Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
Oder anders gesagt, wenn ich ihm das je zugetraut hätte, wäre ich sehr unglücklich gewesen, als Sie ihn für diese Aufgabe ausgesucht haben.«
»Ich habe nicht gesagt, dass er irgendetwas für sich behalten würde. Ich meine nur, dass die Information ihn weder über seine offiziellen Kanäle erreicht hat noch das Zwischenergebnis einer laufenden Untersuchung ist. Er hätte sie nicht im eigentlichen Sinne ›für sich behalten‹ müssen. Denn es ist eine reine Ermessensfrage, ob er etwas an mich weitergeben soll, was als kaum fundierte Gerüchte beginnt. Er wollte sich unbedingt erst vergewissern, ob an den Gerüchten tatsächlich etwas dran ist – und das hat er getan, ohne eine offizielle Untersuchung einzuleiten. Aber es gab absolut keinen Grund, warum er diesen Gerüchten aus eigenem Ermessen nachgehen sollte, nur damit er mir etwas berichten konnte, wonach ich gar nicht gefragt hatte. Diese Entscheidung hat er ganz auf eigene Faust getroffen, und zwar, weil er der Meinung war, ich würde weder seine Informationen missbrauchen noch das System oder das Vertrauen, das er in mich setzt. Und vermutlich auch aus dem Grund, weil er mit mir einer Meinung ist, dass Arnold Giancola und seine Anhänger die größte Gefahr sind, mit der wir im Moment zu tun haben.«
»Intern«, stimmte Theisman zu. »Aber extern?« Er schüttelte wieder den Kopf. »Ich glaube nach wie vor, dass die Mantys und besonders dieser Schafskopf Janacek eine unmittelbarere und weit gefährlichere Bedrohung darstellen.«
»Tom, Tom.« Pritchart seufzte und rieb sich beide Augen mit den Handflächen, dann verzog sie das Gesicht. »Ich stelle keineswegs Ihr Urteil infrage, zu welchem Ausmaß an Dummheit Janacek, High Ridge und irgendein anderer von ihnen imstande ist. Das Problem ist nur, wir können nicht beeinflussen, was sie tun, egal, wie sehr wir es versuchen. Die einzige Lage, die wir hoffentlich beherrschen können, ist unsere innenpolitische Situation. Die interstellare Lage muss sich im Augenblick einfach um sich selbst kümmern. Und wenn Janacek und sein Chef sich zu etwas wirklich Dummem entschließen, dann ist es an Ihnen und an der Flotte, uns vor den Folgen zu schützen.«
Theisman blickte sie mehrere Sekunden lang schweigend an, und sie konnte fast die Intensität seiner Gedanken spüren, die ihm durch den Kopf schossen.
»Sie sind sich absolut sicher, dass Sie so verfahren wollen?«, fragte er schließlich.
»Eigentlich will ich gar nicht so verfahren«, fuhr sie ihn fast an. »Es ist einfach nur das kleinste Übel unter etwa einem halben Dutzend abscheulicher Möglichkeiten. Kevin weiß vielleicht nicht genau, welches Ziel Giancola verfolgt, aber ich garantiere Ihnen, dass ich wenigstens zwei Ziele kenne, die er anstrebt. Eines davon ist, mich – und wahrscheinlich auch Sie – dazu zu zwingen, mit den Mantys zu verhandeln. Das zweite ist, dass er sich eine gute Ausgangsposition bei den nächsten Präsidentschaftswahlen verschaffen will – wenn er so lange wartet.«
Theisman setzte sich kerzengerade auf. »Wie meinen Sie das, ›wenn er so lange wartet‹? Glauben Sie wirklich, dass er Überlegungen in dieser Richtung anstellt?«
»Nein. Nein, das glaube ich nicht.«
Theisman betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen, und sie seufzte erneut.
»Also schön, vielleicht doch«, räumte sie demonstrativ unwillig ein. »Und ich wünschte, ich hätte diese Möglichkeit zum Teufel noch mal Ihnen gegenüber nicht durchblicken lassen, Tom Theisman! Denn im Moment weiß ich nur, dass ich ihm nicht traue, ihn nicht mag und dass er ehrgeizig, überheblich und stur ist. Nichts davon wäre ein Grund für irgendwelches ›sofortiges Handeln‹.«
»Auch wenn es nicht so aussieht, Eloise«, sagte er in täuschend mildem Ton, »eigentlich ist es gar nicht meine Gewohnheit, zu putschen. Jedenfalls nicht ohne erheblich größere Provokation als das.«
»Weiß ich«, sagte sie zerknirscht. »Ich schätze, ich reagiere nur ein wenig verrückt, sobald Giancola ins Spiel kommt. Wissen Sie, ich glaube keinen Augenblick, dass er lange zögern würde, wenn er die Gelegenheit für das eine oder andere Manöver im alten Stil bekäme. Im Moment jedoch vereiteln Kevin und Dennis diese Möglichkeit für jeden. Deshalb kommt Giancola auch aus einer anderen Richtung. Und deshalb dürfen wir es nicht ihm überlassen, den Informationsfluss zu kontrollieren. Er benutzt die Existenz von Schlupfloch als Hebelpunkt, Tom. Er lässt Tatsachen
Weitere Kostenlose Bücher