Honigtot (German Edition)
römischen Hotels zu starten. Irgendwo muss meine Mutter ja heute Nacht geschlafen haben. Sie kam gestern Mittag hier an.“
„Gut, wie heißt Ihr Hotel?“
„Hotel Visconti.“ Felicity wollte ihre Hotelbuchung hervorziehen, aber Pater Simone meinte: „Lassen Sie ruhig, ich kenne es. Es befindet sich im Centro Storico, in der Nähe der Piazza di Popolo.“
Nachdem Felicity eingecheckt hatte, fuhr Pater Simone sie zur nächsten Polizeistation auf der Piazza Trinità dei Pellegrini.
Der Polizist war sehr verständnisvoll und sehr freundlich, sah sich aber außerstande, eine Anfrage an alle römischen Hotels zu stellen. „Tut mir leid, Signora“, übersetzte ihr Pater Simone, „aber Ihre Mutter gilt nicht als vermisst. Eine Anzeige liegt auch nicht vor und Sie sagten selbst, dass Sie keinen Grund haben, anzunehmen, dass ein Verbrechen vorliegt. Warten Sie doch einfach, bis Ihre Mutter sich von selbst bei Ihnen meldet, Signora. Ansonsten würde ich Ihnen raten, sich an die amerikanische Botschaft in der Via Veneto zu wenden. Arrivederci.“
„So habe ich mir das gedacht“, kommentierte Pater Simone und fuhr sich erneut mit dem Taschentuch über die Stirn. „Römische Beamte. Bloß keine Verantwortung übernehmen und die Arbeit möglichst delegieren. So wird das nichts mit Forza Italia .“
„Und was machen wir jetzt?“ Felicity war unschlüssig auf der Eingangstreppe der Polizeistation stehengeblieben.
„Jetzt gehen wir erst einmal etwas essen und dann besprechen wir unser weiteres Vorgehen. Ich habe da eine Idee. Aber kommen Sie, wir gehen in die Trattoria da Gino. Es ist zu Fuß nicht weit.“
Felicity verspürte wenig Appetit, aber der Pater hatte das Essen derart enthusiastisch angekündigt, dass sie nicht das Herz hatte, es ihm abzuschlagen. Der Wirt, Gino, hatte Pater Simone wie einen alten Freund begrüßt und sich vor Freude fast überschlagen, dass Pater Simone eine bella Signorina mitgebracht hatte. Alle gefühlte fünf Minuten tänzelte er um ihren Tisch herum und fragte Felicity, ob es ihr schmecke.
Felicity bemühte sich, von allem wenigstens die Hälfte zu essen, während Pater Simone mit gutem Appetit zugriff und auch der Flasche Rotwein reichlich zusprach, während Felicity nur an ihrem Glas nippte. Sie spürte, dass eine Migräne sich ankündigte, Rotwein am Mittag würde es sicher verschlimmern. Bereits bei der Pasta e fagioli, die als Primo serviert wurde, konnte Felicity ihre Ungeduld nicht mehr zügeln und fragte Pater Simone nach seiner Idee. Pater Simone stopfte sich eben die Serviette umständlich in seinen Hemdausschnitt. Nun sah er sie an.
„Pater von Stetten hat mich informiert, dass Ihr Verlobter erwähnt hat, dass Ihre Mutter sehr fromm ist und viel Zeit im Gebet verbringt. Falls sie dazu eine Kirche aufsucht, habe ich mir Folgendes ausgedacht: Wenn Sie ein Foto Ihrer Mutter hätten, könnte ich es vervielfältigen lassen und an meine Brüder in den Kirchen verteilen, damit sie nach Ihrer Mutter Ausschau halten.“
„Das ist eine hervorragende Idee. Natürlich habe ich ein Foto.“
Pater Simone griff nach seinem Löffel. „Und jetzt probieren Sie. Gino macht die beste Pasta e fagioli von Rom. Und machen Sie sich keine Sorgen, Signorina Benedict. Wir finden Ihre Mutter.“
Kapitel 3
Das Foto zu vervielfältigen war dann gar nicht mehr nötig.
Noch während Gino ihnen ihre Espressi servierte, meldete sich die Kreditkartengesellschaft bei Felicity und gab ihr das Hotel durch, in dem ihre Mutter abgestiegen war. Pater Simone und Felicity machten sich sofort auf den Weg zur genannten Adresse in die Via della Conciliazione.
Am Empfang legitimierte sich Felicity als Tochter von Martha Benedict. Laut Rezeptionistin befand sich ihre Mutter auf ihrem Zimmer, denn die Schlüsselkarte, die für die elektrische Versorgung benötigt wurde, war aktiviert. Allerdings reagierte Martha nicht auf den Anruf. „Es könnte sein, dass Signora Benedict gerade duscht oder sich die Haare föhnt und das Klingeln nicht hört“, meinte die Hotelangestellte dazu.
Felicity zügelte ihre Ungeduld. „Gut, dann warten wir zehn Minuten und versuchen es noch einmal. Wenn sich meine Mutter dann immer noch nicht meldet, könnten wir dann vielleicht nachsehen? Nur um sicher zu gehen, dass alles in Ordnung ist?“
„Natürlich.“
In diesem Moment öffnete sich die Aufzugstür und eine ältere Asiatin in einem Reinigungskittel schob ihren Servicewagen zur Rezeption. Sie sprach
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