Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
vor ihn gestellt hatte. »Als ich mit ihr ging, war sie die Geliebte des Zweiten Stellvertretenden Direktors für Information.«
»Na, das ist ja ein Superkontakt gewesen«, sagte Charles mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Kann ich nicht sagen; ich habe nie versucht, sie anzuwerben«, entgegnete John. »Und dann flog der Einsatz auf, und wir sind gerade noch so eben lebend rausgekommen. Wenn ich damals schon die Möglichkeit gehabt hätte, Q zu erpressen, wäre ich nach Nouveau Paris zurückgekehrt und hätte sie gesucht. Aber das ging nicht, und ich habe nur versucht, sie zu vergessen. Eine Weile half mir nichts anderes, als mich bis zur Besinnungslosigkeit zu betrinken. Und ich glaube, das mache ich heute Abend auch.« Er setzte das frische Glas mit schwerem braunem Bier an die Lippen und leerte es in einem Zug. »Kellner!«
»CORDELIA RANSOM IST EIERLOS!«, sang Mullins, während die beiden durch die menschenleere Straße taumelten. Wie auf den meisten havenitischen Planeten neigte man auch in Praha City dazu, nach Einbruch der Dunkelheit die Bürgersteige hochzuklappen.
»Wieso geh’n wir jez… jetsch… Wieso geh’n wir ohne weiblische Begl… ohne ‘ne Frau nach Hause?«
»SAINT-JUST HAT GANZ KLEINE BLOSS!«
»Wirklich, wir sollten weiblische Begleid… Bekl… Frauen sollten wir ha’m.«
»ROB S. PIERRE … ach egal, mir fällt jetz’ nix mit Pi-pi-pierre ein. Wir gehen zu unsrer Unt… Unterk… Zimmer ohne Frauen, weil Wein das Verlangen weckt und die Kräfte nimmt.«
»Okay, Shakespeare«, sagte Charles. »Wenn du so schlau bist, wo ist denn hier ein Klo?«
»WO IST HIER EIN KLO!«, brüllte John in die leeren Straßen.
»Wir kehr’n in unsre Unt… Zimmer allein zurück wegen deiner Freundin, nicht wahr?«
»Ah, eine Gasse. ICH HAB DAS KLO GEFUNDEN!«
»Stimmt doch, oder?«, fragte Charles, als sie beide in die dunkle Gasse taumelten und sich an der Wand abstützen.
»Aaaah«, machte Mullins erleichtert. »Du hättest doch jede mitnehmen können, die du wolltescht. Ich war indisp… in… ich wollte nicht.«
»Also lag es an deiner Freundin«, sagte Charles und wurde fertig.
»Mehr als zwomal schütteln zählt als befummeln«, erklärte Mullins.
» Halt! «
»Meine Güte, ich pinkle doch nur an die Wand«, beschwerte er sich, als jemand um die Ecke raste und gegen ihn prallte.
Mullins mochte sternhagelvoll sein, doch sein Überlebensinstinkt war immer wach. Der Jemand, anscheinend ein uniformierter Mann, sah sich auf der Stelle herumgerissen und gegen die Wand geschleudert, während man ihn gleichzeitig in einen tödlichen Griff nahm. Es fehlte nur noch ein Augenblick, und die sich wehrende Gestalt läge mit gebrochenem Genick am Boden.
»Nicht«, sagte Gonzalvez auf Allemaigne. »Er wird von der SyS gejagt.«
»Gutes Argument.« John verschob die Unterarme und übte Druck auf einen Nervenknoten aus. Der ›Schlafgriff‹ galt beinahe als Mythos; um ihn korrekt auszuüben, bedurfte es Schulung, Präzision und Körperkraft. John Mullins verfügte über alle drei Voraussetzungen im Übermaß; nach weniger als zwei Sekunden sank die Gestalt zusammen.
»Hilf mir mit seinen Beinen«, brummte Mullins. Er zerrte den Bewusstlosen hinter einen Müllcontainer und kam wieder hervor. Er war gerade auf seine Position zurückgekehrt, als eine Gestalt mit Taschenlampe um die Ecke kam.
»Nehmen Sie das verdammte Licht weg! Wie kommen Sie dazu, mir in die Augen zu leuchten?«, brüllte Mullins. »Wer zum Teufel sind Sie überhaupt?«
»Entschuldigung, Sir«, sagte der SyS-Private zaghaft und senkte die Lampe. »Ich muss Sie trotzdem um Ihre Soldbücher bitten. Wir sind hinter einem Flüchtigen her.«
»Verdammte Provinzclowns«, brummte Charles auf Französisch mit Nouveau Pariser Einschlag. Er schüttelte ab, schloss die Hose und zog seine Dienstmarke hervor. »Da«, fuhr er auf Allemaigne fort.
Der Bürger Private zog den Kopf ein, scannte die Marke und die Retina des ›Bürger Captains‹, gab die Marke zurück und wiederholte die Prozedur bei Mullins. »Vielen Dank, Sirs. Haben Sie jemanden vorbeikommen sehen?«
»Negativ. Nach wem suchen Sie, und wo ist die hiesige Kontaktstelle?«, fragte Mullins so deutlich er konnte.
»Wir sind informiert worden, dass Bürger Admiral Mládek desertieren will«, stieß der Bürger Private hervor.
»Was?«, keuchte Gonzo mit genau dem richtigen Timing auf. »Der Chef des Fernmeldewesens der Volksflotte?«
»Jawohl, Sir. Wir haben heute Nacht drei
Weitere Kostenlose Bücher