Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
wir, dass es sich um ein Kriegsschiff gehandelt hat.«
Grubner schürzte die Lippen. »Doch eine visuelle Bestätigung der Identität des Angreifers fehlt Ihnen?«
»Richtig«, gab Honor zu. »Unsere Experten halten aber jeden Irrtum für ausgeschlossen.«
»Ich verstehe«, sagte Grubner. »Und aus welchem Grund greift das Kaiserreich Ihrer Ansicht nach manticoranische Kauffahrteischiffe an?«
»Es werden zwo Theorien diskutiert«, antwortete Honor. »Zum einen, dass es sich um ein abtrünniges Schiff handelt, das eine nicht genehmigte und wahrscheinlich persönliche Vendetta gegen uns austrägt.«
»Und gehen die gleichen Theoretiker davon aus, dass eine gesamte Schiffsbesatzung auf einmal den Verstand verlieren kann?«, fragte Trondheim spitz.
»Es bedarf nur der Schiffsführung, um solch eine Lage zu erzeugen«, entgegnete Honor. »Wie an Bord der Schiffe Ihrer Majestät Navy würde ich erwarten, dass auch die Besatzungen des Kaiserreichs Befehle befolgen, selbst wenn diese Befehle keinen Sinn zu ergeben scheinen.«
»Sie haben von zwo Theorien gesprochen«, sagte Grubner. »Was wäre die andere?«
Honor nahm ihren Mut zusammen. »Dass es sich in der Tat um eine offizielle andermanische Militäroperation handelt«, sagte sie. »Streng geheim, aber vom Oberkommando gebilligt.«
»Gewiss die einfachere Theorie«, sagte Trondheim gleichmütig. »Demnach müsste nur noch eine einzelne Person – der Kaiser nämlich – wahnsinnig geworden sein.«
»Mit dem Kaiser muss es nicht unbedingt etwas zu tun haben«, beeilte sich Honor klarzustellen; sie spürte, dass sich unter ihrem Kragen der Schweiß sammelte. Freiheraus zu sein war eine Sache, doch der eine oder andere Funken Diplomatie wäre nicht unangebracht gewesen. »Es könnte ein neu ernannter Reichskanzler oder Sektoroberkommandierender dahinter stecken, der beschlossen hat herauszufinden, wie das Sternenkönigreich auf eine solche Bedrohung reagiert.«
»In den höchsten Regierungsebenen hat ein Wechsel wie der, von dem sie sprechen, nicht stattgefunden«, erwiderte Trondheim. »Und kein Sektoroberbefehlshaber würde es wagen, auf eigene Faust eine solch tiefgehend abweichende Politik zu verfolgen.«
»Selbstverständlich nicht«, sagte Honor. »Ich habe es nur erwähnt –«
»Sie haben es erwähnt, um zu sehen, wie wir darauf reagieren«, sagte Grubner gelassen. »Aber sagen Sie mir eines, Captain. Bislang haben Sie nur von den Theorien anderer gesprochen. Was vermuten denn Sie ?«
»Ich glaube, jemand fälscht andermanische Schiffsemissionen«, antwortete sie ihm. »Ich glaube, jemand bemüht sich sehr, uns gegeneinander auszuspielen.«
Grubners Gesicht schien sich zu verhärten, wenn auch nur ein wenig. »Wirklich«, sagte er mit bedachtsam gleichmütiger Stimme.
»Ja«, sagte Honor. Immer ganz offen , ermahnte sie sich. »Im Übrigen führe ich den Umstand, dass Sie beide weder überrascht noch empört auf meinen Vorwurf reagiert haben, darauf zurück, dass Sie über dieses geheimnisvolle Schiff bereits voll im Bilde sind.«
Grubner blickte Trondheim mit hochgezogenen Brauen an. »Ich habe Ihnen gesagt, dass sie schnell ist«, meinte der Erste Offizier.
»Allerdings«, stimmte Grubner ihm zu und blickte Honor wieder an. »Also gut, Captain. Sie waren so freundlich, Ihre Karten auf den Tisch zu legen. Wir wollen es Ihnen gleichtun. Einer unserer Leichten Kreuzer, SMS Alant , wird vermisst. Die Neu-Bayern ist in Silesia, um nach ihr zu suchen.«
»Wie ist sie verschwunden, Herr Kapitän ?«, fragte Honor stirnrunzelnd.
»Auf Patrouillenfahrt vor mehreren Monaten vermisst«, antwortete Grubner. »Zunächst nahmen wir an, dass sie vernichtet worden wäre, entweder durch einen Unfall oder infolge eines Angriffs.«
Er nahm einen weiteren Schluck Wein. »Dann jedoch hörten wir immer wieder Berichte von einem Raider, der oberflächlich Silesianer zu sein scheint, unter dessen Kennung sich jedoch eine andermanische Emissionssignatur verbirgt. Offenbar ist die Alant intakt in Feindeshand gefallen.«
Honor setzte sich auf. »Woher haben Sie diese Berichte?«, fragte sie.
Grubner grinste plötzlich. »Vom manticoranischen Geheimdienst natürlich«, sagte er. »Wir besitzen zahlreiche Quellen im Sternenkönigreich.«
Honor schnürte es plötzlich die Kehle zu. »Dann kannten Sie meinen Auftrag von Anfang an?«
»Wir wissen, was man bei Ihnen denkt«, verbesserte Grubner. »Da man bei Ihnen mit Vorsicht reagiert, wollen auch wir nichts übers
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