Honor Harrington 14. Honors Krieg
manticoranische Wählerschaft und sogar – Gott helfe ihnen allen – der manticoranische Hochadel so klug sein müssen, sich revoltierend zu erheben, nachdem die Folgen der Flottenpolitik von Janacek und High Ridge so offenkundig geworden waren. Doch im realen Universum funktionierte es leider nicht ganz so.
Obwohl Kare wusste, dass sein Rabbi anderer Meinung wäre, vertrat er die Ansicht, dass das innenpolitische Parkett Manticores der direkte Abkömmling des gleichen göttlichen Denkens sein musste, das zum Buch Hiob geführt hatte. Zumindest fiel ihm nichts ein, um die gegenwärtigen politischen Vorgänge im Sternenkönigreich anders zu erklären als mit der Entscheidung Gottes, den Teufel unter sorgsam eingeschränkten Bedingungen auf die ahnungslose Menschheit loszulassen.
Er schalt sich, mehr aus Pflichtgefühl denn Überzeugung, dass er mit der manticoranischen Öffentlichkeit zu hart ins Gericht gehe. Bis vor wenigen Wochen hatte es wirklich genügend Anzeichen darauf gegeben, dass der Krieg vorüber war. Fast vier T-Jahre lang war kein einziger Schuss abgefeuert worden, und es hatte nicht danach ausgesehen, als würde sich daran in nächster Zeit etwas ändern. Offenbar hatte die Regierung angenommen, dass die Haveniten ein für alle Mal ihre Lektion gelernt hätten – doch selbst wenn man das außer Acht ließ, konnte man der Regierung immer noch vorwerfen, sich vorschnell in Sicherheit gewogen zu haben. Schließlich hatte sie geglaubt, die Royal Manticoran Navy könne sogar dann die Republik durch ihre technische und taktische Überlegenheit mühelos zermalmen, wenn Haven törichterweise erneut einen Krieg vom Zaun bräche. Außerdem hatten die diplomatischen Gesandtschaften der Republik während der Friedensverhandlungen stets einen versöhnlichen Ton angeschlagen, ein weiterer Beweis, den die Befürworter der Theorie heranziehen konnten, der Frieden habe schon begonnen, sei er nun durch einen förmlichen Vertrag besiegelt oder nicht. Kare hatte dieser Theorie zwar nicht angehangen, doch er verstand sehr gut, weshalb sie der Öffentlichkeit insgesamt so verführerisch erschienen war. Nach den Qualen, den Verlusten und der Angst, die mit Krieg einhergehen, wäre es völlig unnatürlich gewesen, wenn die Leute sich nicht gewünscht hätten, dass das Töten und Sterben vorüber war. Das unausweichliche (und angemessene) Bedürfnis von Einzelpersonen, sich auf ihre persönlichen Belange zu konzentrieren, sich um die alltäglichen Sorgen, um ihr Leben, ihre Arbeit und um ihre Familie zu kümmern, verstärkte nur die allgemeine Neigung der Öffentlichkeit, sich innenpolitischen Problemen zuzuwenden.
Andererseits hatte es genügend Gegenargumente gegeben, wenn man willens war hinzusehen – und genügend Menschen wie die Herzogin von Harrington, den Earl von White Haven und William Alexander, die darauf hingewiesen hatten. Leider hatte in gewisser Hinsicht gerade deren nachdrückliches Auftreten den Effekt, dass sie viele, die ihnen bislang noch nicht zustimmten, auch nicht auf ihre Seite ziehen konnten. Wenn ein Politiker skrupellos genug ist, dann fällt es ihm nicht allzu schwer, seine Gegenspieler als besessen und ein wenig albern, zumindest aber als unrettbar schwarzseherisch darzustellen, wenn sie ständig vor dem herabstürzenden Himmel warnen.
Bis zu dem Punkt, an dem der Himmel tatsächlich herabstürzt.
Nach Kares Ansicht war genau das in dem Moment geschehen, in dem Thomas Theisman zugegeben hatte, dass die republikanische Navy ihre Kampffähigkeit fast vollständig wiederhergestellt habe – ohne dass in der Regierung High Ridge jemand etwas davon geahnt hätte. Ein beträchtlicher Teil der Wählerschaft stimmte darin mit dem Astrophysiker überein, doch war dieser Teil nicht groß genug. Regierungssprecher – und besonders angeblich ›unparteiische‹ Vertreter der so genannten strategischen Denkfabrik des Palmer-Instituts – hatten augenblicklich beschwichtigende Erklärungen lanciert, die beweisen sollten, dass es längst nicht so schlimm war wie es aussah. Und ihre Erklärungen zeigten bereits Wirkung. Selbst wenn diese Rechnung nicht aufgegangen wäre, hätte auch die größte Unruhe unter den Wählern in keiner Weise die Regierungsmehrheit im Oberhaus beeinträchtigt.
Und dazu kam natürlich noch Jordin Kares ganz persönlicher Beitrag dazu, der Regierung High Ridge die Macht zu erhalten.
Als ihm dieser Gedanke gnadenlos durch den Kopf schoss, fiel es ihm noch schwerer, nicht
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