Honor Harrington 17. Um jeden Preis
Anwesende lachten laut auf, darunter Renzo Kyprianou, dessen Biowaffen-Forschungsteams die fragliche Technik entwickelt hatten.
»Wenn diese Technik genauso gut funktioniert wie in den Erprobungen und wirklich so gut wie unmöglich zu entdecken ist«, fuhr sie ernster fort, »dann könnte die Zeit reif sein, dass wir sie in speziellen Fällen gezielt einsetzen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Selbst wenn man auf den Gedanken kommt, dass jemand vorsätzlich die Attentate auslöst, könnte man trotzdem kaum Vorkehrungen dagegen treffen. Auf keinen Fall ohne Sicherheitsmaßnahmen, mit denen man seine eigene operative Fähigkeit lähmen würde. Mir fallen sowohl auf Manticore als auch auf Haven etliche prominente Personen ein, deren plötzliches und womöglich spektakuläres Ableben uns ziemlich gelegen käme. Besonders, wenn wir beide Seiten überzeugen könnten, dass die jeweils andere und keine dritte Partei dafür verantwortlich ist.«
»Darüber muss ich nachdenken«, sagte Detweiler nach kurzem Überlegen. »Meiner Meinung nach waren Ihre ursprünglichen Argumente, uns mit der Anwendung zurückzuhalten, keineswegs von der Hand zu weisen. Was Sie nun vorgeschlagen haben, ist jedoch ebenfalls fundiert. So etwas in der Hinterhand zu haben, als völlige Überraschung, ist immer eine große Versuchung. Aber hält man es zu lange in Reserve, dann benutzt man es am Ende vielleicht niemals.«
Er schürzte sekundenlang die Lippen, dann zuckte er die Achseln.
»Jerome, wir werden darüber diskutieren. Wägen Sie das Für und Wider ab, und besprechen Sie sich mit Isabel, ehe sie aufbricht. Stellen Sie eine Liste möglicher Ziele zusammen – keine lange, ich möchte mit dieser Methode nicht mehr protzen als unbedingt nötig, so unwahrscheinlich es auch ist, dass jemand herausfindet, wie sie funktioniert. Zumindest können wir die grundsätzlichen Vorarbeiten leisten und Renzos nach den besten … Trägern suchen lassen.«
»Wie Sie wünschen, Albrecht.«
»Gut!« Detweiler schlug beide Hände auf die Tischplatte und stand auf. »Und jetzt verschwinden wir hier. Evelina hat einen brandneuen Chefkoch, und ich glaube, Sie werden alle erstaunt sein, was er aus Alterde-Langusten zaubern kann!«
3
Das Innere der Protector's Cathedral wirkte wie ein riesiges, lebendiges Schmuckkästchen.
Honor saß im Fremdenschiff links vom Hauptschiff, unmittelbar neben dem Sanktuarium. Sie, ihre Eltern und Geschwister, James MacGuiness, Nimitz und Willard Neufsteiler, alle in Harringtoner Grün, teilten sich die erste Bank des Schiffes mit dem manticoranischen und dem andermanischen Botschafter und den Konsuln der anderen Mitglieder der Manticoranischen Allianz. Die beiden Sitzreihen dahinter waren vollgestopft mit Offizieren in der Uniform des Protector's Own: Alfredo Yu, Warner Caslet, Cynthia Gonsalves, Harriet Benson-Dessouix und ihr Ehemann Henri, Susan Phillips und Dutzende andere, die zusammen mit Honor dem Gefängnisplaneten Hades entkommen waren. Die Uniformen und die förmliche Kleidung der Diplomaten in den Stilrichtungen eines halben Dutzends verschiedener Welten stachen aus der Menge heraus, aber jeder einzelne trug zusätzlich die dunklen, violett-schwarzen Armbänder oder Schleier der graysonitischen Trauerkleidung.
Dieser dunkle Hauch lief wie ein Strahl des Kummers durch die ganze Kathedrale, an den satten Edelsteinfarben der graysonitischen förmlichen Kleidung umso auffallender, und Honor schmeckte seinen Nachhall in den Gefühlen der Menschen ringsum. Die emotionalen Nebentöne der Kirche der Entketteten Menschheit waren immer wie ein tiefer, Zufriedenheit spendender Quell der Erneuerung und des Glaubens, den sie dank ihrer empathischen Verbindung zu Nimitz physisch erleben konnte. Heute aber stand ein Strang der Traurigkeit im Vordergrund, die aus jeder Ecke des weiten Domes heranfloss.
Am Boden standen strahlende Teiche aus dichtem, farbigen Sonnenlicht, das durch die gewaltigen, von Glasmalereien bedeckten Fenster der Ostmauer hereinfiel; mehr Licht strömte wie ein chromatischer Wasserfall durch das riesige, bemalte Dachfenster über dem Altarraum. Honor schmeckte die Trauer in den tiefen, stillen Lichtteichen und hellen Tentakeln aus Weihrauch, der auf ruhiger Orgelmusik dahintrieb. Die Trauer kam in unterschiedlichen Formen und Abstufungen von Menschen, die persönlich von Howard Clinkscales berührt worden waren, wie auch von Leuten, die ihn nur als ferne Gestalt gekannt hatten, und doch war
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