Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
er darum wenigstens den jüngeren Offizieren gleichgestellt sein sollte, mit denen er es zu tun bekam. An Bord eines Schiffes standen Warrant Officers außerhalb der Offiziersrangordnung, sodass der Befehl über das Schiff nicht an sie übergehen konnte, denn im Grunde konnte man WOs als das Unteroffiziersgegenstück zu Offizieren im Stabe betrachten. Sogar ihre Uniformen gaben ihren Ausnahmestatus wieder: Ihre Jacken waren wie die von Offizieren geschnitten, als Rangabzeichen trugen sie jedoch Winkel am Oberarm wie die Unteroffiziere, allerdings silbern und nicht golden. Und je nach Rang hatten sie am Kragen silberne oder goldene Kronen. Am Ärmel fand sich auch das Symbol für die Spezialisierung des WOs.
Ein WO-1 stand auf der gleichen Stufe wie ein Lieutenant Junior-Grade, der einer anderen Dienstgattung angehörte als der Schiffsführung, während ein Chief Warrant Officer oder WO-3 wie Sir Horace Harkness einem Lieutenant Senior-Grade entsprach. Ein Master Chief Warrant Officer oder WO-5 war mit einem Commander gleichrangig – und hatte den höchsten Rang erreicht, den man in der Navy ohne Patent je erreichen konnte. Ein Warrant Officer war in der Regel älter als ein Offizier mit Patent entsprechenden Ranges. Und die jüngeren Offiziere, die sich als Vorgesetzte von Warrant Officers wieder fanden, wussten natürlich genau, dass diese ihren Rang nur deswegen erhalten hatten, weil sie gute Leute waren. Mit anderen Worten: Sie waren besser als ein frischer Grünschnabel von Saganami Island, der noch nicht trocken hinter den Ohren war (wenngleich er eines Tages genauso befähigt sein mochte, wenn er wirklich hart arbeitete und auf den weit erfahreneren WO hörte). Infolgedessen genossen die Warrant Officers der RMN weit mehr Ansehen als die meisten unwissenden Zivilisten geglaubt hätten.
Dennoch sah BuPers Ingenieure mit Offizierspatent für alle Stellen oberhalb der LAC-Staffeln vor. BuPers wurde jedoch enttäuscht, und der Grund, weshalb seine Wünsche niemals über das Stadium einer sehnsüchtigen Hoffnung hinauskamen, war einfach genug. Die plötzliche, geradezu explosive Ausweitung der Anzahl Leichter Angriffsboote nach Jahrzehnten beständigen Abbaus hatte zur Folge, dass es der Flotte an LAC-Ingenieuren mangelte. Ernsthaft mangelte, um genau zu sein.
Gewiss, im Vergleich zu einem regulären, hyperraumtüchtigen Kampfschiff ermöglichten LACs (bezogen auf die Angriffsstärke) eine enorme Reduzierung der Besatzung. Aus dem gleichen Grund musste besagte Besatzung jedoch erheblich stärker spezialisiert sein. Einen der neuen Kernspaltungsmeiler zu versorgen war zum Beispiel genauso anspruchsvoll wie die Bedienung eines weit größeren Fusionskraftwerks an Bord der Sternenschiffe. Der Ingenieur, der das Kraftwerk bediente, verfügte über Instrumente von wenigstens gleicher Qualität; zudem standen ihm erheblich mehr (und bessere) ferngesteuerte Wartungsroboter zur Verfügung. Aber er war nur ein einziger Mensch und hatte lediglich einen einzigen menschlichen Assistenten, und diese beiden mussten sich um recht vieles kümmern: einen Atommeiler, zwei Impellerräume, das Lebenserhaltungssystem und nicht nur zwei, sondern drei Seitenschildgeneratorhallen (auf den moderneren LACs der Ferret -Klasse sogar vier). Außerdem musste der Ingenieur die Energieverteilung und die Reparaturen an wenigstens einem Revolver-Raketenwerfer samt Magazin, Nahbereichsabwehrwaffen, Ortungsgeräten, ECM und einem kolossal großen Graser organisieren. Der Taktische Offizier und der Kommandant waren ähnlich überlastet, und die ferngesteuerten Roboter und Künstlichen Intelligenzen konnten menschliche, lebendige Assistenten nur in sehr begrenztem Ausmaß ersetzen. Gewiss, die Instrumentierung und die Computerhilfen in LACs setzten neue Standards in punkto Leistungsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit, aber trotzdem gab es alle Hände voll zu tun. Sämtliche Besatzungsmitglieder eines LACs mussten hoch qualifiziert sein, denn die Mannschaften waren zu klein, als dass jemand anderem ein Fehler aufgefallen wäre, und diese Anforderungen galten für jedes einzelne Boot, sodass sie sich pro Geschwader schon verhundertfachten.
Daher blieb der Navy keine andere Wahl, als sich in den Reihen der Unteroffiziere umzuschauen und nach den fähigen Händen zu suchen, die sie so dringend brauchte. BuPers hatte den Personalbedarf bislang immerhin decken können, ohne die Anforderungen an das Können zu senken. Schon bald sollte die Auflösung
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