Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx
Justins Hand auf einen Fingerabdruckprüfer, nahm eine Blutprobe und wies ihn dann an, in einen Retinascanner zu blicken. Als er weitersprach, klang er, als habe er das Gefühl, er müsste sich rechtfertigen.
»Einige vom Detachement hielten die Besucher erst für makabres Pack, und wahrscheinlich sind auch ein paar Leichenfledderer darunter – besonders unter den Reportern. Die meisten respektieren aber die Absperrung. Sie kommen her, weinen und beten. Deshalb bezeichne ich sie als Pilger.«
Justin nickte. »Das war auch mein Gedanke. Was glaubt die Journaille denn, was sie hier finden kann?«
Adderson zuckte mit den Achseln. »Das weiß ich ehrlich nicht. Der Leichnam Seiner Majestät ist fortgeschafft worden, das Wrack wurde beseitigt. All das geschah binnen einer Stunde nach seinem Tod.«
Während er sprach, wurde seine Stimme immer leiser, sodass die Wörter am Schluss fast unhörbar waren.
»Hatten Sie gestern Dienst?«, fragte Justin.
Adderson gab vor, die Scanergebnisse zu übertragen, um sich einen Augenblick lang sammeln zu können. Als er antwortete, klang er fast normal.
»Ja«, sagte er. »Und hier drin habe ich gesehen, wie es passierte.«
Damit wies er auf den Holotank. Hinter ihm gab der Computer durch ein ›Ping‹ zu verstehen, dass die soeben gesendeten Messergebnisse mit den Daten in Justins Akte übereinstimmten.
Justin atmete tief durch. Er hätte nun weiterfliegen können, aber wenn Elizabeth richtig vermutete und nicht nur einem aus der Trauer entstandenen Fantasiegebilde erlegen war, dann konnte Adderson eine wertvolle Informationsquelle sein – oder ein möglicher Feind.
»Würden Sie mir erzählen, was Ihnen alles zum letzten Tag Seiner Majestät einfällt – die kleinen, persönlichen Einzelheiten?«
Adderson sah ihn misstrauisch an. »Sie wollen das doch nicht etwa der Journaille verkaufen, oder?«
»Nein, ganz bestimmt nicht.« Justin gelang es, seine Verärgerung zu kaschieren. »Ich frage, damit ich Königin Elisabeth davon erzählen kann. Sie hat gerade ihren Vater verloren, ihre Mutter weiß weder aus noch ein vor Schmerz, und ihr kleiner Bruder …«
»Der arme Prinz Michael«, sagte Adderson. »So jung und schon solchen Kummer.«
»Genau«, sagte Justin. »Ich wollte Ihrer Majestät einen mündlichen Abriss vom letzten Tag ihres Vaters geben. Etwas, woran sie sich in den nächsten Tagen festhalten kann, nun, da es so nahe liegt, von ihm nur noch als aufgebahrtem Leichnam zu denken. War er fröhlich?«
Adderson nickte. »Er lachte und scherzte mit der Königin über ihren Wettkampf. Sie hatten komplizierte Figuren geübt. Sie war fast so gut wie er – in mancher Hinsicht sogar besser.«
Justin nickte und erinnerte sich an das Holo, auf dem König und Königin elegant durch die Luft glitten und Seite an Seite Loopings flogen. Einen Augenblick lang keimte in ihm der entsetzliche Verdacht auf, Königin Angelique selbst könnte geplant haben, ihren Mann zu beseitigen, doch er wies den Gedanken von sich, kaum dass er ihn zu Ende gedacht hatte.
»Sie kamen also überein, getrennt Ski zu fliegen«, soufflierte Justin.
»Das ist richtig«, fuhr Adderson fort. »Die Abteilungstechniker überprüften die Ausrüstung, und sie gerieten ein wenig mit Seiner Majestät aneinander. Sie wollten ihn nicht den Ski benutzen lassen, den er mitgebracht hatte.«
»Wirklich?« Justins Puls beschleunigte sich.
»Ja, es war ein neues Modell«, antwortete Adderson, »und ihnen gefiel die Energieanzeige auf dem Molycirc nicht, der den Ski mit dem Gürtelgerät verbindet. Seine Majestät wollte nicht auf sie hören, und erwiderte, er könne nicht glauben, dass es beschädigt wäre. Ich hatte den Eindruck, der Ski war brandneu.«
Justin verzichtete darauf zu erwähnen, dass der Gravo-Ski ein Geschenk der neuen Königin gewesen war. Wurde das je allgemein bekannt, könnte Elizabeths Ehre infrage gestellt werden.
»Aber er hat auf die Techniker gehört?«
»Richtig, am Ende schon. Er hatte andere Ausrüstung hier untergebracht und benutzte schließlich einen älteren Ski.« Adderson runzelte die Stirn. »Genutzt hat es ihm nichts.«
Um den Captain abzulenken, bevor er zu eingehend über die Zusammenhänge von des Königs Tod nachdenken konnte, erhob sich Justin.
»Der Computer hat mich identifiziert?«
»Das hat er«, antwortete Adderson. »Falls Sie nicht Ihre Handabdrücke, Retinamuster, Blutgruppe und Ihren Genotyp geändert haben, sind Sie tatsächlich Justin Zyrr. Wollen Sie
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