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Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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zeigte keine Regung, obwohl der Mann für sie unterzeichnete, als wäre sie ein Frachtstück. Nur jemand, der sie noch nie in der Salle gesehen hatte, wie sie den Coup de vitesse trainierte oder ihre Fertigkeiten im Schwertkampf vervollkommnete, hätte sie nun für teilnahmslos halten können. Sie machte sich keine Illusionen, daß ihre Kenntnisse im unbewaffneten Kampf sie vor dem bewahren könnten, was man ihr antun würde, doch sie hatte ihre Fertigkeiten nicht erworben, nur um sie im Kampf einzusetzen: Vierzig Jahre lang hatte sie geübt, im Notfall diszipliniert und konzentriert zu sein – und keine dieser Eigenschaften hatte sie jemals so dringend gebraucht wie jetzt.
    »Da!« sagte Timmons und gab de Sangro das Klemmbrett zurück. »Abgezeichnet, besiegelt, geliefert. Einen schönen Tag noch, de Sangro.«
    »Arschloch«, schnaubte der weibliche SyS-Captain, winkte den beiden SyS-Soldaten, die sie begleitet hatten, ihr zu folgen, und ließ Honor mit Timmons und seinen Leuten allein.
    Einige Sekunden verstrichen in völligem Schweigen, dann packten zwei Hände Honor bei den Oberarmen und rissen sie herum. Die Bewegung kam rasch und war brutal. Sie hatte nur einen einzigen Zweck: Honor zu überraschen und zu desorientieren, doch sie fiel in die Drehung ein, als gäbe sie dem Angriff eines Sparringspartners in der Turnhalle nach, um ihm die Wucht zu rauben. Ihr mangelnder Widerstand brachte den Mann hinter ihr aus dem Gleichgewicht. Er torkelte und mußte ihre Oberarme fester umklammern, um die Balance wiederzugewinnen. Dabei fluchte er knurrend, und Honors rechter Mundwinkel zuckte kurz; ein bitteres Beinahe-Grinsen. Der Triumph war winzig, aber in einer Schlacht, die man in dem Wissen begann, besiegt zu werden, besaß auch der geringste Triumph höchste Wichtigkeit.
    Die Drehung zwang sie, Timmons ins Gesicht zu sehen; was sie erblickte, gefiel ihr nicht sonderlich. Der Mann war mehrere Zentimeter größer als sie, hatte breite Schultern und ein Gesicht, das auf eine ungehobelte Weise gut aussah. Er trug die Rangabzeichen eines First Lieutenant im Volks-Marinecorps, was bei den Bodentruppen der Systemsicherheit vermutlich dem gleichen Rang entsprach. Sein Haar war sauber geschnitten, seine Uniform frisch gebügelt, die Zähne, die er beim Lächeln zeigte, waren stark und weiß, und trotzdem bildete sein makelloses Äußeres nur eine Maske, eine falsche Oberfläche, die nicht darüber hinwegtäuschte, daß sich dahinter etwas ganz anderes verbarg.
    Trotz ihrer Selbstbeherrschung stutzte Honor, als sie begriff, welche Gefühle in dem Mann schlummerten und weshalb Timmons’ Maske vor ihr vollkommen versagte. Ihr war, als umgäbe Timmons ein Gestank nach verfaulendem Blut, allerdings nicht in körperlicher Hinsicht; vielmehr spürte sie, wie dieser Eindruck aus dem Mann zu ihr überschlug. Blitzartig begriff sie, daß sie noch immer die Emotionen anderer Menschen spürte, obwohl sie so weit von Nimitz getrennt war, daß sie seine Qualen kaum noch teilte. So etwas war ihr noch nie passiert. Zumindest glaubte sie, es noch nie erlebt zu haben, war sich allerdings nicht absolut sicher. Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn sie und der Baumkater räumlich voneinander getrennt waren, hatte sie bislang noch nie versucht, die Gefühle ihres Gegenübers aufzufassen. War das etwas Neues? Oder hätte sie es jederzeit vermocht und hatte es nur nie probiert? Und da ihr Eindruck von Nimitz’ Bewußtsein so schwach war, fragte sie sich, ob sie Timmons’ Emotionen überhaupt noch über den Baumkater las – oder empfing sie die Gefühle etwa selbständig?
    Die Entdeckung lenkte sie für einen Augenblick ab und brach ganz kurz ihren Kokon der Ausdruckslosigkeit. Timmons bemerkte nichts davon. Seine ganze Aufmerksamkeit galt dem Klemmbrett, das er von de Sangro erhalten hatte. Etliche Male drückte er die Seitenwechseltaste und studierte wenigstens fünf Minuten lang eingehend die Daten auf dem Bildschirm. Dann blickte er mit einem weiteren blitzblanken Grinsen auf, und Honor mußte ihr Erschauern verbergen. Sphinxianische Lebewesen waren durchweg immun gegen die Alterdenseuche, die man Tollwut nannte, doch wenn ein Hexapuma daran erkrankt wäre, hätte er wahrscheinlich ein ähnliches Grinsen gezeigt wie dieser Mann.
    »Jungs und Mädels, vor uns steht ein ganz besonderer Sträfling«, erklärte er seiner Wachmannschaft. »Das ist Honor Harrington. Ich nehme an, ihr habt schon einmal von ihr gehört?« Timmons erhielt

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