Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx
haben, aber ich erhielt den starken Eindruck, dass sie Gefühle lesen können. Vielleicht kann die ‘Katz der Königin …«
»Das könnte Ariel gewiss«, sagte Zyrr, und Marrou wunderte sich über seine leichte Betonung des Wortes ›Ariel‹. »Ich spreche mit Beth.«
»Sie muss ohnehin davon erfahren«, stimmte Chou ihm zu. »Gehen Sie zu ihr. Währenddessen bleibe ich mit Ms. Marrou hier sitzen. Wir können uns ihre Aufzeichnungen anhören. Dann kopiere ich sie, sodass sie ihr Gerät zurückbekommt.« Jean Marrou konnte ihn fast lächeln hören. »Ein bemerkenswerter Apparat. Er muss für Sie unschätzbar wertvoll sein.«
»Das ist er«, sagte sie.
Dann begann das lange Warten.
Wenn Willis Kemeny vor die Königin gerufen wurde, war das nichts Ungewöhnliches. Seine Nominierung für den Regentschaftsrat und die beinahe feststehende Bestätigung durch das Parlament machten solch ein Treffen unausweichlich.
Interessanter war da schon, dass auch die Baronin von Gwinner und Mr. Marvin Seltman, MP, vor die Königin bestellt wurden. Obwohl die Ladungen sehr still und über sehr diskrete Kanäle erfolgten, kamen sie doch dem Earl von North Hollow zu Ohren.
Der Earl, der an den Lebenserhaltungsstuhl gefesselt war, überdachte diese Neuigkeit, brachte sie mit gewissen anderen Informationen in Verbindung und grinste schmierig.
Er rief seine Sekretärin und gab ihr vier Einladungen mit der Anweisung, sie erst dann zu versenden, wenn seine Spione meldeten, dass die vier Adressaten Mount Royal Palace aus eigener Kraft verlassen hätten.
Dann wandte er sich wieder seiner momentanen Beschäftigung zu. Da er ahnte, dass Earl Howell nicht in den Regentschaftsrat berufen würde, begann er Nachrichten zu versenden, in denen er sich dafür stark machte, dass der Baron von High Ridge an Howells Stelle treten solle. High Ridges Mitgliedschaft im Bund der Konservativen machte ihn der neuen Königin womöglich weniger angenehm als einen Kronenloyalisten, aber wenn Howell aus dem Rennen war, konnte er sich vielleicht hineindrängen. Und North Hollow hatte sehr interessantes Material über High Ridge gesammelt, Material, das ihm vielleicht sehr zupass käme, wenn der Regentschaftsrat in die richtige Richtung gedrängt werden müsste.
Frohgemut machte der Earl von North Hollow sich an sein Tagwerk.
Nachdem Ariel die grundsätzliche Aufrichtigkeit von Jean Marrou bestätigt und Königin Elisabeth die Aufnahmen abgehört hatte, zog sie sich in ihre Privaträume zurück und ließ Chou, Justin und Herzogin Winton-Henke zu sich kommen.
»Ich«, sagte sie gewichtig, nachdem die Herzogin die Geschichte ganz gehört hatte, »will ihre Köpfe.«
Ariel saß mit gesträubten Fell auf ihrem Schoß und strahlte die Aufwühlung aus, die Elizabeth in ihrer Stimme unterdrückte. Monroe, der auf dem Sessel neben Justin lag, hob den Kopf und fauchte.
Weder Chou noch Justin sagten ein Wort; sie blickten die Herzogin an.
»Dann kommt alles an die Öffentlichkeit«, sagte Caitrin.
»Ja«, erwiderte die Königin. »Warum nicht? Sie haben sich verschworen, den König zu töten – und hatten Erfolg. Zwei von ihnen sind havenitische Agenten. Das ist Mord in Tateinheit mit Hoch- und Landesverrat.«
»Sie müssen vor Gericht gestellt werden.«
»Tatsächlich?« Elizabeths dunkle Augen blitzten feindselig. »Hat mein Vater die Gnade erhalten, seine Einwände juristisch angemessen vorbringen zu dürfen?«
»Wenn du sie insgeheim hinrichten lässt«, sagte Caitrin gleichmütig, »dann verletzt du das Gesetz genauso sehr wie sie. Möchtest du Havens anderen Verbündeten etwa eine Gelegenheit bieten, gegen dich vorzugehen? Wenn du angeklagt wirst, übernimmt Michael ein Königreich, das in Chaos versunken ist. Diese Chance zuzuschlagen lässt Haven sich nicht entgehen.«
Justin Zyrr hob fragend die Hand. »Was wäre gegen einen Prozess einzuwenden? Daniel und ich haben Beweise gefunden, aber Marrous Geständnis und ihre Aufnahmen machen einen Schuldspruch doch unausweichlich.«
»Vielleicht.« Die Herzogin legte die Hände zusammen und blickte aus halb geschlossenen Augen über ihre Fingerspitzen. »Bevor ich weiterrede, möchte ich deutlich sagen, dass ich Elizabeth Recht gebe. Ich möchte die Köpfe dieser Schweine. Du hast es vielleicht vergessen, Beth, aber Roger war mein großer Bruder, mein …«
Ihre Stimme brach. Sie trank einen Schluck Wasser und riss sich bewundernswert zusammen.
»Ich bin mir der Folgen eines öffentlichen
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