Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
rauf. Verstanden?«
Cardones und O’Halley nickten.
Honor sah Hughes direkt an. »Geben Sie es ein, Jenny«, sagte sie leise, »und denken Sie dran: Wir haben nur einen Versuch.«
»Sie behält Kurs und Beschleunigung bei«, meldete Pacelot. Holtz antwortete mit einem Nicken. Noch ein Zeichen für die Schwierigkeiten, die das Q-Schiff hatte: Wäre noch eine der beiden Breitseiten gefechtsklar gewesen, so hätte es gerollt und diese Breitseite auf die Bugöffnung im Impellerkeil der Achmed gerichtet. Offenbar hoffte der Kommandant, mit seiner Schleife das Dach seines Keils auf die Achmed zeigen zu lassen, während der Schlachtkreuzer das Q-Schiff unterhalb passierte. Vielleicht gelang es ihm sogar. Das war durch den Massenunterschied zwar unwahrscheinlich, aber selbst wenn es gelang, erhöhte der zweifellos folgende Kurvenkampf voller Ausweichmanöver nur die Vorteile des wendigeren Schlachtkreuzers. Früher oder später – eher früher – würde die Achmed die Blöße schon finden, die sie brauchte, um den Frachterrumpf zu Schrott zu schießen. »Wir machen weiter wie geplant, Helen«, sagte er. In seinen Augen brannte das Verlangen nach Rache für die Kerebin .
»Da kommen sie«, sagte Honor mit leiser, fast begütigend klingender Stimme. Der Abstand verringerte sich in rasendem Tempo, und der Schlachtkreuzer begann zu rollen, um seine Steuerbordbreitseite ins Spiel zu bringen. Honor blickte SCPO O’Halley und Rafe Cardones an. Das letzte Manöver in Honors Laufbahn sollte perfekt sein – selbst wenn niemand überlebte und sich daran erinnerte.
Auf beiden Seiten nicht.
»Gut«, sagte sie betont, »ruhig … ruuuhig - jetzt !«
Als die Achmed heranbrauste, zog Kendrick O’Halley seinen Joystick zurück und legte ihn mit aller Gewalt nach rechts. Die Wayfarer bockte wie ein wildgewordenes Tier, als kämpfte sie selbst darum, ihrer Vernichtung zu entrinnen. Aber sie gehorchte dem Ruderausschlag, sie krängte und rollte und kehrte dem Feind die Steuerbordseite im gleichen Augenblick zu, als sich die Waffen des Schlachtkreuzers auf sie richteten.
Für einen winzigen Zeitraum hatten beide Schiffe freies Schußfeld, und in diesem Augenblick aktivierten sich die Beschießungspläne in den beiden Computern.
Kein menschlicher Sinn hätte erfassen können, was als nächstes geschah; kein menschliches Gehirn hätte Ursache und Wirkung klar zuordnen können. Der Abstand zwischen beiden Schiffen betrug gerade zwanzigtausend Kilometer, und wie erzürnte Dämonen schleuderten Laser, Graser und Raketen Vernichtung über diesen winzigen Abgrund aus Vakuum.
Die Achmed machte einen Satz, als der erste schwere Graser mühelos ihren Seitenschild durchbohrte. Ein Panzer von einem Meter Dicke schützte die Flanken des Schlachtkreuzers, die zäheste Legierung aus Keramik und Verbundstahl, die der Mensch schmieden konnte, aber der Graserstrahl durchschnitt sie mit lässiger Überheblichkeit. Gewaltige Splitter lösten sich aus der scheußlichen Wunde, und die Relativbewegung verwandelte den sauberen Stich in einen riesigen, klaffenden Spalt. Der Strahl weidete das Sternenschiff förmlich aus. Atemluft, Wrackteile und Menschen wirbelten in einem heulenden Zyklon davon.
Und das war nur einer von acht Grasern. Jeder einzelne erzielte einen Volltreffer. Niemand an Bord des Schlachtkreuzers hätte geahnt, daß ein umgebauter Frachter solche Waffen tragen könnte. Die Intercomkanäle wurden mit Schreien überflutet – Schmerzensschreie, Angstschreie, Entsetzensschreie –, während die Wut der Wayfarer das Großkampfschiff wie ein Spielzeug zerfetzte. Dann waren die Raketen des Q-Schiffs heran und durchbohrten den Schlachtkreuzer immer wieder mit bombengepumpten Röntgenlasern, um das Vernichtungswerk der Graserstrahlen zu vollenden. Waffenschächte explodierten, Energieüberschläge durchfuhren das ganze Schiff, Kabelbäume schmolzen und zerplatzten und verglühten. Der vordere Impellerraum detonierte, als ein Graser die Generatoren durchschnitt, und die Druckwelle verwandelte den Rumpf im Umkreis von einhundert Metern in zerfetzte Trümmer. Alle drei Fusionskraftwerke nahmen Notabschaltungen vor, und im ganzen Schiff schlossen sich mit lautem Knall die Notschotte. Aber im Grunde war nicht mehr viel übrig, worin diese Schotte noch Luft einschließen konnten, denn die Graser der Wayfarer hatten den Rumpf auf gesamter Breite durchbohrt und waren auf der anderen Seite wieder ausgetreten. Die Achmed taumelte davon, ein
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