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Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx

Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx

Titel: Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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hübsch, aber auch nicht hässlich. So unscheinbar, wie ein Mensch nur sein konnte.
    Charles. Er hatte keinen Nachnamen, jedenfalls keinen, den er je erwähnt hätte. Er hatte auch kein Alter, keine Adresse, keine Familie, keine Geburtswelt. Seine Sprechweise hatte einen deutlichen beowulfianischen Einschlag, doch das bot keinen echten Hinweis. Vaccares kannte zu viele Menschen, die Akzente ein- und wieder ausschalten konnten, als wären es Sensortasten, und hätte nicht einmal das Sparkonto eines Dolisten darauf gewettet, dass Charles wirklich seine echte Herkunft durchblicken ließ.
    Wusste wenigstens das Oktagon mehr über den Mann? Vaccares hoffte es inbrünstig. Seit er auf diese Art und Weise verdeckt in silesianischem Hoheitsraum operierte, schaute der Captain sich nach sechs Seiten zugleich um. Am wenigsten konnte er jetzt die Möglichkeit brauchen, dass ihr neuer Verbündeter ihnen plötzlich den Boden unter den Füßen wegzog.
    Andererseits war es dem Oktagon vielleicht auch egal, wer Charles wirklich war und woher er stammte. Vielleicht interessierte die hohen Tiere nur, das technische Wunder in die Finger zu bekommen, das er ihnen vor die Nase hielt: die Zauberwaffe, die zu testen die Vanguard und ihre Besatzung in Silesia weilte.
    Und allem Anschein nach vermochte diese magische Waffe wirklich genau das, was versprochen war.
    Was für Vaccares genau der Kern des Problems war.
    Charles musste seinen unfreundlichen Blick gespürt haben. Vielleicht spürte er auch die unfreundlichen Gedanken, das konnte Vaccares nicht sagen. Jedenfalls blickte er auf, grinste den Kommandanten erneut an und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Liste der Güter, die die Crew der Vanguard aus ihrem letzten manticoranischen Opfer geborgen hatte.
    Vaccares rieb sich leicht das Kinn, ohne Charles aus den Augen zu lassen. Jawohl, die Waffe, die Charles den Crippler nannte, funktionierte. Achtmal in Folge hatte sie nun den Impellerantrieb des Ziels vollkommen ausgeschaltet und es zur Manövrierunfähigkeit verdammt. Und wie versprochen, hatte der Crippler dieses Kunststück aus einer Entfernung von mehr als einer Million Kilometern vollbracht.
    Die Folgen für besagte dunkle Wolken am Horizont reichten tief. Die klassische Militärdoktrin hatte ihren Ausgangspunkt in einer höchst allgemeinen Voraussetzung: dass der Impellerkeil eines Kriegsschiffs unbedingt und absolut undurchdringlich war. Jeder Schiffsentwurf, jedes Waffensystem, jede Abwehrwaffe und jeder taktische Ansatz – alles basierte auf dieser Voraussetzung. Und bis jetzt hatte sie sich stets als richtig erwiesen.
    Bis jetzt.
    Charles war selbstverständlich ein Solarier; so viel hatte Vaccares schon längst erkannt. Nur die Solare Liga konnte das technische Wissen haben, um einen Crippler zu schaffen. Und nur die Solare Liga könnte eine solche Entwicklung so streng geheim halten, dass auch nur von ihrer Existenz niemand je hatte flüstern hören.
    Warum wurde sie dann ausgerechnet jetzt der Volksrepublik Haven angeboten?
    Vaccares kannte die üblichen Antworten, oder genauer gesagt, er wusste, wie die üblichen Antworten gelautet haben würden, hätte jemand ein Interesse gehabt, die Frage zu diskutieren. Den Propagandaschlitzohren der havenitischen Regierung war es gelungen, die Manticoraner als die Übeltäter hinzustellen. Sie hatten das Wort ›Volk‹ im Namen der VFH benutzt, um die demokratischen Instinkte der solarischen Durchschnittsbürger gegen Manticore zu richten; die manticoranische Arroganz und ihre Kontrolle über den Wurmlochknoten hatten ihnen die Waffe in die Hand gedrückt, um dem Sternenkönigreich die solarische Führerschaft, die sich nicht so leicht von bedeutungsleeren Worten täuschen ließ, zu entfremden.
    Doch entfremdet oder nicht, offiziell nahm die Liga einen strikt neutralen Standpunkt ein, zu dem auch ein hundertprozentiges Waffen- und Technologieembargo gegen Haven und Manticore gehörte. Gewiss hatte es wie jedes Embargo in der Geschichte der Menschheit seine Lücken und Schlupflöcher, doch hatte die solarische Führerschaft sich schon als durchaus entschlossen bewiesen, jedem auf die Finger zu klopfen, den sie bei einem Regelverstoß ertappte.
    Die Strafe für den Verkauf eines Gerätes, das jedes Stärkegleichgewicht so nachhaltig stören könnte, wäre jedenfalls sehr schmerzhaft.
    Was genau hatte Erbpräsident Harris diesem Mann also angeboten, dass er dieses Risiko einging? Unfasslichen Reichtum? Unglaubliche Macht?

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