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Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche

Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche

Titel: Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Schneckentempo zu erfolgen – auch wenn sie in absoluten Zahlen unvorstellbar hoch sein mochte. Die Entscheidungen, die in der Grube gefällt wurden, waren stets wohl abgewogen, denn ganz gleich, wie schnell sie getroffen wurden, vergingen doch Tage oder Wochen, bis die Anweisungen ihren Empfänger erreichten und in die Tat umgesetzt werden konnten.
    Gerade diese Muße belud die Kreaturen der Grube (wie die Wachcrews sich mit leicht morbidem Stolz nannten) mit einer anders gearteten, vielleicht aber noch zermürbenderen Nervenlast. Den meisten Menschen würden sich wohl unweigerlich sehr hilflos fühlen, wenn sie über ihre Pflicht und Verantwortung nachdachten und dabei die Verzögerungen berücksichtigten, die sich unmöglich umgehen ließen. Die Kreaturen hatten die Aufgabe, alle verfügbaren Daten gegeneinander abzuwägen und eine möglichst zutreffende Analyse zu erstellen. Auf dieser Grundlage mussten sie den Handlungsspielraum, der dem Gegner offen stand, sowie seine wahrscheinlichen Absichten ergründen. Ihre Analyse legten sie dann der Hand voll Männer und Frauen vor, von denen die Strategie und die Reaktionen der Royal Manticoran Navy bestimmt wurden. Dennoch, die Informationen, die sie erhielten, waren grundsätzlich veraltet, und das wussten sie. Die alliierten Flotten und Kampfverbände, deren Icons im gewaltigen Holotank der Grube so ruhig leuchteten, existierten vielleicht schon längst nicht mehr.
    Man wusste vieles über den Feind – über seine Verteilung, seine Schiffsbewegungen, Industrieaufgebote, diplomatische Initiativen, innere Unruhen und die unzähligen Einzelheiten, auf denen die Einschätzung des havenitischen Handlungsvermögens zu einem gegebenen Zeitpunkt überhaupt beruhte –, und daher wog es freilich doppelt schwer, dass diese essentiellen Informationen noch überholter waren als die eigenen Lagemeldungen. Das jedoch ließ sich nicht ändern, denn selbst die Berichte der eigenen Aufklärer mussten zuerst an die Stäbe der Aufklärungsgeschwader übermittelt werden; dort wurden sie gesammelt und via Kurierboot nach Manticore geschafft. Man bekam auch Informationen aus anderen Quellen, einerseits aus zwielichtigen wie den geheimen Netzen, die man auf havenitischen Welten unterhielt, andererseits aus harmlosen: Man hörte Sendungen des havenitischen Amts für Öffentliche Information ab oder wertete Meldungen neutraler Nachrichtenagenturen aus. Diese Informationen brauchten sogar noch länger, doch gerade solche Quellen verschafften der Grube gewöhnlich den besten Einblick in die Gedanken des Gegners.
    Weil dies so war, kam sich das Grubenpersonal häufig vor wie ein Fahrer, der seinen Bodenwagen über Glatteis steuern will. So geordnet die Lage im einen Moment noch erscheinen mochte, im nächsten Augenblick konnte die Ausgeburt des Chaos über sie hereinbrechen – wie damals, als Esther McQueen die Allianz so tief in ihrem Hinterland angriff. Dieses Ereignis hatte die Kreaturen der Grube geradezu traumatisiert, weil sie einmütig der Ansicht gewesen waren, dergleichen würde nie geschehen; entsprechend hatten sie damals ihre Vorgesetzten beraten.
    Vorgesetzte wie Patricia Givens hatten ihre Meinung geteilt, und auf Sir Thomas Caparellis Schultern hatte die allerschwerste Bürde geruht: Entscheidungen aufgrund von Daten zu treffen, von denen jeder wusste, wie veraltet sie waren. Wann immer Givens an diese Last dachte, empfand sie ein besonderes Entsetzen. Als Kopf des Office of Naval Intelligence war sie nicht nur der Offizier, von dem Caparelli mit diesen Daten versorgt wurde, sie war auch Zweiter Raumlord. Sollte Caparelli irgendetwas zustoßen, so müsste sie kommissarisch diese Entscheidungen fällen, bis die Zivilisten einen neuen Ersten Raumlord ernannt hätten. Givens hoffte inbrünstig, dieser Aufgabe ausweichen zu können, und zwar für immer.
    Vor langer Zeit, als noch Frieden herrschte, hätte Caparellis Ankunft jeden in der Grube veranlasst, Haltung anzunehmen. Diese Gewohnheit allerdings gehörte zu den allerersten Opfern des Krieges gegen Haven – ein Opfer ausnahmsweise, mit dem Givens sehr gut leben konnte. Weder sie noch Caparelli hatten es nötig, sich ihre Würde immer wieder durch Formalitäten und Ehrenbezeugungen bestätigen zu lassen; beide arbeiteten sie tagein, tagaus mit den Leuten zusammen, die in der Grube Dienst taten. Es war sinnvoller, wenn diese Leute nicht bei der Arbeit gestört wurden, als sich Gedanken darüber zu machen, ob ein Flaggoffizier

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