Honor Harrington 17. Um jeden Preis
zärtliche Belustigung anmerkte, lachte sie wieder in sich hinein. »Was ist mit deinem Implantat?«, fragte er nach kurzer Pause.
»Abgelaufen«, sagte sie. Sie drückte ihre Mutter noch einmal, dann richtete sie sich auf und zuckte mit den Achseln. »Wir hatten noch keine Zeit herauszufinden, wie genau es passiert ist, aber in meiner Patientenakte stand ein Fehler. Weder Dr. Frazier noch ich haben bemerkt, dass es schon vor Monaten abgelaufen ist.«
» Honor «, sagte Allison tadelnd. »Deine Eltern sind beide Ärzte. Wie oft hast du von uns gehört, dass der Patient genauso verantwortlich ist wie der Arzt, über solche Dinge Buch zu führen?«
»Ich weiß, Mutter. Ich weiß.« Honor schüttelte den Kopf. »Glaub mir, du kannst mir deswegen keine größeren Vorwürfe machen, als ich sie mir schon gemacht habe. Aber es passiert so viel …«
»Ja, das stimmt.« Allison berührte sie reumütig am Unterarm. »Und du brauchst dir von mir nicht auch noch Vorwürfe machen zu lassen. Ich glaube, das liegt an dem Schock zu erfahren, dass ich bald Großmutter bin.«
»Wirklich, Allison?«, fragte Alfred Harrington sanft, und seine Frau riss den Kopf zu ihm herum. Allison Chou Harrington war von Geburt nicht nur Beowulfianerin, sie stammte aus einer der großen medizinischen ›Dynastien‹ dieses Planeten. Für sie kam der Abbruch einer Schwangerschaft, es sei denn unter den denkbar ungewöhnlichsten Umständen, nicht in Betracht. Es war ein Relikt aus den barbarischen Zeiten, ehe die Medizin so viele Alternativen verfügbar gemacht hatte.
Sie wollte den Mund öffnen und bezwang sich sichtlich selbst. Honor spürte, wie sie ihren instinktiven, augenblicklichen Protest herunterschluckte. Dann atmete sie tief durch und wandte sich wieder an ihre Tochter.
»Werde ich Großmutter, Honor?«, fragte sie leise, und Honor empfand eine tiefe, plötzliche Aufwallung von Zuneigung zu ihrer Mutter, weil Allison die Frage ohne jede Spur von Druck zur einen oder anderen Richtung gestellt hatte.
»Ich weiß es nicht«, sagte Honor schließlich. Trotz aller Mühe, die Allison sich gab, flackerte Schmerz in ihren Augen auf. Honor schüttelte den Kopf. »Ich werde es nicht abtreiben, Mutter«, sagte sie. »Aber vielleicht bin ich nicht in der Lage, das Kind anzuerkennen.«
Allison runzelte die Stirn. »Mir ist klar, dass du in einer schwierigen Lage bist, Honor. Persönlich und politisch. Aber Hamish und du, ihr habt auch Pflichten.«
»Dessen bin ich mir voll bewusst, Mutter«, erwiderte Honor ein wenig schärfer als beabsichtigt. Als sie ihren Tonfall wahrnahm, entschuldigte sie sich mit einer raschen Gebärde. »Ich bin mir dessen bewusst«, fuhr sie ruhiger fort. »Und ich beabsichtige, meine Pflicht zu erfüllen. Aber ich muss alle möglichen Folgen berücksichtigen, auf persönlicher Ebene, nicht nur für das Kind oder für Hamish und mich, oder für … alle anderen. Und vielleicht wäre es die beste Alternative, wenn ich das Kind zur Adoption freigäbe.«
Während sie den letzten Satz sprach, begegnete sie ruhig dem Blick ihrer Mutter, und Allison sah sie für einen langen Moment ganz still an. Dann schüttelte sie den Kopf.
»Das würdest du zuallerletzt wollen, oder, Honor?«, fragte sie sehr, sehr leise.
»Ja«, gab Honor genauso leise zu. Sie holte tief Luft. »Ja, ich würde es wirklich nicht wollen«, sagte sie energischer, »aber vielleicht habe ich keine Wahl.«
»Du musst dich nur vor einem hüten«, sagte ihr Vater: »vor übereilten Entscheidungen. Wenn du die falsche Entscheidung triffst, verfolgt sie dich für immer. Das weißt du.«
»Ja, das stimmt. Trotzdem kann ich mit der Entscheidung nicht allzu lange warten. Ich werde in zwo Wochen versetzt, Daddy, und nicht an Bord eines Passagierschiffes. Selbst wenn die Vorschriften nicht Schwangerschaften an Bord ausnahmslos verbieten würden, wäre es sträflich fahrlässig, einen Fötus mit an Bord eines Kriegsschiffs zu nehmen.«
»Dennoch gibt es keinen medizinischen Grund zu übereilten Entscheidungen«, wandte er sanft ein. »Die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs hast du bereits ausgeschlossen. Offensichtlich bleiben damit eine In-vitro -Schwangerschaft oder eine Leihmutterschaft übrig. Deine Mutter ist Genchirurgin und keine Gynäkologin, aber sie bräuchte nur eine halbe Stunde für den Eingriff.«
»Da hast du recht«, sagte Honor. »Ich werde sie – oder ihn – in vitro zur Welt bringen. Und« – ihre Stimme bebte wieder, wenn auch nur
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