Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
Akten, um herauszufinden, wer davon überhaupt verfügbar ist. Wenn ich Admiral Georgides richtig verstanden habe, dauert es noch drei Wochen, bevor Sie die Kraftwerke hochfahren und Personal an Bord nehmen können?«
»Annähernd, Sir«, antwortete Honor. »Ich halte ihn für etwas pessimistisch, aber wahrscheinlich kann er nicht viel früher fertig werden, als er sagt. Die Parnassus und die Scheherazade werden ungefähr zur gleichen Zeit fertig sein, aber es sieht ganz danach aus, als dauerte es mit der Gudrid noch wenigstens zehn Tage länger.«
»Nun gut.« Cortez schürzte die Lippen und nickte sinnend. »Am Donnerstag haben Sie für jedes Schiff einen Kommandanten und einen Eins-O. Wenn Sie dann endlich Leute an Bord nehmen können, sind Ihre Offiziere entweder schon da oder befinden sich auf dem Weg. Bis dahin wollen wir Ihre Deckoffiziere und Unteroffiziere ebenfalls zur Verfügung haben. General Vonderhoff versicherte mir bereits, daß es keine Probleme mit Ihren Marinecorpskontingenten geben wird. Was ihre Mannschaftsdienstgrade angeht, so müssen wir nehmen, was wir kriegen. Ich kann Ihnen nicht einmal sagen, wie schnell oder in welcher Reihenfolge wir sie Ihnen zuweisen können, aber glauben Sie mir, wir tun unser Bestes.«
»Da habe ich keine Zweifel, Mylord, und ich bin Ihnen dafür sehr dankbar«, sagte Honor aufrichtig. Sie war sich sehr wohl bewußt, wie selten es vorkam, daß Cortez persönlich die Personalprobleme eines einzelnen Geschwaders mit dem designierten kommandierenden Offizier besprach.
»Das ist das Mindeste, was wir tun können, Mylady«, antwortete Cortez und verzog wieder das Gesicht. »Es ist immer schlecht, wenn sich der Parteienzwist bis in die Planung militärischer Unternehmungen ausbreitet, Mylady, besonders, wenn er uns die Dienste eines Offiziers mit Ihren Leistungen kostet. Ich bedaure es außerordentlich, daß Ihre Heimkehr in die manticoranische Uniform unter solchen Begleitumständen erfolgen muß. Aber falls es Ihnen noch niemand gesagt hat – wir sind alle hocherfreut darüber, Sie wiederzuhaben.«
»Vielen Dank, Sir.« Honor spürte, daß ihre Wangen rot anliefen, aber sie erwiderte offen Cortez’ Blick und bemerkte die Zufriedenheit in seinen Augen.
»In diesem Fall sollten Sie und Commander Cardones an die Arbeit gehen, Mylady.« Cortez reichte ihr die Hand. »Vor Ihnen liegt eine gewaltige Aufgabe, Captain, und Sie haben mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen, die Ihnen eigentlich erspart bleiben sollten. Aber wenn irgend jemand es schafft, dann sind Sie das. Falls wir uns nicht mehr sehen, bevor Sie auslaufen, wünsche ich Ihnen viel Glück und gute Jagd.«
Honor bedankte sich zum letztenmal bei Cortez und drückte ihm fest die Hand. »Wir geben unser Bestes.«
7
Honor ließ sich tiefer in den Sessel sinken und rieb sich die schmerzenden Augen.
Bis sie an Bord der Wayfarer umzog, war sie in einer geräumigen Kabine der »Kommandantenzeile« von Vulcan einquartiert worden. Diese Kabine bot zwar weniger Platz als die Kajüte, die Honor im Q-Schiff erhalten würde, und war zudem viel kleiner als die, die sie zusammen mit der GSN und dem Superdreadnought Terrible aufgegeben hatte, aber gemessen an den Ansprüchen von Raumoffizieren war sie groß und recht behaglich. Leider fand Honor nur selten Gelegenheit, diesen Komfort zu genießen – und sie hatte viel zuwenig Zeit, um sich in der Turnhalle für Stabsoffiziere fit zu halten. Wenn man als neuer Kommandant ein Schiff übernahm, dann türmte sich der Papierkram stets lichtjahrehoch auf, und wenn man das Schiff von einer Werft in Empfang nahm, war alles noch viel schlimmer. Dazu gesellte sich die Flut von Dokumenten – ob in elektronischer oder gedruckter Form –, die die Aufstellung eines Geschwaders begleiteten, und schließlich tat die Eile durch den vorverlegten Auslauftermin ihr übriges, so daß dem Kommandanten kaum Zeit zum Atmen blieb, geschweige denn zum Trainieren … und ans Schlafen war überhaupt nicht zu denken.
Sie grinste müde, denn ihr kam in den Sinn, mit wieviel Papierkram sich Rafe Cardones erst herumschlagen mußte, wenn sie schon kaum zu Rande kam. Eine Kommandantin befehligte das Schiff und war für jeden Aspekt seiner Sicherheit und seiner Führung verantwortlich, aber der I.O. verwaltete es. Seine Aufgabe bestand darin, Crew, Bevorratung, Wartung, Übungen und jeden anderen Aspekt seiner Tätigkeit so glatt zu organisieren, daß die Kommandantin möglichst gar nicht bemerkte,
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