Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
der Raumforts im Manticore-System den allerschlimmsten Druck lindern. Noch war es jedoch nicht so weit. Sogar einen Vorteil brachte es mit sich, dass BuPers Unteroffiziere zu Deckoffizieren ernannte, um die neuen Stellen besetzen zu können. Da die frischgebackenen Deckoffiziere in der Regel älter und erfahrener waren als die rangniedrigen Offiziere, die an Bord von LACs eingesetzt wurden, gelangte eine gewisse reife Urteilsfähigkeit an Bord der LACs und zügelte gewissermaßen den jugendlichen Überschwang, den die aufkommende ›Fliegeras-Mentalität‹ mit sich brachte. Trotz solcher Vorzüge gab es jedoch unter den Offizieren eine Gruppe von Puristen, denen es gar nicht passte, dass massenhaft Senior Chiefs, Chiefs und sogar der eine oder andere Petty Officer First Class befördert wurden und Stellen erhielten, die eigentlich Lieutenants und Lieutenant Commanders vorbehalten sein sollten.
Eine Haltung, die nach Sir Horace Harkness wohl erwogener Meinung ziemlich dämlich war. Tatsächlich fügte er seinen Meinungsäußerungen in Gedanken noch einige farbigere Adverbien hinzu. Diese Haltung der Puristen schadete auch der Akzeptanz der neuen LACs und ihrer Trägerschiffe – vor allem wohl der Gedanke, dass ›echte‹ Offiziere sich mit dem emporgekommenen Pack zusammentun mussten, um sie zu bemannen.
Das Offizierskorps der RMN gehörte zu den allerbesten im gesamten erforschten Weltraum, aber Karrieristen umfasste es trotzdem. In den Augen dieser Karrieremacher durfte sich der unbedeutende Krieg ums Überleben keinesfalls Gottes Plan für die Entwicklung des Universums in den Weg stellen – einem Plan, den man oft auch das System der Seniorität nannte. Die Karrieristen hassten Offiziere wie Honor Harrington für ihren kometenhaften Aufstieg, für die Art, wie sie riesige Sprünge vorwärts machten und dabei allein auf der Grundlage ihrer Leistung Leute überholten, die vor ihnen ›dran waren‹. Dabei blieben Offiziere auf der Strecke, die eine reguläre Beförderung aufgrund ihrer Seniorität hätten erhalten müssen, das nämlich war der Ablauf, auf den sich jeder gute Karrieremacher verließ. Nun aber mussten sie sich noch um etwas ganz anderes Gedanken machen – um eine Situation, in der Offizierspatentlose Tagelöhner als Deckoffiziere in hellen Scharen Positionen besetzten, auf denen sonst verdientere (und mit einem Offizierspatent ausgestattete) Höhergestellte die Seniorität hätten erwerben können. Nur so würden sie die Beförderungen bekommen, die sie so sehr begehrten. Und noch schlimmer, sehr viele dieser Deckoffiziere, die niemals hätten ernannt werden sollen, würden am Ende sogar noch ein reguläres Offizierspatent erhalten. Darüber hinaus stand bereits fest, dass diese elenden Schufte und ihre aufreizenden LAC-Träger das Rückgrat der neuen Offensiven bilden würden – und das würde ihnen Orden einbringen, man würde sie in den Tagesberichten erwähnen, und sie könnten sich auch sonst alle karriereförderlichen Vorzüge der Kampferfahrung zulegen. Natürlich würde man auch auf sie schießen – und das nicht zu knapp –, während sie in den zerbrechlichsten Kampfschiffen herumflitzten, die je von der RMN in Dienst gestellt worden waren; bei näherer Betrachtung konnte man letzteren Punkt also durchaus für ›in Ordnung‹ halten.
Unter den Unwürdigen, die nur wegen ihres unfairen Vorsprungs in Erfahrung, Ausbildung und Befähigung zu Deckoffizieren ernannt worden waren, fand sich eine erstaunlich große Zahl von Männern und Frauen wie Sir Horace Harkness – Individualisten, die sich eher die Kehle durchgeschnitten hätten, als ein Offizierspatent anzunehmen. Dieser Menschenschlag hatte von außen einen Blick in die Offiziersmessen geworfen und bevorzugte eine Stellung, in der er schmutzige Hände bekam, während er am technischen Gerät herumbastelte, das er liebte. Zudem mieden solche Menschen die zunehmende Führungsverantwortung, welche die Laufbahn eines Berufsoffiziers mit sich brachte. Nicht dass sie sich vor der Verantwortung als solcher gefürchtet hätten, aber sie hielten sich lieber an jene Verantwortung, die sie kannten , und wichen wirksam der Gefahr aus, eines Tages ein Sternenschiff zu kommandieren und für das Leben Hunderter oder gar Tausender verantwortlich zu sein, wenn alles zu Bruch ging.
Sir Horace Harkness hatte unter dieser Gruppe von Individualisten viele Freunde, einschließlich eines gewissen Warrant Officer Scooter Smith. WO-1 Smith war vor der
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