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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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wie hat sie das nur gemacht? Hat sie es gemacht ? Aber wie sonst ließ sich erklären, was er gerade gesehen hatte?
    Weder Fisher noch der Streuner hatten ihm je auch nur etwas Annäherndes vermittelt: Kristallklare Bilder und Geräusche, die ihm direkt in den Verstand projiziert wurden, Bilder von Orten, die er nie gesehen, und Stimmen, die er nie gehört hatte. Trotzdem waren sie so klar wie jede Erinnerung, die er sein eigen nennen durfte. Die kleine Baumkatze mit den fichtennadelgrünen Augen blickte ihn eifrig an, und die Intelligenz, die aus ihren Augen sprach, erschütterte Scott aufs Neue. Himmel, Oma MacChait, wie konntest du nur damit üben? Zu sehen und zu hören, was anderen Menschen widerfuhr, manchmal Hunderte von Kilometern entfernt? Leuten, die du nicht einmal kanntest … Er atmete langsam, um sich zu beruhigen. Dabei spürte er eine fast unterschwellige geistige Berührung: Fisher – und vielleicht viele andere Baumkatzen auch – suchten den Schock zu lindern, der ihn noch immer gefangen hielt.
    Als Scott aufsah, saß die braunpelzige Baumkatze gleich neben ihm. Sie kauerte bei dem Streuner und summte ihm leise zu. In fast sichtbaren Wellen verströmte der Baumkater eine Trauer, derer Scott sich mit seiner verstärkten Empfindsamkeit kaum erwehren konnte. Er stellte fest, dass er unwillkürlich selber den mageren Rücken des Streuners streichelte und dabei tröstend murmelte. Nicht nur hörte er das leise, anerkennende Summen der versammelten ‘Katzen, er spürte es auch. Die Baumkatze hob die fichtennadel-grünen Augen und suchte seinen Blick.
    Scott wusste weder, was er tun, noch was er sagen sollte. Er ging die Eindrücke durch, die er erhalten hatte, und versuchte, sich einen Reim auf das Gesehene und Gehörte zu machen. Ein Streit zwischen Menschen war eskaliert – so viel stand fest. Ein Streit, der mit starken Gefühlen und finsteren Verdächtigungen zu tun gehabt hatte. Das entsprach auch dem Gefühl, das Scott noch am Wrack von Fisher und dem Streuner empfangen hatte. Ein heftiger Streit, der mit Verdächtigungen zusammenhing und der Entschlossenheit … etwas … aufzuhalten. Auf den Streit folgte ein tödlicher Flugwagenunfall – all das fügte sich in Scotts Kopf zu etwas zusammen, das mit einem ›Unfall‹ nur sehr wenig gemein hatte. Wollten ihm die Baumkatzen das etwa mitteilen? Dass der Absturz kein Unfall gewesen sei? Dass es ein – er holte vernehmlich Luft – Mord gewesen war?
    »Großer Gott«, flüsterte er.
    Blitzartige Intuition, die nicht unbedingt allein aus ihm selbst stammte, wischte jeden Zweifel daran beiseite. Aber warum ein Mord? Was hatten die Opfer in dem Frachttransporter aufhalten wollen, dass jemand den Mord an drei Menschen riskierte, um es zu vertuschen? So etwas ging weit über einen tödlich endenden Streit zweier Liebender hinaus und war viel ernster als ein Handgemenge zwischen betrunkenen Minenarbeitern, die am Samstagabend in die nächste Stadt einfielen. Ein kaltblütiger Mord mit dem Zweck, etwas zu verbergen, was für den Mörder von überragender Wichtigkeit war … – die Tat hing bestimmt eng mit den Forschungsarbeiten zusammen, die in der BioNeering-Anlage betrieben wurden. Am schlimmsten aber war: Der Mord stand unzweifelhaft mit Baumkatzen in Zusammenhang, und diese Erkenntnis erschütterte Scott aufs Neue.
    Mord, Industriegeheimnisse und Baumkatzen deuteten eine potenzielle Krise gewaltigen Ausmaßes an, und die Folgen würden alle zukünftigen Beziehungen zwischen dem Sternenkönigreich und seiner neu entdeckten einheimischen Intelligenz prägen. Erneut sah Scott die Reihe von Bildern vor sich, die er von diesen Baumkatzen aufgeschnappt hatte: die kahlen, entlaubten Pfostenbäume, deren nackte, sich abschälende Stämme sich im Sonnenlicht wie Seuchenopfer ausnahmen. Er runzelte die Stirn und ließ die Bilder noch einmal vor seinem geistigen Auge vorbeischweifen. Irgendetwas hatte diese Bäume getötet. Etwas so Bedenkliches, dass Menschen ermordet worden waren, weil sie versucht hatten, den Grund dafür zu melden.
    »Bliek …« Ein jämmerlicher Laut, halb flehend, halb hoffnungsvoll. Scott senkte den Blick und sah in die Augen des Streuners, der unbeirrt zu ihm hochschaute und wartete.
    »Wo?«, fragte Scott leise.
    Wie eine Kompassnadel, die auf den Nordpol einschwingt, erschien in Scotts Geist ein ›Luftstoß‹, der genau nach Südwesten blies. Dort draußen gab es nicht viel, überlegte er, während er vor seinem inneren Auge

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