Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
Wirtschaftswissenschaftler seit dem unglückseligen Zwischenfall auf Grayson dieses Gefühl versagt geblieben war.
»Harrington«, sagte der Magnat leise und beobachtete, wie seinem Gegenüber unverzüglich die Wut ins Gesicht stieg, als der Name fiel.
» Harrington? Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen! Die Frau hat doch völlig den Verstand verloren!«
»Eben. Waren wir nicht gerade übereingekommen, daß wir so jemanden brauchen?« entgegnete Hauptmann. »Wie Sie bestimmt wissen, hatte ich in der Vergangenheit selber Probleme mit ihr, aber ob sie nun noch alle Tassen im Schrank hat oder nicht, sie hat eine wahnsinnige Kampferfahrung. Ich würde sie niemals für einen Einsatz vorschlagen, bei dem man tatsächlich den Überblick über das Gesamtbild benötigt oder gar nachdenken muß, aber für eine Aufgabe wie diese ist sie nachgerade ideal.«
Housemans Nasenflügel bebten; seine Wangen leuchteten knallrot. Von allen Menschen im ganzen Kosmos haßte er Honor Harrington am meisten – was Hauptmann ganz genau wußte. Und so wenig er auch mit Houseman in allen anderen Belangen übereinstimmte: in bezug auf dessen Einschätzung Harringtons gab er dem Ökonomen vollkommen recht.
Im Gegensatz zu Houseman neigte er jedoch nicht dazu, sie zu unterschätzen – diesen Fehler hatte er einmal begangen –, aber andererseits brauchte er sie auch nicht zu mögen. Vor acht T-Jahren hatte Harrington ihn in tiefe Verlegenheit gestürzt und ihm immense finanzielle Verluste verursacht, indem sie die Verwicklung seines Kartells in einen Plan der Haveniten aufdeckte, die die Kontrolle über das Basilisk-System an sich bringen wollten. Nicht etwa, daß Hauptmann über die Tätigkeit seiner Angestellten auch nur ansatzweise informiert gewesen wäre … und glücklicherweise war es ihm gelungen, vor Gericht seine Unkenntnis zu beweisen, aber seine Unschuld hatte ihn nicht vor der Zahlung massiver Strafgelder bewahrt – oder davor, daß der gute Name seines Kartells in den Schmutz gezogen wurde, Und damit auch sein eigener.
Klaus Hauptmann gehörte nicht zu den Menschen, die Einmischungen gleichmütig hinnahmen. Dessen war er sich bewußt, und er gab auf intellektueller Ebene sogar zu, daß dies eine seiner Schwächen war. Aber auch Hauptmanns Stärke fußte auf seinem Willen zur Autonomie, der Triebkraft, die ihn von einem Triumph zum nächsten getragen hatte, und deshalb war er bereit, es hinzunehmen, wenn sein cholerisches Temperament ihn bei seltenen Gelegenheiten in die Irre führte.
Gewöhnlich zumindest. O ja , dachte er, gewöhnlich. Aber nicht im Falle Harringtons. Sie hatte ihn nicht einfach in Verlegenheit gebracht, sie hatte ihn bedroht .
Er biß die Zähne zusammen, und sein Gedächtnis führte ihm die Szene wieder vor Augen. Houseman war indessen damit beschäftigt, den eigenen Zorn zu bezähmen. Hauptmann hatte persönlich den Basilisk-Vorposten aufgesucht, als Harringtons übereifrige Einmischung dort unerträglich wurde. Zu der Zeit ahnte er noch nichts von dem havenitischen Coup, er wußte nur, daß diese Frau ihn Geld kostete; die Beschlagnahme eines seiner Schiffe, das Konterbande an Bord gehabt hatte, bedeutete für ihn einen Schlag ins Gesicht, den er nicht hinnehmen konnte. Und deswegen reiste er ins Basilisk-System – um Harrington den Kopf zurechtzurücken. Nur kam es ganz anders als geplant. Harrington trotzte ihm, als wüßte sie nicht, wer Klaus Hauptmann war – ja, als sei es ihr gleichgültig ! Ihren Widerstand verpackte sie sorgfältig in Amtssprache und versteckte sich hinter ihrer kostbaren Uniform und ihrem Status als diensttuender Befehlshaber der Basilisk-Station, aber trotzdem beschuldigte sie ihn der Mitwisserschaft an schmugglerischen Aktivitäten.
Da hatte sie bei ihm auf die richtigen Knöpfe gedrückt, das mußte er zugeben, genau wie er auch eingestand, daß er seine Niederlassungen besser im Auge hätte behalten müssen. Aber wie sollte er bei etwas so Großem wie dem Hauptmann-Kartell auf solche Details achten? Aus eben diesem Grunde unterhielt er schließlich Vertretungen – damit sie sich um die Einzelheiten kümmerten, für die ihm die Zeit fehlte. Und selbst wenn Harrington völlig im Recht gewesen wäre – was nicht der Fall war – wie konnte es die Tochter eines einfachen Freisassen wagen, so mit ihm zu reden? Sie war damals Commander gewesen, von denen man zwei für einen Dollar bekam, Kommandantin eines Leichten Kreuzers, den er aus der Portokasse hätte bezahlen
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