Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
da war, um bei ihm am Bett zu sitzen, ihm die Hand zu halten, dafür zu sorgen, dass er reichlich trinkt, und ihm feuchte Kompressen auf die Stirne zu legen?«
»Ach du je!« Elisabeth wandte sich dem Colonel zu. »Ich wusste zwar, dass sie kommen würde, Ellen, aber war sie wirklich so rührselig?«
»Ich fürchte schon, Euer Majestät.« Colonel Ellen Shemais schüttelte den Kopf, aber ihre blauen Augen funkelten. »Ich denke, sie werden bald über das Schlimmste hinwegkommen, aber mir sieht es ganz nach einem schweren Fall gegenseitiger jugendlicher Bewunderung aus – mit allem glorreichen Überschwang.«
»Na, da können wir uns ja freuen.« Elisabeth seufzte. Dann wurde sie ernster. »Was meinen Sie, Ellen, könnte diese Beziehung Bestand haben?« Als der Colonel eine Braue hochzog, wedelte Elisabeth mit der Hand. »Sehen Sie mich bloß nicht so unschuldig an! Seit dreißig Jahren kommandieren Sie meine Leibwache, und Sie kennen meine Familie mindestens so gut wie ich. Wahrscheinlich sogar besser, weil Sie nämlich in Bezug auf meinen Nachwuchs nicht die Scheuklappen einer Mutter haben. Ich weiß, dass Ariel Rivka sehr gern hat, aber ich muss zugeben, dass ich sie bisher noch nicht als mögliche Prinzgemahlin Rogers in Betracht gezogen hatte.«
»Er – und das Sternenkönigreich – könnten schlechter fahren, Euer Majestät«, sagte Shemais, nachdem sie kurz nachgedacht hatte. »Sie ist ein süßes Mädchen, und obwohl ihre gegenseitige Verträumtheit sie und Roger im Augenblick in unerträgliche pubertierende Schleimklumpen verwandelt, ist sie doch vernünftig, klug und selbstsicher. Ihre Familie ist nicht allzu wohlhabend, hatte aber genug Geld, um sie durchs Queen’s College zu bringen, ohne ein Stipendium in Anspruch zu nehmen. Darum bezweifle ich, dass sie vom Palastleben restlos überwältigt sein würde.«
»Um ihr Vermögen mache ich mir zuallerletzt Gedanken«, entgegnete Elisabeth geradeheraus. »Sie scheinen zu vergessen, wie man meine Mutter genannt hat, als sie Dad heiratete – die Bettelprinzessin, wissen Sie noch?« Einen Augenblick lang färbte ungewohnte Bitterkeit die Stimme der Königin, doch verschwand der Unterton beinahe sofort wieder, als sie weitersprach. »Rivka würde die Klausel in der Verfassung erfüllen, nach der Roger nur bürgerlich heiraten darf. Also sollte ich das Ganze wohl ermutigen, auch wenn es für beide noch zu früh ist, offizielle Verpflichtungen einzugehen. Auf keinen Fall will ich, dass er endet wie so einige Thronerben, die sich in jemanden aus ihren eigenen ›Kreisen‹ verliebten und jemand anderen heiraten mussten, um der Verfassung genüge zu tun! Und außerdem …« – sie lächelte – »erinnere ich mich an ganz andere, die ihren zukünftigen Prinzgemahl auf einem College-Campus kennen gelernt haben.«
»Eigenartig, dass Sie das erwähnen, Euer Majestät«, murmelte Shemais. »Ich musste auch gerade daran denken.«
»Wie sollte es auch anders sein.« Elisabeth grinste ihr Gegenstück zu einem Andrew LaFollet an, dann wurde sie ernst und wandte sich wieder Honor zu. »Verzeihen Sie, Honor. Ich bin heute Abend hier zu Gast. Darauf sollte ich mich konzentrieren und nicht von häuslichen Problemen faseln.«
»Unsinn«, entgegnete Honor bestimmt. »Sie sollten einmal hören, worüber ich schon mit Protector Benjamin und seinen Frauen gesprochen habe. Wussten sie, dass ihre Zwotjüngste mein Patenkind ist – na, als ich Grayson verließ, war sie jedenfalls noch ihre Zwotjüngste, auch wenn Katherine meines Wissens etwas daran ändern will.«
»Davon habe ich gehört«, antwortete Elisabeth. Während sie dem Weg zurück zur Villa folgten, streckte sie die Hand aus, um sich bei Honor einzuhaken – eine seltene öffentliche Vertraulichkeit. »Ich habe auch gehört, dass sie ein sehr hübsches Kind sein soll.«
»Das ist sie«, gab Honor mit geziemender Bescheidenheit zu. »Und sie wird im Gegensatz zu mir wohl auch keine Phase durchmachen, in der sie dank Prolong zum hässlichen Entlein wird.«
»Was, Sie haben das Gleiche hinter sich?« Die Königin lachte entzückt auf. »Erinnern Sie mich, dass ich Ihnen irgendwann von dem Elend erzähle, das ich den PR-Leuten des Palastes fünfzehn Jahre lang bereitet habe. Ich bestand darauf, dass sie eine Kameraeinstellung finden, in der ich nicht aussehe wie eine flachbrüstige, androgyne Schaufensterpuppe ohne Hüften! Ich dachte, ich entwickle nie einen Busen!« Kopfschüttelnd lachte sie wieder auf. »Ich
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