Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
alle aber sehr genau darüber nachdenken – daher mein Befehl, sich zu diesem kleinen Gespräch bei mir zu melden. Und nur um es deutlich gemacht zu haben, Ms Hearns: Was ich nun sage, bleibt unter uns. Haben Sie verstanden?«
»Selbstverständlich, Sir!«
»Gut.« Er schaukelte einige Mal mit dem Sessel vor und zurück und schürzte die Lippen, während er genau überlegte, was er als nächstes sagen wollte.
»Ich bezweifle sehr«, begann er schließlich, »dass jemand mit Ihrem familiären Hintergrund die letzten dreieinhalb Jahre auf Manticore verbracht haben kann, ohne zu bemerken, wie … angespannt unsere Beziehungen zum Sternenkönigreich geworden sind, seit der Waffenstillstand wirksam wurde. Ich werde Sie nun nicht examinieren, indem ich Sie nach den Gründen für diese Spannungen frage. In der gegebenen Lage sehe ich mich jedoch gezwungen, Ihnen bestimmte Bedenken vorzulegen, und dazu muss ich mit einem ungewohnt brutalen Maß an Offenheit auf bestimmte Vorfälle und Individuen Bezug nehmen.«
Abigail wölbte ganz schwach eine ihrer Augenbrauen. Davon abgesehen hätte auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch auch eine Statue sitzen können.
»Das Verhalten der Regierung High Ridge seit der Ermordung des Herzogs von Cromarty hat im Jelzin-System ein gewaltiges Maß an Unwillen und Zorn erzeugt«, sagte er unverblümt. »Premierminister High Ridge hat, indem er das havenitische Waffenstillstandsangebot unilateral akzeptierte, obwohl wir kurz vor dem militärischen Sieg standen, sehr viele Mitglieder der Manticoranischen Allianz verärgert, uns vermutlich am meisten, dicht gefolgt von Erewhon. Zu allem Überfluss macht er mit seiner Konzentration auf die inneren Probleme des Sternenkönigreichs, wo er eigentlich den Waffenstillstand zu einem dauerhaften Friedensvertrag entwickeln müsste, die Situation für alle Verbündeten Manticores nur noch schlimmer. Was uns auf Grayson angeht, hat er durch die Art, wie er und seine politischen Bündnisgenossen Lady Harrington beleidigt und herabgewürdigt haben, nur zusätzlichen Wasserstoff ins Feuer gepumpt.
Im Augenblick fällt mir kein einziges Segment der graysonitischen öffentlichen Meinung ein, wo man nicht in der einen oder anderen Art erzürnt wäre über Manticore. Lady Harringtons Parteigänger schäumen aus offensichtlichen Gründen vor Zorn, doch ist es High Ridge beispielhaft gelungen, sich mit anderen Dingen auch den Zorn ihrer politischen Gegner zuzuziehen, denn ihrer Ansicht nach bestätigt des Herrn Premierministers Spielart der Diplomatie alle Bedenken, die sie je gegen unser Bündnis mit dem Sternenkönigreich angeführt haben. Aus der Perspektive meines Amtes allerdings stellt die Militärpolitik seiner Regierung im Zusammenspiel mit ihrer unglücklichen Diplomatie alle anderen Bedenken bei weitem in den Schatten.
Sir Edward Janacek ist … nicht die beste Wahl für den Ersten Lord der manticoranischen Admiralität«, sagte der Hochadmiral. »Mir ist klar, dass ich Sie in eine unangenehme Lage bringe, da Sie gegenwärtig in der manticoranischen Befehlskette stehen, aber da ich kein Blatt vor den Mund nehmen wollte, muss ich sagen, dass Janacek arrogant, bigott, rachsüchtig und beschränkt ist.«
Er beobachtete ihr Gesicht vorsichtig, doch sie verzog keine Miene.
»Aus High Ridges Perspektive ist Janacek die ideale Wahl, wie seine Bereitschaft beweist, die RMN ausgerechnet jetzt so drastisch zu reduzieren. Andere seiner politischen Entscheidungen erzeugen ebenfalls Probleme für uns und unsere Beziehungen mit dem Sternenkönigreich, aber ich will Sie damit nicht weiter belasten. Sie haben sich allerdings über mehrere Punkte im Klaren zu sein: erstens, dass Janacek die manticoranische Flottenstärke verringert, wo er sie eigentlich vergrößern sollte. Zwotens, dass er uns ebenso wenig mag oder traut, wie wir ihn mögen oder ihm vertrauen. Drittens, dass er uns Graysons für Neobarbaren hält, gedankenlose religiöse Fanatiker. Und viertens, dass er der Gutsherrin von Harrington gegenüber eine tiefe, persönliche Feindschaft empfindet.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, habe ich sehr lange erwogen, ausdrücklich zu verlangen, dass man Ihnen gestattet, ihre Raumkadettenreise an Bord keines manticoranischen, sondern eines graysonitischen Schiffes zu absolvieren. Ich habe sogar dafür gesorgt, dass mehrere ihrer graysonitischen Klassenkameraden genau dieses Ersuchen einreichten. Sie hingegen sind zu bekannt, sowohl wegen Ihrer Familie als auch
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