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Honor Harrington 5. Im Exil

Honor Harrington 5. Im Exil

Titel: Honor Harrington 5. Im Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Herausforderung zu verwirken, deshalb hatte er einen seiner Waffenträger nach seinem Schwert schicken müssen. Wie günstig, daß er es mit in die Hauptstadt gebracht hatte. Das tat er selbstverständlich stets, wenn er nicht wußte, wie lange er sich dort aufhalten würde, denn er trainierte regelmäßig. Aber nein, es handelte sich nicht um Glück oder die Gunst des Schicksals, sondern um einen Bestandteil des göttlichen Plans, ihn zum Schwert des Herrn zu machen.
    Ein Raunen erhob sich unter den Gutsherren, die über ihm saßen, nein, hockten wie verängstigte Vögel, als die Kammertüren sich erneut öffneten. Burdettes Waffenträger kam herein und brachte das in der Scheide steckende Schwert der Burdettes, den Stahl, den vierzig Generationen von Gutsherren ihr eigen genannt hatten. Fitzclarance streckte die Hand aus, und der abgeschabte Griff glitt wie ein alter, vertrauter Freund in seine Hand. Dann wandte sich Burdette der Hexe zu.
    Sie wartete stehend auf ihn, schon seit er nach seinem Schwert geschickt hatte. Das Staatsschwert stützte sie vor sich auf den Steinboden, die Hände hatte sie über dem Knauf gefaltet. Ihre Miene war völlig ohne Ausdruck: keine Furcht, kein Haß, keine Sorge, nicht einmal Wut. Nichts – nur diese kalten, unbewegten Augen.
    Burdette erschauerte plötzlich und unerwartet, als er den Blick dieser Augen unverwandt erwiderte, denn ihre Leere enthielt etwas Furchterregendes. ›Ich bin der Tod‹, schienen sie sagen zu wollen, aber nur einen Augenblick lang. Nur, bis er sich seiner Fertigkeit erinnerte, und dann schnaubte er verächtlich. Diese Unzucht treibende Schlampe glaubte, sie sei der Tod? Er kräuselte die Lippe und spuckte auf den gebohnerten Boden. Sie war die Dirne des Teufels, und ihre Augen waren nur Augen, ganz gleich, mit welchen Lügen sie ihn zu bezaubern suchte. Es war aber die Zeit gekommen, da sie für immer geschlossen werden sollten, und mit einem Flüstern von Stahl zog Burdette das Schwert blank.
    Honor sah Burdette das Schwert aus der Scheide ziehen und betrachtete das Glitzern seiner Schneide. Wie die alten japanischen Klingen, denen sie so sehr ähnelten, waren die graysonitischen Schwerter das Werk von Künstlern, die wußten, daß die Perfektion ein unerreichbares Ziel darstellte, ihm aber dennoch nahezukommen suchten. Mehr als ein Jahrtausend hatten sie ihre Kunst gepflegt und verbessert, und selbst heutzutage schmiedeten die wenigen, die es noch gab, den glühenden Stahl Schlag für Schlag auf dem Amboß. Jede Klinge falteten sie immer wieder und verliehen ihr dadurch ihre großartige Härte, dann schliffen sie sie zu einer Schärfe, der nur wenig nahekam und die jedes Rasiermesser übertraf. Allein die Perfektionierung seiner Funktion bedingte die Form, die dem Schwert diese tödliche Schönheit schenkte.
    Unbestreitbar hätte die moderne Technik jene Schwerter duplizieren können, doch waren sie ganz einfach kein normales Produkt einer modernen Technologie. Die Situation war grotesk: ein moderner Flottenoffizier trat einem mordlustigen religiösen Eiferer zum Gottesurteil mit einer Waffe gegenüber, die bereits fünf Jahrhunderte veraltet war, als der Mensch von der Alten Terra zu den Sternen aufbrach. Dennoch genoß in diesem Moment alles eine undefinierbare Richtigkeit. Honor wußte, daß Burdette weitaus erfahrener war als sie, daß er seine Fertigkeit jahrelang auf den Fechtböden von Grayson trainiert hatte, und sie spürte am ganzen Leib die Aufwallungen durchdringenden Schmerzes, denn sie war viel zu übel zugerichtet, um einen Kampf wie diesen zu führen. Aber das vermochte nicht das geringste an ihrem seltsamen, ungetrübten Gefühl der Richtigkeit zu ändern.
    Sie schüttelte ihre Schuhe ab und trat vor. Das Kleid wirbelte ihr um die Beine, und ihre Strümpfe verursachten auf dem Steinfußboden nicht das geringste Geräusch. Trotz ihrer Erschöpfung war ihr Verstand so ruhig wie ihr Gesicht. Sie nahm ihre Position direkt vor Benjamins Thron ein und wußte genau, daß jeder Mann in diesem gewaltigen Saal nun erwartete, sie sterben zu sehen.
    Doch bei all seiner Selbstsicherheit hatte Burdette eins vergessen – vorausgesetzt, er hatte es je gelernt –, etwas, dessen sich Honor nur zu gut bewußt war. Er glaubte, der Kampf würde sich wie im Fechtsaal abspielen. Aber sie waren auf keinem Fechtboden, und im Gegensatz zu Burdette wußte Honor, wo sie sich befanden, denn sie war schon einmal hier gewesen – und er nicht. Er hatte Mordtaten in

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