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Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden

Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden

Titel: Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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blickte in die andere Richtung. Panzerstahl ist nahezu unzerstörbar, und die Rückseite von Branscombes Helmschale bestand aus dicker Panzerung; deshalb konnte er nur in dem kleinen Helmdisplay beobachten, was hinter ihm vorging, und genau darauf blickte er gerade. Caslet trat zur Seite, um an dem Marine vorbeisehen zu können. Zwei weitere Marineinfanteristen kamen durch die Röhre und brachten einen Mann und eine Frau in schmutzigen Bordkombinationen mit sich.
    »Sind das befehlshabende Offiziere?« fragte Caslet kühl.
    »Nein, Sir … – Bürger Commander, meine ich.« Der Marine verzog das Gesicht. »Wenn sie die Wahrheit sagen, gehören sie nicht einmal zur Besatzung.«
    »Natürlich nicht«, sagte Caslet ironisch.
    »Ich glaube ihnen sogar, Skipper.« Caslet sah den Bürger Captain fragend an, und Branscombe ruckte mit dem Kopf zur Seite, eine Gebärde, die jemand in einem Panzeranzug macht, wenn er eigentlich mit den Schultern zucken will. »Warum, das sehen Sie sofort«, fügte er grimmiger hinzu.
    Caslet runzelte skeptisch die Stirn, sagte aber nichts, während die Marines und die Gefangenen die Röhre verließen. Dann, als ihm das Aussehen der Gefangenen richtig zu Bewußtsein kam, erstarrte er.
    Die Prolong-Behandlung machte es grundsätzlich schwierig zu beurteilen, wie alt jemand war, aber der Mann vor ihm hatte einige graue Strähnen im Haar und einen zerzausten Bart. Das Gesicht war hohlwangig, und die großen schwarzen Ringe unter seinen Augen waren nicht zu übersehen. Eine häßliche, frische Narbe verunstaltete seine rechte Wange. Tatsächlich, so stellte Caslet fest, setzte sie sich über die Kopfseite fort, und das rechte Ohrläppchen fehlte ganz. Die Frau war vermutlich jünger, aber das ließ sich nur schwer sagen. Sie mußte einmal recht attraktiv gewesen sein, das sah man trotz ihrer schmutzigen Haut und dem fettigen Haar, aber sie war noch abgezehrter als ihr Begleiter und hatte die gehetzten Augen eines in die Ecke getriebenen Tieres. Überallhin huschte ihr unsteter Blick und gab auf jeden Schatten acht. Caslet verspürte den plötzlichen Drang, einen Schritt vor ihr zurückzuweichen. Sie strahlte gefährliche, halbverrückte Mordlust aus, und ihr Mund war zu einem verächtlichen Grinsen erstarrt.
    »Bürger Commander Caslet«, sagte Branscombe bedächtig, »erlauben Sie mir, Ihnen Captain Harold Sukowski und Commander Christina Hurlman vorzustellen.« Die Augen des Mannes flackerten, aber er brachte ein höfliches Nicken zustande. Die Frau rührte sich kein bißchen, und als der Mann – Sukowski – ihr einem Arm um die Schultern legte, erstarrte sie.
    »Bürger Commander«, sagte Sukowski rauh, und Caslet blickte ihn scharf an, als er den Akzent hörte, »ich hätte niemals gedacht, froh zu sein, die Volksflotte zu sehen, aber ich bin’s. Ganz bestimmt bin ich das.«
    »Sie sind Manties«, stellte Caslet leise fest.
    »Jawohl, Sir.« Die Frau schwieg weiterhin. Nur ihre Augen bewegten sich und zuckten hin und her, als wären sie selbst gefangene Tiere. Sukowski zog sie enger an sich. »Kapitän von RMMS Bonaventure . Das hier …« – seine Stimme schwankte, und er riß sich zusammen – »ist mein Eins-O.«
    »Was in Gottes Namen haben Sie da drüben verloren?« verlangte Caslet zu wissen und wies mit einer Armbewegung auf das Wrack jenseits des Galerieschotts.
    »Vor vier Monaten haben die Piraten im Telmach-System mein Schiff gekapert.« Sukowski blickte sich auf der Galerie um und sah dann Caslet flehend an. »Bitte, Bürger Commander. Sie müssen doch einen Arzt an Bord haben.« Caslet nickte, und Sukowski räusperte sich. »Dürfte ich Sie bitten, ihn zu rufen? Chris hat … Schlimmes durchgemacht.«
    Caslet warf einen Blick auf die Frau, und als er sich erinnerte, was die gleichen Piraten an Bord der Erewhon verbrochen hatte, rebellierte sein Magen. Ein ganzes Dutzend Fragen fuhr ihm durch den Kopf, aber es gelang ihm, sie alle zurückzudrängen.
    »Selbstverständlich.« Er nickte einem der Marines zu, der Hurlman sanft am Ellbogen ergriff, um sie zum Lift zu führen. Als er sie berührte, zerbarst die Bewegungslosigkeit in einem Ausbruch der Gewalt. Völlig witzloser Gewalt – der Marineinfanterist steckte im Panzeranzug und hatte das Visier noch geschlossen –, aber trotzdem sprang Hurlman ihn mit bloßen Händen und Füßen an. Die völlige Geräuschlosigkeit ihres Angriffs war beinahe ebenso gespenstisch wie die Wut, mit der sie gegen den Marine anging. Wäre der

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