Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
wohl daran lag, überlegte Honor, daß BuPers erkannt hatte, welch außergewöhnliches Team die beiden bildeten.
»Äh, ja, Ma’am – ich meine, Mylady«, antwortete Harkness.
»Ich würde es begrüßen, wenn Sie ihn behalten könnten«, sagte Honor ein wenig streng. »Ich erwarte keinerlei Probleme mit dem Zoll« – Harkness’ Röte vertiefte sich –, »aber wir bekommen ein ganzes Bataillon Marines an Bord. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie von Dezimierungsversuchen absehen könnten, falls wir Gelegenheit zu Landgängen erhalten sollten.«
»Oh, der Senior Chief hat das ganz und gar aufgegeben, Ma’am«, versicherte Tremaine ihr. »Seine Frau hält überhaupt nichts davon.«
»Seine Frau ?« Honor stutzte und blickte Harkness wieder an; ihre Augenbrauen hoben sich, als der Bootsmann einen wahrhaft besorgniserregenden Purpurton annahm. »Sie sind jetzt verheiratet, Chief?«
»Äh, ja, Mylady«, stammelte Harkness. »Acht Monate schon.«
»Wirklich? Herzlichen Glückwunsch! Mit wem denn?«
»Sergeant-Major Babcock«, sprang Tremaine bei, als Harkness sich sichtlich wand, und Honor mußte kichern. Sie haßte es, wenn sie kicherte, weil sie dann klang, als käme sie gerade von der High-School, aber nun konnte sie nichts dagegen tun, und sie konnte auch nicht damit aufhören. Horace Harkness hatte Iris Babcock geheiratet? Das gab’s doch nicht! Aber dann sah sie am Gesichtsausdruck des Senior Chiefs, daß Tremaines Behauptung der Wahrheit entsprach, und kämpfte ihr Kichern eisern nieder. Einen Augenblick lang hielt sie den Atem an, um sicherzugehen, daß der Anfall vorüber war, aber als sie weitersprach, hatte sie ihre Stimme noch nicht ganz unter Kontrolle.
»D-das ist ja eine ganz wundervolle Neuigkeit, Senior Chief!«
»Danke, Mylady.« Harkness warf Tremaine verstohlen einen Seitenblick zu, dann grinste er fast verlegen. »Wundervoll ist es wirklich. Ich hätte zwar nie gedacht, daß ich je einen Marine kennenlernen würde, den ich auch nur halbwegs leiden kann, und dann …« Er zuckte mit den Schultern, und als Honor den Glanz seiner blauen Augen sah, spürte sie ihren Unernst schwinden.
»Ich freue mich für Sie, Senior Chief. Ehrlich«, sagte sie leise und drückte ihm die Schulter. Sie sprach die Wahrheit. Von allen Menschen auf der Welt hätte sie von Iris Babcock am wenigsten erwartet, daß sie Harkness heiraten würde, aber nun, da sie ernsthaft darüber nachdachte, offenbarte sich ihr durchaus das Potential dieser Beziehung. Babcocks Karriere war so vorbildlich wie Harkness’ Laufbahn … farbig, und sie gehörte zu den besten Soldaten – und Meistern des Coup de vitesse –, denen Honor je begegnet war. Niemals hätte sie sich Babcock und Harkness als Paar vorstellen können, aber Sergeant-Major Iris Babcock war genau die richtige Sorte Frau, um sicherzustellen, daß der Senior Chief fortan auf dem schmalen, steinigen Pfad der Tugend wandelte. Und anscheinend besaß sie die Weisheit, um über das Äußere von Horace Harkness hinwegzusehen und seine Herzensgüte zu erkennen.
»Vielen Dank, Mylady«, sagte der Bootsmann wieder, und sie nickte beiden knapp zu.
»Also! Ich verstehe schon, warum der Eins-O Sie in die Flugleitung gesteckt hat, Scotty. Hatten Sie Gelegenheit, sich Ihren neuen Hangar anzusehen?«
»Nein, Ma’am, noch nicht.«
»Warum tun Sie das nicht? Und nehmen Sie den Senior Chief mit. Ich glaube, Ihnen wird gefallen, was die Werftheinis auf die Beine gestellt haben. Bei den Enterkommandos arbeiten Sie mit Major Hibson zusammen – gewiß erinnern Sie sich an sie – und mit Commander Harmon, unserer rangältesten LAC-Kommandantin. Beide haben sich noch nicht an Bord gemeldet. Sergeant-Major Hallowell treibt sich allerdings schon irgendwo hier herum. Rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, er soll Sie begleiten. Wir verbringen noch ein paar Tage in der Werft, bevor man uns freigibt, wenn Sie also noch kleine Änderungen erledigt haben wollen, lassen Sie es mich oder den Eins-O bis zum Abendessen wissen.«
»Jawohl, Ma’am.« Tremaine nahm erneut Haltung an und verwandelte sich in den gewissenhaften Offizier, der er im Dienst immer war, und Harkness tat es ihm nach.
»Sie können gehen, Gentlemen«, sagte Honor und blickte ihnen glücklich hinterher. Wie gut, die beiden dabeizuhaben, und wie gut, daß sie sich hier vorgestellt hatten, wo man die Förmlichkeit beiseite lassen konnte. An Bord eines Schiffes mußte das Protokoll die Regel bleiben, wenn die Vorgesetzte
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