Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
übernehmen, aber die Elton liegt noch fünf Monate zur Generalüberholung in der Werft. Als wir Captain Truman fragten, ob sie statt dessen eine Versetzung zur Parnassus in Betracht ziehen wolle, und wir ihr erklärten, daß sie mit Ihnen dienen würde, hat sie auf der Stelle zugesagt.«
»Vielen Dank, daß Sie mir das sagen«, antwortete Honor mit einem erfreuten Lächeln. »Captain Truman ist einer der besten Offiziere, die ich jemals kennengelernt habe.« Und daß Alice zugestimmt hatte, obwohl sie wußte, wie schwer die Aufgabe sein würde, wärmte Honor das Herz.
»Ich dachte mir schon, daß Sie zufrieden sein würden«, entgegnete Cortez mit einem schmalen Lächeln. »Außerdem habe ich für Sie einen Ersten Offizier gefunden, bei dem ich glaube, daß Sie ihn mögen werden.«
Er drückte einen Knopf auf seiner Comkonsole und lehnte sich zurück. Kurz darauf öffnete sich die Tür, und ein hochgewachsener, dunkelhaariger Commander trat in das Büro. Alles an ihm war lang und schlank; er hatte eine Nase wie ein Falkenschnabel und schien stets zu einem Lächeln bereit zu sein. An seiner Uniformbrust prangten das weißgestreifte blaue Band des Tapferkeitsordens und das rot-weiße Band des Saganamikreuzes. Wie bei Honor auch zeigte der rechte Ärmel den blutroten Streifen des Danks der Monarchin. Der Commander sah selbst für einen Empfänger der Prolong-Behandlung noch fast zu jung aus, um zwei der vier höchsten Tapferkeitsauszeichnungen des Sternenkönigreichs erhalten zu haben. Als Honor sich erfreut erhob, stand ihr plötzlich wieder der unbeholfene Lieutenant Junior Grade vor Augen, den sie vor gerade acht Jahren mit ins Basilisk-System genommen hatte.
»Rafe!« rief sie aus, nahm Nimitz in die linke Armbeuge und streckte ihm die rechte Hand entgegen.
»Ich glaube, Sie kennen sich schon, Mylady«, murmelte Cortez mit dem Anflug eines Lächelns, als Commander Cardones Honors Hand heftig packte und schüttelte.
»In der Nike habe ich ja nicht sehr lange mit Ihnen dienen können, Skipper«, sagte er. »Vielleicht wird es diesmal besser.«
»Ganz bestimmt, Rafe«, antwortete Honor mit Wärme und wandte sich wieder Cortez zu. »Vielen Dank, Sir. Vielen herzlichen Dank.«
»Er war fällig, bei irgendwem Eins-O zu werden, Mylady«, erklärte der Fünfte Raumlord und winkte ab. »Außerdem scheinen Sie es sich ja zur Aufgabe gemacht zu haben, seine Ausbildung abzuschließen. Wäre doch eine Schande, wenn wir das Team auflösen, wenn noch so viel zu tun ist.«
Cardones grinste über den Kommentar, der ihm vor acht Jahren noch das Blut ins Gesicht getrieben und ihn zu einem vor sich hinstammelnden Häufchen Elend gemacht hätte. Honor teilte seine Belustigung. Rafael Cardones war einer der besten Taktischen Offiziere, mit denen sie je gedient hatte, und ganz offensichtlich war er während der Zeit gereift, die sie im Jelzin-System verbracht hatte.
Cortez beobachtete ihre offene Freude und bemerkte auch Cardones’ große Zufriedenheit – und dessen Respekt vor seiner neuen Kommandantin. Er fragte sich, ob Lady Harrington überhaupt wahrnahm, wie sehr der jüngere Offizier ihr in seiner Entwicklung nacheiferte. Cortez hatte sich die Suche nach einem I.O. für die Wayfarer nicht leichtgemacht, und schon der einfache Vergleich von Cardones’ Leistung bevor und nachdem er das erstemal unter Honor Harrington gedient hatte, bewies, daß die spöttische Bemerkung des Raumlords gar nicht so weit von der Realität entfernt gewesen war. Cortez hatte ähnliche Tendenzen bei anderen Offizieren bemerkt, die unter Lady Harringtons Kommando gestanden hatten, und war beeindruckt. Einige der besten Gefechtskommandanten der RMN waren niemals gute Lehrer gewesen; Honor Harrington hingegen schon. Zusätzlich zu ihren erstklassigen Leistungen im Kampf hatte sie eine geradezu mystische Begabung bewiesen, ihre Hingabe und ihren Berufsethos an ihre Untergebenen abfärben zu lassen. Für den Leiter des Bureaus für Personalangelegenheiten wog diese Eigenschaft fast schwerer als ihre Leistungen im Gefecht.
Cortez räusperte sich und erlangte dadurch die Aufmerksamkeit der beiden Offiziere zurück. Er nickte Cardones zu.
»Der Commander hat eine Personalliste der Wayfarer , Mylady. Im Moment gibt es natürlich noch viele Lücken, aber ein Anfang ist damit gemacht. Commander Cardones hat einige Offiziere und Unteroffiziere vorgeschlagen, die noch mehr Fleisch auf die Knochen geben sollen, und mein Stab durchwühlt im Augenblick die
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