Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
leise, »und dabei sind nicht einmal die Verluste an Infrastruktur in den Sonnensystemen von Basilisk, Sansibar und Alizon berücksichtigt. Seaford« – sie winkte ab – »war längst nicht so wertvoll. Gewiss, für die Havies ist das System ein Prestigeobjekt, und seine Rückeroberung gab ihnen Genugtuung. Für uns war der Verlust auch keine gute Sache, aber wir hätten uns darüber keine weiteren Gedanken gemacht … wenn dieser Idiot Santino es nicht geschafft hätte, seine gesamte Kampfgruppe ausradieren zu lassen, während er die Havies so gut wie gar nicht schädigte.«
Sie verzog den Mund, beherrschte sich jedoch und atmete tief durch.
»Wenn wir uns nur wegen McQueen zu sorgen hätten, wäre es schon schlimm genug«, fuhr sie schließlich fort, »aber sie hat sich einige Flottenchefs allererster Güte zusammengesucht, um ihre Strategie in die Tat umzusetzen. Bürger Admiral Tourville haben Sie kennen gelernt, glaube ich?« Sie hob eine Augenbraue, und Tremaine nickte.
»Jawohl, Ma’am, das habe ich«, sagte er erbittert. »Er gibt sich den Anschein eines bedenkenlosen Draufgängers, aber hinter dieser Fassade verbirgt er nur einen ziemlich scharfen Verstand. Er ist genauso gut wie jeder alliierte Offizier, von dem ich je gehört hätte.«
»Besser, Scotty«, murmelte Truman. »Er ist besser. Und Giscard könnte sogar noch besser sein als Tourville. Dass Theisman gut ist, wussten wir schon vorher.« Sie tauschten ein gepresstes Grinsen, denn während ihrer ersten Reise ins Jelzin-System hatten sie es mit Thomas Theisman zu tun bekommen. »Ich glaube, der Rest kann diesen dreien nicht das Wasser reichen, aber das ist eigentlich egal. McQueen hat diese drei an der Front und lässt von ihnen die Operationen durchführen. Es sieht ganz so aus, als gäbe sie ihnen nur die Besten der Besten als Geschwader- und Kampfgruppenkommandeure. Auch wenn diese Untergebenen ihren Standards noch nicht entsprechen: Wenn sie sich zum Dienst melden, zeigen die drei alten Hasen ihren jüngeren Kommandanten und Taktischen Offizieren bei jedem Einsatz etwas Neues. Wenn der Krieg also lange genug dauert …«
Sie zuckte mit den Schultern, und Tremaine nickte bedächtig. Er musste besorgter dreingeblickt haben, als er ahnte, denn Truman lächelte beschwichtigend.
»Nur keine Panik, Commander. Jawohl, sie werden besser, aber auch wir haben immer noch ein paar gute Leute wie den Earl von White Haven oder Herzogin …« – sie grinsten einander erneut an – »… Harrington. Wo ich schon dabei bin, Admiral Kuzak, Admiral Webster und Admiral D’Orville sind auch nicht übel. Es hat nur keinen Sinn abzustreiten, dass der Gegner besser wird, und das ist schlimm, denn er war von vornherein in der Überzahl, und durch den Technologietransfer von den Sollys holt er unseren Leistungsvorsprung allmählich auf.
Im Augenblick versucht die Volksflotte noch keinen tiefen Vorstoß oder die Wegnahme eines Kernsystems. Sie strengen sich nicht einmal an, uns die wichtigen Systeme wieder abzujagen, die wir ihnen in den vergangenen Jahren abgenommen haben. Sie versuchen es mit der Nadelstichtaktik – kleine Vorstöße, um eine Hand voll unserer Schiffe zu beschädigen oder zu vernichten. Sie greifen zwotrangige Basen an, wenn sie eine Schwachstelle auszumachen glauben. Leider gibt es sehr viele Stellen, an denen wir tatsächlich schwach sind, hauptsächlich wegen dieser Zitadellendoktrin , auf der die Politiker bestehen.«
»Zitadellendoktrin, Ma’am?«, fragte Tremaine nach, und sie schnaubte.
»So nenne ich es, und ich halte den Begriff für sehr zutreffend. McQueen hat uns ausgerechnet zum ungünstigsten Zeitpunkt erwischt. Im Versuch, die Offensive am Rollen zu halten, hatten wir uns müde gekämpft und unsere Schiffe überlastet. Damit kommt man aber nicht lange ungestraft davon. Als sie uns angriff, war unsere Kampfstärke gerade enorm gesunken, weil wir gezwungenermaßen sehr viele Schiffe gleichzeitig zur Überholung in die Werften geben mussten, und das hätte uns fast den Kopf gekostet.« Sie zuckte mit den Schultern. »Im Nachhinein kann man sagen, dass wir die Schiffe eben schneller hätten abziehen sollen, auch wenn das Tempo unseres Vormarschs gesunken wäre, denn dann hätten wir die Schiffe zu kleineren Stückzahlen auf einmal überholen können. Das ist natürlich das Schöne am Nachhinein: Man weiß so vieles besser als zu dem Zeitpunkt, als man die Entscheidung treffen musste.
Auf jeden Fall hatte McQueen offenbar genau
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