Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
schräg über die Ekliptik«, fügte DuMorne hinzu. »Sieht so aus, als würde das Schiff durchs äußere System treiben.«
»Haben wir schon eine Kennung?«, fragte Honor.
»Es identifiziert sich als andermanisches Kriegsschiff«, sagte Wallace mit plötzlich angespannter Stimme.
»Transponder identifiziert das Schiff als SMS Neu-Bayern «, bestätigte Metzinger.
» Neu-Bayern «, wiederholte Venizelos und drückte Tasten. »Schlachtkreuzer der Mendelssohn -Klasse, masst knapp unter neunhunderttausend Tonnen. Kein Zeichen für irgendjemanden sonst in der Nachbarschaft.«
»Eine Vermutung, was sie hier draußen will?«, wandte sich Honor an Wallace, der mit durchdringendem, aber von Unsicherheit erfülltem Blick an seinen Instrumenten arbeitete.
Aus gutem Grund, begriff sie, als sie die gleiche Überlegung anstellte wie vermutlich er. Ein einzelnes andermanisches Schiff, das sich versteckt gehalten hatte wie ein Pirat es täte, konnte sehr gut der Raider sein, den sie suchten.
Nur dass es nicht dem Rest des ONI-Profils entsprach. Zum einen war ein Schlachtkreuzer zu groß, zum anderen lief er weder unter einer silesianischen Kennung, noch tarnte er sich mit einer falschen Emissionssignatur.
Berücksichtigte man allerdings die schlechte Qualität der Daten, auf der das Profil basierte, so traf es vielleicht gar nicht so genau zu. Außerdem, wer konnte schon behaupten, dass ein Leopard seine Punkte nicht gelegentlich gegen Streifen eintauschte?
»Nun, wenn die Neu-Bayern Geleitdienst macht, dann scheint sie ihren Konvoi verloren zu haben«, meinte Venizelos. »Und was den Vektor angeht … Stephen, was halten Sie davon?«
»Wir wissen natürlich nicht, was sie getan hat, bevor wir hierher kamen«, begann DuMorne, »aber ihr gegenwärtiger Vektor passt sehr gut zu einer Direktfahrt von Tylers Stern nach Schiller. Es sieht beinahe so aus, als hätte sie sich während der vergangenen paar Tage durch das System treiben lassen.«
»Wie auf Piratenjagd?«, fragte Venizelos.
Oder etwas Persönlicheres? Honor begegnete Wallaces Blick, als er aufsah, und hob still fragend die Brauen. Er zog selber eine Augenbraue hoch und deutete ein Schulterzucken an.
Zumindest in Bezug auf ihre grundsätzliche Unsicherheit waren sie sich also einig. Die Neu-Bayern konnte genauso gut einem andermanischen Raider auf der Spur sein. Andererseits mochte ihr Auftrag darin bestehen, solch einen Raider taktisch oder logistisch zu unterstützen.
»Ich hoffe, sie hat nicht versucht, sich an Iliescus Straßensperre anzuschleichen«, überlegte Venizelos. »Dann hätten wir ihr nämlich gründlich die Tour vermasselt.«
»Die Andys werden darüber hinwegkommen«, sagte Honor. Sie war zu einer Entscheidung gelangt. Was immer dieser andermanische Schlachtkreuzer dort suchte, sein Kommandant wusste vermutlich über den Raider Bescheid. Folglich konnte es nicht schaden, wenn er wusste, dass die Royal Manticoran Navy ebenfalls im Spiel war. »Joyce, Signal an die Neu-Bayern . Legen Sie die Antwort auf den Schirm.«
»Jawohl, Ma'am.« Während Metzinger Tasten drückte, begann Honor die Sekunden abzuzählen. Ein Signal benötigte hin und zurück zwanzig Sekunden zu dem andermanischen Schlachtkreuzer. Hinzu kam die Zeit, die der Kommandant benötigte, um sich schlüssig zu werden, ob ihm heute nach einem Schwatz mit Manticoranern war.
Sie hatte vierundneunzig Sekunden abgezählt, als der Combildschirm sich einschaltete und einen Mann mit breitem Kinn zeigte, kurz geschnittenem Haar und vollen Lippen, die dauerhaft mürrisch verzogen zu sein schienen. »Hier spricht Kapitän Lanfeng Grubner von Seiner Majestät Schiff Neu-Bayern «, sagte er barsch; er klang, als freue er sich gar nicht über die Störung. Andererseits konnte dieser Eindruck auch von seinem schweren deutschen Akzent herrühren. »Was wollen Sie, Fearless ?«
»Hier spricht Captain Harrington von Ihrer Majestät Schiff Fearless «, sagte Honor, entschlossen, sich weder von Grubners Art noch dem Umstand einschüchtern zu lassen, dass sein Schiff dem ihren in Bezug auf Masse und Kampfkraft dreifach überlegen war. »Ich habe mich gefragt, ob ich Ihnen wohl ein kurzes Gespräch über ein Thema aufdrängen darf, das für uns beide von Belang ist.«
Sie wartete, dass die zwanzig Sekunden verstrichen. »Und welches Thema wäre das?«, fragte Grubner.
»Das möchte ich lieber nicht auf einem offenen Kanal besprechen«, entgegnete Honor. »Wenn Sie Ihre Beschleunigung ein wenig senken
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