Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
fort und zog die Hand zurück, »ja. Ich habe überlegt, mich zum Pistolenschützenteam zu melden. Das Gewehrschießen hat mich nie gereizt, fürchte ich, aber Faustfeuerwaffen habe ich immer gemocht. Doch als es damals so weit war, ließ ich mich gerade richtig auf den Coup ein und beschloss, mich ganz darauf zu konzentrieren.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin im sphinxianischen Busch aufgewachsen, wissen Sie, deshalb war ich schon eine ganz gute Schützin, als ich hierher kam.«
»Ich nehme an, so kann man es ausdrücken«, stimmte White Haven ihr trocken zu, hob die Zielscheibe und blickte durch das Loch in der Mitte. »Meine sportlichen Aktivitäten waren ein wenig friedfertiger als die Ihren.«
»Ich weiß.« Sie nickte und warf ihm ein Lächeln zu, das durch die künstlichen Nerven in ihrer linken Wange gezwungenermaßen schief wirkte. »Ich habe gehört, dass zwischen Ihnen und Admiral Caparelli während Ihrer Zeit auf der Insel eine Fußballrivalität bestand.«
»Sie haben gehört, dass Tom Caparelli mein aristokratisches Hinterteil von einer Hälfte des Feldes auf die andere gekickt hat«, verbesserte der Earl sie, und Honor lachte.
»Das mag schon richtig sein, aber ich bin viel zu diplomatisch geworden, um es so offen auszusprechen«, entgegnete sie.
»Verstehe.« Er senkte die Zielscheibe, und seine Miene wurde ein wenig ernster. »Da wir schon von Diplomatie sprechen, ich fürchte, ich habe Sie nicht lediglich in Ihrem Versteck aufgestöbert, um Ihre Gesellschaft zu genießen. Verstehen Sie mich nicht falsch«, fügte er hinzu, »Ihre Gesellschaft ist grundsätzlich höchst bezaubernd.«
»Ganz so ein schlechter Diplomat sind Sie auch nicht«, bemerkte sie, und außer Andrew LaFollet hätte wohl kaum jemand die milde Schärfe bemerkt, die sich in ihre Stimme geschlichen hatte.
»Wenn man Jahrzehnte lang einen ehrgeizigen Politiker zum Bruder hat, wird man eben so«, versicherte White Haven ihr gleichmütig. »Tatsächlich habe ich nach Ihnen gesucht, weil ich mit besagtem ehrgeizigem Politiker den halben Morgen verbracht habe.«
»So?« Lady Harrington sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
»Ich musste sowieso geschäftlich nach Landing fliegen«, erklärte der Earl, »deshalb bin ich auf einen Sprung zu Willie … der zufällig gerade vom Mount Royal Palace zurückkam.«
»Verstehe.« Die Stimme der Gutsherrin klang plötzlich weit mehr als neutral. Sie warf das Magazin ihrer Pistole aus, entriegelte den Schlitten und legte die Waffe in die gepolsterte Vertiefung des Kästchens.
»Darf ich davon ausgehen, dass er Sie gebeten hat, mich zu besuchen?«, fuhr sie fort.
»Nicht direkt. Elizabeth hatte ihn jedoch in seiner Eigenschaft als Oppositionsführer in den Palast eingeladen, damit er an der offiziellen Besprechung der neusten Eingebungen High Ridges und seiner Lakaien teilnehmen konnte.«
Lady Harrington blickte von dem Waffenkasten auf und bedachte den Earl mit einem scharfen Blick, doch entweder bemerkte er es nicht oder gab vor, es nicht bemerkt zu haben.
»Die offizielle Einladung an den Oppositionsführer, zu der Sitzung zu erscheinen, war aus irgendeinem Grund verloren gegangen. Schon wieder.«
»Verstehe«, wiederholte Lady Harrington und schloss den Waffenkasten mit einem Klicken. Sie griff nach ihrer Tasche, doch White Haven war schneller und hängte sie sich lächelnd über die Schulter.
Sie erwiderte das Lächeln, doch aus ihren Augen sprach die Unruhe. LaFollet überraschte das nicht. Die Gutsherrin hatte sich gewaltig von dem politisch unbeleckten Raumoffizier entfernt, der sie einst gewesen war, damals, als LaFollet ihr Waffenträger wurde. Folglich übersah sie weder die frische Abneigung in White Havens Stimme, wenn er über den Premierminister sprach, noch die Kleinlichkeit, die High Ridge unter Beweis stellte, indem er Lord Alexander offenbar vorsätzlich nicht von der Sitzung benachrichtigte.
Ähnlich wie die Gutsherrin, allerdings auf einer niedrigeren Ebene, hatte der Colonel weit mehr über manticoranische Politik erfahren, als er je wirklich wissen wollte. Aus diesem Grunde war ihm klar, dass die Verfassung zwar keineswegs vom Premierminister verlangte, den Oppositionsführer über die offiziellen halbwöchentlichen Sitzungen mit der Königin zu informieren, doch war es eine alte Tradition, ihn zu den regelmäßigen Sitzungen einzuladen. Zum einen erforderte das die ganz normale Höflichkeit, zum anderen wurde dadurch sichergestellt, dass im Falle
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