung durch die Polizei am Stuttgarter Bahnhof: Wie sie von Magda getrennt wurden, Biene einen Polizisten in die Wade gebissen hatte und er, Wolferl, ihr zugerufen hatte: „Lauf Biene!“ Und sich die Dackeldame dann schnell verkrümelt hatte, gerade als der Polizist seine Waffe gezogen hatte. Für das Wolferl existierte das Erlebte eher in der Gestalt eines aufregenden Abenteuers, so

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