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Honor Harrington 5. Im Exil

Honor Harrington 5. Im Exil

Titel: Honor Harrington 5. Im Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Mueller ging an seinen Schreibtisch und schaltete das Com ein. Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht eines Mannes in den Farben der Gutsgarde von Mueller, Gelb und Rot. Bevor der Waffenträger den Mund öffnen konnte, ergriff Mueller das Wort.
    »Schaffen Sie Ihre Teams nach Burdette und bringen Sie sie in Position«, befahl er kühl.
     
    Die Zellentür öffnete sich.
    Martins Kopf fuhr hoch, und als er die Männer in der Türöffnung erkannte, riß er weit die Augen auf – die vor lauter Grauen und der Bürde quälender Schuld matt waren. Benjamin IX., Protector von Grayson, und Jeremiah Sullivan, Zweiter Ältester der Sakristei, blieben vor ihm stehen und musterten ihn. Irgendwie fand Martin die Kraft, vom Stuhl aufzustehen; den Blick zu erheben, das schaffte er nicht, aber wenigstens trat er ihnen auf den eigenen Füßen stehend gegenüber.
    »Edward Julian Martin«, wandte sich Ältester Sullivan mit unheilverkündender Stimme an ihn, »wissen Sie, was Sie heute abend getan haben?«
    Er versuchte zu antworten. Aufrichtig bemühte er sich, aber die Worte blieben ihm im Halse stecken. Er spürte, wie ihm die Tränen die Wangen hinunterliefen, und alles, was er tun konnte, war zu nicken.
    »Dann wissen Sie auch, was Sie in den Augen des Herren und nach dem Gesetz des Menschen über sich gebracht haben«, antwortete Sullivan. Martin nickte erneut, worauf der Zweite Älteste nähertrat. »Sehen Sie mich an, Edward Martin«, befahl er, und Martin mußte ihm gegen den eigenen Willen gehorchen. Er starrte in die dunklen, von buschigen Brauen überwölbten Augen, und was er darin erkannte, ließ seine Seele verdorren.
    »Zu meiner Schande«, fuhr der Zweite Älteste mit seiner langsamen, kalten Stimme fort, »kann ich Ihnen Ihre Tat nicht vergeben. Was Sie heute abend getan haben – und was Sie zu tun versuchten …« Er schüttelte langsam den kahlen Kopf und atmete tief durch. »Und doch benötigen Sie meine Vergebung überhaupt nicht. Was auch immer wir, die wir der Vaterkirche dienen, denken oder fühlen: wir sind doch zuallererst die Diener Gottes. Gott kann vergeben, was der Mensch nicht zu verzeihen vermag. Wollen Sie gegenüber den zeitweiligen, weltlichen Herren von Grayson Ihre Sünden bekennen, Edward Martin, und Gott um Seine unermeßliche Gnade anrufen?«
    Das weiße, tränenüberströmte Gesicht des Gefangenen verzerrte sich. Der letzte Rest seines Bedürfnisses zu glauben, er hätte recht gehandelt, er hätte in der Tat die Stimme Gottes vernommen, focht wider die furchtbare Ahnung, daß er sich geirrt hatte. Und schließlich ließ er sich langsam vor Sullivans Füßen auf die Knie sinken und beugte das Haupt.
    »Ja.« Er sprach mit zittriger, gebrochener Stimme, in der all die peinigende Schuld lag, die ihn ausfüllte. »Hören Sie meine Beichte, Zweiter Ältester.« Er flüsterte die Worte, die er in seinem Leben so oft zu einem Priester gesagt hatte, und er tat es mit einem verzweifelten Drang, den er selbst in seinen schlimmsten Alpträumen niemals für möglich gehalten hätte. »Helfen … helfen Sie mir, Gottes Vergebung zu finden, denn ich habe in der Prüfung versagt, die er mir sandte, und ich fürchte mich.«
    »Legen Sie Ihre Beichte freiwillig vor den weltlichen Mächten von Grayson ab und entbinden Sie mich vom Siegel des Beichtgeheimnisses?« fragte Sullivan.
    »Ich …« Martin schluckte und sammelte all seine Kraft für das Bemühen, seine Sünde in jeder elenden Weise, die ihm noch zu Gebote stand, wiedergutzumachen. »Ich entbinde Sie«, flüsterte er, und der Zweite Älteste griff in die Tasche seiner Soutane. Er zog die scharlachrote Stola der Vaterkirche hervor und legte sie sich um den Hals. Als er weitersprach, klang seine Stimme nicht weniger unversöhnlich und trotzdem von dem Erbarmen berührt, zu dem er berufen war.
    »Dann beginnen Sie, Edward Martin, und wenn Ihnen etwas an Ihrer unsterblichen Seele und Ihrem Platz im Himmelreich liegt, so möge Ihre Beichte wahr und vollständig sein, auf daß Sie der allumfassenden Gnade unseres Herrn teilhaftig werden.«
     

29
    Das Flüstern der Gespräche zwischen den wartenden Gutsherren wirkte leise und verloren. Niemand wagte die Stimme zu erheben, und die Atmosphäre in der alten, hufeisenförmigen Konklavekammer war zum Zerreißen gespannt. Niemand wußte, was an diesem Tag hier geschehen würde, aber jeder fürchtete sich davor.
    Die Geschehnisse auf dem Gut von Harrington lasteten schwer auf allen Gemütern. Seit den ersten,

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