Honor Harrington 17. Um jeden Preis
»Ich hatte mit deiner Mutter ein sehr interessantes Gespräch, als sie mir eröffnete, dass du nicht nur Hamish, sondern auch mich um meine Stimme für die Aufzeichnungen für Briarwood bitten wolltest. Was mir übrigens sehr viel bedeutet. Aber was deine Mutter zu mir sagte, war mir noch wichtiger. Hamish und ich haben dort nächste Woche einen Termin für uns.«
Honor benötigte einen Augenblick, um zu begreifen, was Emily gerade gesagt hatte. Dann begriff sie die verborgene Bedeutung.
» Emily! « Irgendwo fand sich Honor neben dem Schwebesessel auf den Knien wieder und hielt sich Emilys rechte Hand an die Wange, die sie mit beiden Händen umschlossen hatte. Die Tränen, die ihr in den Augen gebrannt hatten, als Hamish und Emily sie ›zu Hause‹ willkommen hießen, liefen ihr frei die Wangen hinunter, und auch Emily musste heftig blinzeln.
»Das ist ja wunderbar!«, rief Honor. »Ach, Emily! Ich wollte dir ja dringend das Gleiche vorschlagen, aber –«
»Aber du dachtest, ich wäre noch nicht bereit für den Gedanken«, unterbrach Emily sie, und die Energie ihres Glücksgefühls über Honors augenblickliche und offensichtliche Freude durchflutete die jüngere Frau. »Nun, das habe ich auch gedacht, wenn man es so sagen kann. Das war allerdings, ehe ich erfuhr, von wem du deine Starrsinnigkeit geerbt hast.«
»Starrsinnig bin ich nicht und war es auch niemals«, erwiderte Allison höchst würdevoll. »Entschlossen, nachdrücklich, eine mitleidsvolle Heilerin – stets eine mitleidsvolle Heilerin. Eindeutig engagiert. Verständnisvoll. Mit einer einmaligen Fähigkeit gesegnet, in jeder Situation sofort das glücklichste Ergebnis zu erkennen, das sich erzielen lässt. Immer voranstürmend in dem Versuch –«
»Definitiv eine Tracht Prügel«, entschied Alfred Harrington.
»Tyrann.« Allison schlug ihm sanft gegen die Schulter. »Lump. Schuft !«
»›Starrsinnig‹ ist wirklich ein sehr blasses Wort, um meine geehrte Mutter zu beschreiben«, sagte Honor, während sie sich auf die Hacken hockte, um Emily tief in die Augen zu sehen, und sich fragte, wie … nachdrücklich die ›Vorschläge‹ ihrer Mutter wohl ausgefallen sein mochten. »Ich habe oft gedacht, dass ›stur‹ die Sache viel besser trifft.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass sie auch dadurch solch eine erfolgreiche Ärztin ist«, erwiderte Emily. Ihr Glück und ihre tiefe Zufriedenheit bildeten eine unausgesprochene Antwort auf die Frage, die Honor nicht gestellt hatte.
»Ja, das stimmt«, räumte Honor ein. »Aber bist du sicher, dass du es willst? Ganz sicher?«
»Sicherer, als du es dir wahrscheinlich vorstellen kannst«, antwortete Emily leise.
»… also habe ich Briarwood angerufen und einen Termin vereinbart«, sagte Emily erheblich später, als sie zu fünft in ihrem persönlichen Salon bei Kaffee oder Kakao saßen und in das letzte Dämmerlicht hinausblickten. »Wer ist dein Arzt?«, fragte Honor.
»Illescue«, antwortete Allison an Emilys Stelle und verzog das Gesicht, als Honor sie ansah. »Ich hätte Womack oder Stilson vorgezogen, aber es konnte wohl nicht ausbleiben, dass Illescue sich selbst den Fall zuteilte. Und ich muss zugeben, er ist sehr gut in seinem Fach.«
»Mutter«, sagte Honor in halb anklagendem Ton, »als ich Dr. Illescue kennenlernte, erhielt ich den deutlichen Eindruck, dass ich nicht gerade zu seinen Lieblingspersonen in dieser Galaxis zähle. Das fand ich eigenartig, weil ich dem Mann noch nie begegnet bin. Gibt es da etwas, das du mir sagen solltest? Vielleicht etwas, das ich hätte wissen sollen, ehe ich nach Briarwood ging?«
»Sieh mich nicht an, Liebes«, sagte Allison und stieß ihrem Mann die Faust in die Rippen. »Dieser übergroße Halbwüchsige hier ist verantwortlich für jedwede leichte Feindseligkeit, die du vielleicht bemerkt hast.«
»Was soll das heißen?«
»Soll heißen, dass die beiden auf Beowulf zusammen Medizin studiert haben und nicht gerade die besten Freunde waren.«
»Daddy?« Honor sah ihrem Vater ins Gesicht, der mit den Schultern zuckte.
»Ich war nicht schuld«, versicherte er ihr. »Du weißt, was für ein unglaublich umgänglicher, freundlicher Mensch ich bin.«
»Ich weiß auch, woher ich mein Temperament habe«, entgegnete Honor ihm scharf.
»Habe ihn nie angerührt«, sagte Alfred Harrington tugendhaft. »Ich hab's zwar ein, zwo Mal überlegt, das gebe ich zu. Es ist schwer vorzustellen, dass jemand ein größerer Schnösel sein kann als Franz
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