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Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx

Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx

Titel: Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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nicht das Gelände. Die Akte ist nicht der Mann.«
     
    Helen
     
    Helen kam inzwischen viel schneller voran. Aus Erfahrung war sie mittlerweile recht sicher, dass ihre Entführer die Zelle nur betraten, um ihr das Essen zu bringen. Dass sie versuchen könnte zu fliehen, zogen die Kidnapper offenbar überhaupt nicht in Betracht.
    Die schwere Tür, die sie jedes Mal abschlossen, war eindeutig von woanders hierher geschafft worden. Eine beeindruckende Tür – solide und schwer. Sie sah sogar aus wie neu. Helen nahm an, dass die Kidnapper sie eigens für die Entführung gekauft hatten. Gewiss waren sie etliche Stunden damit beschäftigt gewesen, den Türrahmen in den rauen Eingang einzupassen und die Fugen abzudichten. Nur schwer vermochte sie sich das Lachen zu verkneifen, wenn sie sich ausmalte, was ihr sarkastischer Vater dazu sagen würde. Stümper! Eine prächtige Tür, ganz gewiss – nur dass sie keinen Türspion hatte. Wenn Helens Entführer überprüfen wollten, was Helen tat, mussten sie die Tür öffnen. Natürlich hatten sie die Tür mit mehreren Schlössern gesichert – den Geräuschen nach zu urteilen sogar mit einer schweren Kette, die notfalls den ganzen Rahmen an der Außenwand halten sollte. Als wäre ein vierzehnjähriges Mädchen imstande, solch eine Tür mit bloßer Körperkraft einzurennen!
    Unterm Strich hatten Tür samt Schlösser zur Folge, dass Helen immer gewarnt war, wenn die Kidnapper ihre Zelle betreten wollten. Das verschaffte ihr genug Zeit, um die Spuren ihrer Arbeit zu beseitigen – hoffentlich, denn es wurde immer schwerer je tiefer sie das Loch grub.
    Sie unterbrach kurz ihre Arbeit. Inzwischen hatte sie es geschafft, etwa sechzig Zentimeter tief in die Wand vorzudringen, was es fast unmöglich machte, die Zelle wieder in den ursprünglichen Zustand zu bringen. Das Loch war gerade so weit, dass sie sich hineinzwängen konnte, wenn sie weitergrub. Zugleich war es noch klein genug, um sich mit einem alten Brett, das sie im Schutt in ihrer Zelle gefunden hatte, abdecken zu lassen.
    Während Helen ihre Lage überdachte, wurde ihr klar, dass sie auf irgendeine Weise die Zeit messen müsste, ehe sie weiter vordrang. Unglücklicherweise hatten sie ihr die Uhr abgenommen. Steckte Helen erst während des Grabens in dem Loch, hörte sie vielleicht nicht mehr die Warngeräusche, die die Kidnapper unabsichtlich beim Öffnen der Tür verursachten. Und selbst wenn doch, hatte sie vielleicht nicht mehr genug Zeit, um herauszuklettern und alle Spuren zu verwischen.
    Lange brauchte sie indessen nicht zu überlegen, wie sie dieses Problem lösen sollte. Helen bastelte von je gern, vor allem, seit ihr Vater ihr die Freuden des Modellbaus eröffnet hatte. Sie verstand sich darauf, sich technische Spielereien aus Gummibändern und alten Zahnrädern zusammenzubauen, und war recht zuversichtlich, sich einen einfachen Zeitmesser anfertigen zu können.
    Zunächst jedoch wandte sie sich einem weniger diffizilen, aber grundlegendem Problem zu. Das Graben an sich war zum Glück überhaupt nicht schwierig. Nachdem Helen die ersten Zentimeter abgetragen hatte, stellte sie rasch fest, dass die darunterliegenden Schuttschichten recht locker waren. Mittlerweile war sie sich recht sicher, dass man sie irgendwo tief unter dem Alten Viertel festhielt, in den endlosen Schichten von Trümmern und Ruinen, die das uralte Zentrum der Stadt prägten. Chicago war gut über zweitausend Jahre alt. Besonders während der Kriegsjahrhunderte hatte sich niemand damit abgegeben, alte, zerfallene Häuser und Gebäude zu beseitigen. Man hatte sie einfach dem Erdboden gleichgemacht und neue Bauten auf dem Schutt errichtet.
    Helens eigentliches Problem bestand in dem klassischen Dilemma aller Gefangenen, die sich einen Stollen in die Freiheit graben: Wohin mit der Erde?
    Sie entschied, das frisch abgetragene Wandmaterial mit dem alten Schutt und Dreck in ihrer Zelle zu vermischen – was sie bedauerte, denn das war eine sehr zeitaufwändige Lösung. Dabei musste sie sorgfältig vorgehen, damit der Farbunterschied nicht zu auffällig wäre. Mit der Zeit würde sich die Farbe des Schutts natürlich ändern, und der Boden würde allmählich immer höher werden. Aber hoffentlich würde das so unmerklich vonstatten gehen, dass ihre Entführer es nicht bemerkten.
    All das setzte natürlich voraus, dass sie hier noch Wochen verbringen würde. Sie wusste nicht, ob diese Annahme richtig war. Denn nach allem, was Helen wusste, konnten ihre

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