Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
gleichfalls unbewegten Gesichtern.
»Akzeptieren Sie das jetzt«, wiederholte Honor ihren Appell. »Akzeptieren Sie es … oder suchen Sie sich eine andere Arbeit. Ich warne Sie nun, wie mich Admiral Courvosier, mein Mentor an der Akademie, gewarnt hat. Selbst wenn Sie nun glauben, Sie hätten genau verstanden, was ich Ihnen sagen will, dann werden Sie gegebenenfalls feststellen, dass Sie auf das Schuldgefühl eigentlich gar nicht vorbereitet sind. Das können Sie auch gar nicht, denn die Schuld kommt immer erst, wenn man sie auf sich nehmen muss.
Aber das ist der dritte Gedanke, der Ihnen im Gefecht den Rücken stärkt, Ladys und Gentlemen: dass Ihre Leute sinnlos sterben, wenn Sie versagen. Es ist nicht Ihre Aufgabe, sie unter allen Umständen lebend nach Hause zu bringen. Aber Sie haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie nicht sinnlos sterben, wenn sie denn sterben müssen. So viel sind Sie Ihren Leuten schuldig, und das erwarten sie von Ihnen. Sie müssen Ihren Leuten die Sicherheit geben, dass Ihr Gehirn noch arbeitet und Sie noch immer sinnvolle Befehle geben, wenn der Feind Ihr Schiff rings um Sie in Fetzen schießt. Und wenn Sie anderer Ansicht sind, dann haben Sie auf dem Kommandosessel eines Schiffes Ihrer Majestät nichts verloren.«
Im Spielzimmer herrschte absolutes Schweigen, und Honor ließ es einige Sekunden lang lasten. Dann lehnte sie sich zurück und lächelte schmal.
»Andererseits wird Ihre Laufbahn nicht ausschließlich aus verzweifelten Gefechten bis zum Tod bestehen. Ich versichere Ihnen, dass Sie selbst in der Uniform der Königin gelegentlich einen Moment finden, in dem Sie sich entspannen oder sogar amüsieren können … und für die Navys Ihrer Welten gilt das Gleiche«, sagte sie mit einem Nicken zu Hearns und Gillingham. »Leider«, fuhr sie fort, und ihr Ton wurde drollig, »gehört der heutige Abend nicht dazu.«
Erneut antwortete man ihr mit Gelächter, und sie nickte Kriangsak zu.
»Admiral Kriangsak hat mit Captain Garrisons fachkundigem Beistand eine kleine taktische Übungsaufgabe für Sie entworfen, Ladys und Gentlemen«, informierte Honor die Kadetten, und mehrere besorgte Blicke flackerten zu Kriangsak, der nur wohlwollend lächelte. »Wir teilen uns in drei Mannschaften auf. Admiral Kriangsak dient als Berater des ersten Teams, Captain Garrison hilft dem zwoten, und Captain Thoma« – sie nickte der rothaarigen Frau zu, auf deren Uniform wie an Honors das blutrote Band des Manticorekreuzes leuchtete – »Captain Thoma berät das dritte. Captain Henke und Commander Jaruwalski übernehmen die Rolle der Schiedsrichter und bewerten die Übung.«
»Und Sie, Hoheit?«, fragte Jaruwalski unschuldig, als wüsste sie nicht schon längst Bescheid.
»Ich, Commander«, verkündete Honor mit unverhohlener Freude, »kommandiere den Gegner.« Einer der Midshipmen stöhnte auf, und Honor grinste sie alle verschlagen an. »Entweder Sie schaffen es, Ladys und Gentlemen, oder Sie schaffen es nicht. Wenn Sie am Ende noch ein einziges Schiff übrig haben, dann haben Sie bestanden. Wenn nicht …«
Sie verfiel in unheilverkündendes Schweigen, dann warf sie den Kadetten wieder ein Lächeln zu.
»Und damit, Herrschaften, wollen wir loslegen!«, sagte sie forsch.
24
»Na, das ging doch schon viel besser«, sagte Scotty Tremaine mit Bedacht, während er das Ergebnis der letzten Maschineninspektion von CLAC-Geschwader Drei musterte, »Ja, man könnte sogar sagen, es ging ganz gut, meinen Sie nicht auch, Sir Horace?«
»Könnte man«, knurrte Sir Horace Harkness. »Denke ich. Wenn man will.«
Im Gegensatz zu dem jungenhaften Commander wirkte der stämmige Warrant Officer überhaupt nicht glücklich. Hätte man einen unvoreingenommenen Beobachter gebeten, Horace Miene mit einem Wort zu beschreiben, wäre jenem Beobachter die Wahl zwischen untröstlich, verdrießlich oder ganz einfach angewidert recht schwer gefallen. Ein unfreundlicher Kommentator hätte am Ende vermutlich sogar ›gereizt‹ vorgeschlagen.
Obwohl das Reglement vorschrieb, dass der Chefingenieur jedes LAC-Geschwaders ein Offizierspatent besitzen müsse, waren sehr viele Ingenieure sowohl auf Staffel- als auch auf Geschwaderebene nur Deckoffiziere, Warrant Officers eben. Gewöhnlich bot man einem Unteroffizier den Deckoffiziersrang an, weil er besondere Kenntnisse oder große Erfahrung besaß. Manchmal tat man das auch, weil man ihm eine Aufgabe übertrug, für die eigentlich Offiziere vorgesehen waren, und
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