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Honor Harrington 5. Im Exil

Honor Harrington 5. Im Exil

Titel: Honor Harrington 5. Im Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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angespannt und am ganzen Körper bebend die Zähne. Eine innerliche Unsicherheit, die zu lindern nicht einmal Nimitz imstande war, durchdrang sie bis ins Mark. Sie kämpfte dagegen an wie gegen ein Monstrum, aber das schreckliche Gefühl trotzte ihrem Ansturm und wich nicht zurück. Weiß und verkrampft spiegelte sich ihr Gesicht im Fenster. Honor wußte auf die Fragen, die an ihrem Verstand zerrten, keine Antwort.
    Schließlich rang sie sich die Worte ab: »Ich bin … ich bin nicht sicher, ob ich je wieder Offizier sein sollte , Sir.« Noch nie war es ihr so schwergefallen, etwas zuzugeben, aber sie konnte sich nicht über die Notwendigkeit hinwegtäuschen.
    »Wieso?« fragte Matthews einfach, und bei dem vorurteilslosen Ton seiner Stimme krümmte sich ihre verwundete Seele zusammen.
    »Ich … war – in letzter Zeit …« Sie verstummte und atmete tief durch, dann drehte sie sich zu ihm um. »Um andere zu befehligen, muß ein Offizier zunächst über sich selbst gebieten.« Sie glaubte, sie müßte jeden Moment weiche Knie bekommen, aber ihre Stimme war ganz ruhig, und sie brachte fest und klar vor, was sie zu sagen hatte. »Man muß in der Lage sein, die Aufgabe zu verrichten, bevor man sie übernimmt, und ich bin mir nicht sicher, ob ich das noch kann.«
    Wesley Matthews nickte. Mit aufmerksamen, haselnußbraunen Augen musterte er ihr Gesicht. In all den Jahren hat sie gelernt, die Maske der Kommandierenden zu tragen , dachte er. Doch heute zeigte sich der Schmerz, und Matthews schämte sich, daß er diese Qual über sie brachte. Das war nicht die kühle, ganz auf ihre Aufgabe konzentrierte Kriegerin, die seine Heimatwelt vor religiösen Fanatikern beschützt hatte, welche über die fünffache Kampfkraft verfügten. Auch damals hatte sie Angst gehabt, das wußte Matthews; die Regeln des Spiels hatten von ihnen beiden verlangt, etwas anderes vorzugeben. Aber sie hatte nicht die Furcht empfunden, die sie heute plagte. Damals hatte sie sich vor dem Tod gefürchtet und davor, in der beinahe hoffnungslosen Mission zu versagen, die sie auf sich genommen hatte, aber nicht davor, daß die Aufgabe ihr mehr Mut abverlangen könnte als sie aufzubieten vermochte.
    Honor wandte sich ihm wieder zu und suchte seinen Blick. Damit gestand sie ein, seine Gedanken zu kennen; die Verstellung war heute fehl am Platz. Matthews fragte sich, ob sie sich dieser Furcht jemals zuvor hatte stellen müssen. Trotz ihrer jugendlichen Erscheinung war sie drei Jahre älter als er, aber drei Jahre mehr oder weniger spielten keine Rolle. Jedoch wollte es ihm in diesem Augenblick vorkommen, als wäre sie wirklich so jung, wie sie aussah. Das liegt an ihren Augen , dachte er. An der Ehrlichkeit, mit der sie zugab, die Antworten nicht mehr zu kennen, an dem bittenden Blick, mit dem sie ihn anflehte, ihr bei der Suche zu helfen. Ihre Unentschiedenheit, ihre »Schwäche« beschämte sie, als merkte sie nicht, wieviel Stärke es kostete, die Unsicherheit zuzugeben, anstatt vorzutäuschen, sie nicht zu empfinden.
    Matthews biß sich auf die Lippe und begriff, wie recht der Protector gehabt hatte, als er ihn zuvor daran hinderte, ihr das Patent schon vor Monaten anzubieten: nicht, weil sie die Aufgabe nicht erfüllen konnte, sondern weil sie sich vor dem Versagen fürchtete. Sie hätte das Angebot abgelehnt, und mit dieser Ablehnung wäre ihre Karriere für immer vorüber gewesen. Unfähigkeit, gleichgültig ob echt oder eingebildet, konnte nicht mehr überwunden werden, sobald ein Offizier tief in seinem oder ihrem Innern erst einmal akzeptiert hatte, die eigene Pflicht nicht mehr erfüllen zu können. Dieser Schaden war fast immer von Dauer, denn man fügte ihn sich selbst zu, und was man sich selbst antat, das vermochte ein anderer nur schwer zu heilen.
    Aber noch tagte Lady Harringtons innere Jury, noch war das Urteil nicht gefällt. Als sie mit geplagtem Blick in Matthews’ Augen sah, ohne zurückzuschrecken, wußte er, daß die endgültige Entscheidung ebenso in seinen wie in ihren Händen lag. Er war es, der die Entwicklung so weit vorangetrieben hatte, daß die Entscheidung nun bevorstand, die so nötig und erforderlich war. Und mit einemmal wünschte er sich, es nicht getan zu haben.
    Aber ein Zurück gab es nicht.
    »Mylady«, sagte er ruhig, »den Mut, den ein Offizier Ihres Kalibers aufbringen muß, um solche Unsicherheit zuzugeben – den kann ich nur bewundern. Aber ich glaube, daß Sie sich selbst zu hart beurteilen. Selbstverständlich

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