Honor Harrington 17. Um jeden Preis
und?«
»Ich hätte lieber sagen sollen«, antwortete Usher, »dass es um den diplomatischen Schriftverkehr geht, den die Mantys abgeändert haben sollen .«
Im ersten Augenblick wunderte sich Pritchart nur über seine Wortwahl. Dann fuhr ihr ein eisiger Schauder den Rücken hinunter.
»Was meinen Sie mit ›haben sollen‹?«, fragte sie schroff. »Ich habe die Originale gesehen. Ich weiß genau, dass sie abgeändert worden sind.«
»Ja, ganz gewiss«, pflichte Usher ihr grimmig bei. »Leider habe ich immer ernstere Zweifel, wer diese Änderungen nun eigentlich vorgenommen hat.«
»Mein Gott.« Pritchart wusste, dass sie kreidebleich geworden war. »Kevin, bitte. Bitte sagen Sie mir, dass es nicht so ist, wie es jetzt klingt.«
»Es tut mir leid, Eloise«, sagte er leise. »Zuerst dachte ich, es liegt nur an meiner Abneigung gegen Giancola. Die Annahme erschien lächerlich, selbst bei ihm. Und es erschien auch vollkommen unmöglich. Trotzdem wurde ich den Verdacht nicht los. Ich hakte weiter nach. Und vor ein paar Wochen setzte ich unsere Danny hier darauf an. Ganz im Stillen. Es ist nicht nur möglich, ich bin mir verdammt sicher, dass es passiert ist.«
»Gütiger Himmel.« Pritchart starrte ihn an, noch niedergeschlagener – noch entsetzter –, als sie gewesen war, als sie erfuhr, dass Oscar Saint-Just sich entschieden hatte, Javier Giscard füsilieren zu lassen. Wobei er unausweichlich bemerkt hätte, dass sie Javier jahrelang gedeckt hatte.
»Wie kann er so etwas denn getan haben?«, fragte sie schließlich. »Nicht warum – wenn er es getan hat –, sondern wie ?«
»Mit dem richtigen Komplizen in der richtigen Position und der nötigen unglaublichen Dreistigkeit, es überhaupt erst zu versuchen, wäre es technisch gar nicht so schwer gewesen, die diplomatischen Noten auszutauschen«, sagte Usher. »Ich hatte schon weitgehend herausgefunden, wie er es angestellt haben könnte, ehe ich Danny mit einbezog, und sie hat weitgehend bestätigt, dass es tatsächlich – und fast mit Sicherheit – auf eben diese Weise bewerkstelligt wurde. Sie kann Ihnen die technischen Details geben, wenn Sie wollen. Grundsätzlich konnte Giancola ganz nach Gusto jedwede Version der vom Kabinett beschlossenen diplomatischen Noten hinausschicken. Schließlich ist er der Außenminister. Und so lange derjenige, der für ihn den Postboten spielte, ihn nicht auffliegen ließ, konnte niemand an unserem Ende der Kette wissen, dass Giancola vom vereinbarten Wortlaut abgewichen war. Darüber hinaus haben wir einen Weg herausgefunden, wie er Zugriff zum Prüfschlüssel des manticoranischen Foreign Office erhalten haben könnte, der Giancola ermöglicht hätte, auch die ankommende Korrespondenz zu manipulieren.«
»Das …« Pritchart hielt inne und atmete tief durch. »Das klingt nicht gut, Kevin. Besonders wenn ich bedenke, wie inoffiziell Sie diese Besprechung halten wollen. Wenn Sie all das herausgefunden haben und trotzdem noch nicht bereit sind, Anklage zu erheben oder Ihren Verdacht nur offen auszusprechen, dann muss noch irgendwo der Wurm drin sein. Richtig?«
»Richtig«, sagte Usher grimmig und winkte Abrioux. »Danny?«, bat er.
»Madame Präsidentin«, sagte Abrioux mit mehr als ein wenig nervöser Miene, »als Kevin … – der Direktor, meine ich – mir die ganze Sache erzählt hat, war ich mir nicht ganz sicher, ob er nicht vielleicht eine Schraube locker hat. Aber ich kenne ihn schon lange, und außerdem ist er mein Chef, deshalb musste ich die Möglichkeit, dass er doch recht haben könnte, ernsthaft in Betracht ziehen. Und je mehr ich mich mit der Sache beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass es tatsächlich genau nach seiner Hypothese ausgeführt worden sein konnte. Von Anfang an haben er und ich aber erkannt, dass Giancola nicht allein gehandelt haben kann; es hätte nicht ausgereicht, nur den elektronischen Nachrichtenverkehr zu manipulieren. Er musste wenigstens einen Komplizen aus Fleisch und Blut gehabt haben. Jemand, der ihn am anderen Ende deckt und den wahren Inhalt unserer tatsächlich hinausgehenden Noten und der eintreffenden manticoranischen Korrespondenz vor der gesamten Republik verbirgt.
Und kaum waren wir zu dieser Schlussfolgerung gekommen, als es klar war, wer dieser Komplize gewesen sein musste, wenn es ihn gab: Yves Grosclaude.«
»Unser ›Sonderbevollmächtigter‹«, sagte Pritchart und nickte grimmig.
Abrioux erwiderte das Nicken. »Genau. Dass er einen Komplizen hatte, war
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