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Honor Harrington 5. Im Exil

Honor Harrington 5. Im Exil

Titel: Honor Harrington 5. Im Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Herzen. Und unwürdig wie wir sind, bitten wir Dich, leihe unseren Führern Deine Weisheit, ganz besonders dieser Gutsherrin, auf daß ihre Leute unter ihrer Herrschaft gedeihen und immer im Glanz Deiner Gnade wandeln. Im Namen des Prüfers, des Fürbitters und des Trösters, Amen.«
    Ein inbrünstig widerhallendes ›Amen‹ antwortete ihm, und Honor fiel darin ein. Sie war nicht zur Kirche der Entketteten Menschheit übergetreten – auch darüber erbosten sich die Straßenprediger sehr –, dennoch respektierte sie die Glaubensgemeinschaft ebenso wie die persönlichen Überzeugungen von Menschen wie Reverend Hanks. Einige Elemente der Kirchendoktrin flößten ihr Unbehagen ein, doch trotz allem unterschwelligen Sexismus war die Kirche eine vitale, wandlungsfähige Einheit und Kern des graysonitischen Lebens; die Glaubensgrundsätze waren weniger rigide und unverrückbar als die mancher anderen Religion.
    Durch ihr Interesse an Militärgeschichte wußte Honor nur zu gut, wie oft Bigotterie und religiöse Intoleranz ihren Preis in Blut und Greueltaten gefordert hatten und wie selten ein einzelner Glaube sich allgemeiner Akzeptanz erfreute, ohne zum Instrument der Unterdrückung zu degenerieren. Sie wußte, wie fanatisch die Kirche der Entketteten Menschheit ursprünglich gewesen war, als sie sich den Staub Alterdes von den Sandalen schüttelte und dazu ansetzte, auf diesem wunderschönen, aber leider tödlichen Planeten eine perfekte Gesellschaft zu gründen. Irgendwie hatte es die Kirche jedoch selbst hier zu vermeiden gewußt, repressiv zu werden. Das war allerdings in der Vergangenheit nicht immer so gewesen. Honor wußte das, weil sie sich dem Studium der graysonitischen Geschichte noch intensiver gewidmet hatte als sie sich früher einmal mit der manticoranischen Vergangenheit beschäftigte. Etwas anderes wäre ihr gar nicht übrig geblieben, denn sie mußte die Menschen kennen und verstehen, zu deren Herrscherin sie durch einen Zufall ausgewählt worden war.
    Daher wußte sie von den Zeiten, in denen die Kirche in der Tat verknöchert gewesen war, als sich die Doktrin zum Dogma verhärtet hatte. Aber diese Perioden hielten niemals lange an, und das erschien bei Menschen, die derart traditionalistisch gesinnt waren wie die Graysons, um so verwunderlicher.
    Vielleicht lag es an den Lehren, welche die Kirche aus den Schrecken des Graysonitischen Bürgerkriegs gezogen hatte. Damals kam mehr als die Hälfte der Planetenbevölkerung zu Tode. Mit Sicherheit hatte diese schmerzhafte Lektion sich tief in das Bewußtsein der Graysons verwurzelt, und doch glaubte Honor, das könne nur die halbe Antwort sein – die andere Hälfte war in der Welt zu finden, auf der sie lebten.
    Grayson war der schlimmste Feind seiner Bevölkerung, eine unsichtbare Bedrohung, die unablässig darauf lauerte, den Unvorsichtigen zu vernichten. Solche Welten gab es freilich nicht nur im Jelzin-System. Jedes Weltraumhabitat bot seinen Bewohnern zahllose Gelegenheiten, das eigene Verderben heraufzubeschwören, und viele Planeten waren ähnlich gefährlich, wenn auch in weniger heimtückischer Weise. Oft wurden die Menschen, die in einer solchen Umwelt leben mußten, entweder zu Sklaven derjenigen Traditionen, die ihres Wissens mit dem Überleben gleichzusetzen waren, oder sie entwickelten eine nahezu instinktive Abneigung gegen jede Form von Überlieferung und befanden sich auf einer ewigen Suche nach besseren Möglichkeiten, den Fortbestand der Kolonie sicherzustellen. Die Graysons waren deswegen eine Besonderheit, weil sie es in gewisser Weise geschafft hatten, beide Möglichkeiten miteinander zu vereinen. Sie klammerten sich zwar an bewährte und für gut befundene Verhaltensweisen, aber zusätzlich waren sie in einem Ausmaß für neue Methoden empfänglich, das sogar die Innovationsfreudigkeit der Manticoraner übertraf – denn das Manticore-System bot drei bewohnbare Welten, die allesamt die Menschheit willkommen geheißen hatten.
    Als die Stille nach dem Gebet allmählich durch die Unruhe der Menschen gebrochen wurde, hob Honor den Kopf und spürte einmal mehr die Dynamik dieses eigenartigen, entschlossenen Volkes, das nun ihres war. Sie nahm das Gleichgewicht zwischen Tradition und Identitätssinn auf der einen und der Notwendigkeit, zu expandieren und zu experimentieren, auf der andern wahr – ein merkwürdig zu Kopfe steigendes Gebräu, um das sie ihre Untertanen beneidete. Als sie sich ihnen zuwandte und neuer Jubel aufbrandete,

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