Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
schmollte Hamish, und Honor blickte das Kindermädchen erstaunt an.
» Lindsey lässt dich nicht? Das klingt mir verdächtig danach, als gehörte sie nun zum Inventar!«
»Das ist wohl so, Hoheit«, sagte Lindsey lächelnd. »Es sei denn natürlich, es wäre Ihnen nicht recht. Ihre Mutter sagte zu mir, dass Sie Hilfe brauchen würden, da Sie zurzeit sehr beschäftigt seien, und da sie mich – wie sie so charmant ausdrückte – bereits ›abgerichtet‹ habe, hielt sie es für besser, wenn ich Ihnen und Lady Emily weiterhin zur Verfügung stände.«
»Natürlich ist mir das lieber! Aber kann Mutter Sie denn wirklich bei den Zwillingen entbehren?«
»Ich gebe zu, dass ich die beiden vermissen werde«, gab Lindsey zu, »aber es nicht so, dass ich sie nicht mehr oft zu Gesicht bekäme, oder? Und Ihre Mutter hat Jenny, ganz zu schweigen von den Hauslehrern und Waffenträgern, um sie im Auge zu behalten. Selbst ein Paar Siebenjährige werden Schwierigkeiten haben, sie allesamt zu zermürben.«
»Wenn Mutter sich da sicher ist, dann erhebe ich ganz bestimmt keine Einwände!«
»Und wenn du so blöd gewesen wärst, hätten Hamish und ich dir einen über den Kopf gegeben und dich irgendwo weggesperrt, bis du wieder zu Verstand gekommen wärst«, erklärte Emily friedlich.
»Spencer hätte das nicht erlaubt«, widersprach Honor.
»Spencer«, entgegnete Miranda und setzte sich auf einen freien Stuhl, »hätte ihnen geholfen. Und wenn nicht, dann ich.«
Mit einem Blieken zufriedener Zustimmung sprang Farragut ihr auf den Schoß, und Honor lachte.
»Schon gut! Schon gut! Ich ergebe mich.«
»Gut«, sagte Emily und blickte Hamish an. »War das Gemetzel in der Admiralität, als Honor nicht pünktlich kam, sehr schlimm?«
»Eigentlich nicht.« Hamish trank von seinem Bier und lachte. »Ich habe gerade mit Tom Caparelli gesprochen. Von ihm weiß ich, dass Elizabeth mit Honor einer Meinung war. Sie hatte nicht gewusst, wie sehr Honor zu spät kam, und sagte etwas von Sternkammern, Oublietten, Wasser und Brot und Scharfrichtern für jeden, der Honor vor morgen früh von Katherine trennen will.«
»Das gilt doch hoffentlich nicht nur für Katherine «, entgegnete Emily mit einem verstohlenen Grinsen, und Hamish lachte leise auf.
»Wahrscheinlich nicht«, stimmte er ihr zu. »Wahrscheinlich nicht.«
»Willkommen zurück an Bord, Admiral«, sagte Captain Houellebecq leise, als die Seite von RHNS Guerriere hinter Lester Tourville abtrat.
»Danke, Celestine.«
Tourville blickte Houellebecq ruhig in die blauen Augen, während er ihr die Hand schüttelte. Er war sich der Fragen hinter dem aufmerksamen Gesichtsausdruck seiner Flaggkommandantin sehr wohl bewusst, aber weniger sicher, ob er auf jede davon eine Antwort geben konnte.
Verunsicherung und Schock waren zwei Gefühle, an die er nicht gewöhnt war, doch sie beschrieben seine erste Reaktion auf die Besprechung im Oktagon recht umfassend. Er hatte sich keine Illusionen gemacht, Lovat war ein einziges Desaster gewesen, und der Verlust vieler Freunde – einschließlich Javier Giscards, der mit der gesamten Crew der Sovereign of Space gefallen war – hatte ihn mit quälender Gewalt getroffen. Seine schlimmsten Albträume verblassten jedoch vor den neuen Waffensystemen, deren Existenz Manticore offenbart hatte. Die Berichte darüber riefen alte Albträume wieder wach, Albträume aus der Zeit, als er und Javier zusehen mussten, wie Unternehmen Butterblume sie überrollte, während sie darauf warteten, ausgerechnet das Sonnensystem verteidigen zu müssen, in dem Javier nun den Tod gefunden hatte.
Und dann, direkt auf den Fersen der niederschmetternden Neuigkeit, hatte Thomas Theisman die anstehende Operation vorgestellt. Das Oktagon hatte seine Karten wochenlang nicht aufgedeckt, während Tourville sich fragte, weshalb so viele seiner Schiffe so weit nach vorn verlegt wurden. Nun wusste er Bescheid: Auf diese Weise stand er um wenigstens fünfzehn Tage dichter am Manticore-System. Er räumte ein, dass ihn dieser Gedanke nicht gerade beruhigte. Andererseits hatte er sich im Laufe der letzten Jahre etliche beunruhigende Gedanken machen müssen. Und immerhin bewies Theismans ›Unternehmen Beatrice‹ eine beeindruckende Dreistigkeit, auch wenn die Entscheidung, es tatsächlich auszuführen, der Verzweiflung entsprang. Dennoch, wenn Theismans Annahmen bezüglich der Verfügbarkeit der neuen Waffen bei den Manticoranern zutrafen – und das Planungsamt stimmte
Weitere Kostenlose Bücher