Honky Tonk Pirates - Das verheißene Land - Band 1
schwör’s. Ich hab sie zu uns in den Turm gebracht. Das war an dem Tag, als Ihr nach der Schlacht gegen die Russen nicht mehr zu Euren Töchtern zurückgekehrt seid. Und Will hat sie aufgenommen. Er hat sie gefüttert und vor den Soldaten versteckt.«
Der Vater konnte sein Glück kaum fassen. Er packte Jo,
küsste ihn auf die Stirn, auf die Nase und dann krabbelte er hinüber zu Will.
»Ich danke dir, Kleiner! Ich danke euch beiden! Bei der heiligen Mutter Maria, und bei Sabeth, der Mutter der Kinder. Gott hab sie selig, ihr lacht jetzt das Herz, auch wenn sie schon tot ist.«
Er wollte Will küssen, doch der wich zurück.
»Was kann ich nur tun, um mich zu bedanken?«
»Nichts!«, stöhnte Will. »Lass mich einfach in Ruhe und: Hey, was soll das?! Hör auf mich zu küssen!«
Er wehrte den Mann ab und schubste ihn weg.
»Du kannst beten, dass sie nicht solche Ohren kriegen wie du.«
Er markierte mit beiden Händen große Segelflieger-Ohren.
»Quatsch, die haben sie schon. Dann bete, dass sie deine Ohren nicht für immer behalten. Und wenn das nicht reicht, dann kann ich dir sagen: Sie haben mich königlich für meine Hilfe bezahlt.«
Der Vater von Rachel und Sarah hielt plötzlich inne. Sein Gesicht wurde finster. »Was meinst du damit? Was haben sie dir gegeben?«, rief er wütend und Will wich erschrocken zurück.
»Nichts. Überhaupt nichts. Hey, komm schon, bleib ruhig. Du kannst mich auch küssen. Das wolltest du doch!«
Will hielt ihm die Wange hin und schloss seine Augen: »Hier, bitte! Ich erlaub’s dir.Tu dir keinen Zwang an.«
Da krachte die Ohrfeige in sein Gesicht.
»Was haben sie dir gegeben!«, fauchte der Mann mit den rostigen Haaren. »War es ein Beutel? … Mit einer Muschel darin?«
»Wieso?«, fragte Will und rieb sich die Wange. »Wieso willst du das wissen?«
Er schaute Hilfe suchend zum Chevalier du Soleil. Der hatte sich die ganze Zeit prächtig über ihn amüsiert. Doch jetzt
horchte er auf und in seinen Augen sah Will den gleichen fiebrigen Ernst wie in denen des verrückten Soldaten.
»Was habt ihr denn plötzlich?«, fragte der Junge verwirrt. »Was ist mit euch los?«
»Das willst du nicht wissen!«, blaffte der Rothaarige. »Das geht dich nichts an. Gib mir den Beutel!«
Er umfasste Wills Hals und begann ihn zu würgen.
»Dann wird alles gut. Verstehst du das nicht? Ich muss ihn verstecken, damit ihn niemand findet. Damit niemand jemals erfährt, dass es ihn überhaupt gibt.«
»Aber ich hab ihn doch nicht!«, röchelte Will verzweifelt und wütend. »Ich hab ihn nicht. Moses, jetzt hilf mir doch, bitte! Der Kerl da ist irre. Er bringt mich gleich um.«
»Ja, ich werde dich töten, wenn du ihn mir nicht gibst.«
Er ließ Will los. Dann griff er an seinen Gürtel und zog ein Messer aus ihm heraus.
»Oder hast du meinen Beutel?« Er schielte zu Moses. »Aber natürlich! Du hast ihn von ihm, damit du die Möwen und die Wellen verhext.«
Er stach mit dem Messer in Richtung von Moses’ Kopf, seiner Brust, den Armen, den Beinen, und der Chevalier du Soleil floh rückwärts vor ihm wie eine Krabbe, ein Krebs.
»Will!«, rief er. »Jo! Ich kann ja fast alles, aber ich bin wirklich kein Krieger! Ich bin wirklich kein Held.«
»Dann gib mir den Beutel!«, rief der rothaarige Kerl, warf sich auf Moses und funkelte ihn aus irren Augen an.
Er presste die Klinge an Moses’ Kehle …
»Gib ihn mir! Hörst du!«, rief der Verrückte.
… als ihn ein dumpfer Schlag am Hinterkopf traf. Dann fiel er um und durch die Schleier der nahenden Ohnmacht
sah er den kleinen Jo. Er hielt ein Stück Rahe in der erhobenen Faust.
»Bitte«, bettelte der verkaufte Soldat. »Du bist gut, Junge, rede du auf sie ein. Es gibt vier solcher Beutel und wenn man sie miteinander vereint, führen sie ihren Besitzer zu einem mächtigen Schatz. Einem Schatz, der einem die Macht verleiht, die Welt zu beherrschen. Doch das darf niemals passieren. Das wäre zu gefährlich.Verstehst du das, Junge? Das wäre der Weltuntergang. Und deshalb darf niemand diesen Schatz finden.« Er streckte die Hand nach dem kleinen Jo aus. »Bitte!«, sagte er noch und dann fiel er in Ohnmacht.
Jo blickte zu Will und hob fordernd die Hand.
»Was?«, fragte der. »Jo, was soll der Mist? Ich hab sie nicht. Wirklich.« Er schaute ihn an, aus himmelhellblauen Augen, und die wirkten wirklich so ehrlich und unschuldig wie bei einem neugeborenen Kind. Sie zuckten nur leicht, als sie ganz überrascht und unvorbereitet einen
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