Honor Harrington 7. In Feindes Hand
Tankersley geliebt hatte, und auf seine eigene unbändige Art hatte der ‘Kater Paul ebenso lieb gehabt. Trotzdem sah Nimitz keinen Grund, weshalb Honor nicht eines Tages neue Liebe finden sollte. Sein sonores Schnurren offenbarte große Zufriedenheit darüber, daß der Earl plötzlich Honors Schönheit entdeckt hatte.
Doch selbst wenn Nimitz die Gefahr nicht begriff, die nun am Horizont drohte, erkannte Honor die heraufziehenden Schwierigkeiten sehr wohl. White Haven war kein beliebiger Vorgesetzter, sondern ausgerechnet der designierte Kommandeur der 8. Flotte, in welcher Honor ein Geschwader befehligen sollte. Folglich befanden sie sich in der gleichen Befehlskette, was bedeutete, daß eine persönliche Beziehung zwischen ihnen eine Verletzung von Artikel 119 darstellte – für Offiziere ein Vergehen, das ein Kriegsgericht erforderte. Noch schlimmer, White Haven war verheiratet – und zwar nicht mit irgendeiner Frau, sondern mit der Lady Emily Alexander. Vor dem schrecklichen Flugwagenunfall, der sie unheilbar gelähmt hatte, war sie die beliebteste HD-Schauspielerin im ganzen Sternenkönigreich gewesen. Noch heute, an den Lebenserhaltungsstuhl gekettet und auf den Gebrauch eines Armes und einer Hand beschränkt, zählte sie zu den besten Drehbuchautoren und Produzenten Manticores – und galt zudem als herausragende Dichterin.
Honor bezwang ihre ausufernden Gedanken und atmete tief durch. Ich mache mich lächerlich. Eine Gefühlsaufwallung hatte sie gespürt, nicht mehr. Sie benahm sich, als hätte sie nie bei einem anderen Mann Bewunderung und auch Verlangen wahrgenommen, seitdem ihre telempathische Verbindung zu Nimitz sich so verstärkt hatte! Das kommt eben vor , beruhigte sie sich. Über dergleichen hatte sie sich doch sonst nie Gedanken gemacht. Da mußte jemand schon versuchen, Gemütsregungen in die Tat umzusetzen. Tatsächlich machte sie es zumeist, wenn sie spürte, daß sie jemandem gefiel. Nicht, daß sie je erwogen hätte, die bewußten Herren zu ermuntern – die Beziehung zu Paul hatte ihr schon genügend Probleme mit den konservativen Graysons beschert. Dennoch schmeichelten ihr solche Gefühle. Besonders ihr, das mußte sie eingestehen, die sich dreißig Jahre lang gefühlt hatte wie ein häßliches Entlein, das niemandes Interesse weckte.
Nur ein weiterer Fall von rasch verfliegender Zuneigung , sagte sie sich noch energischer. Am besten verhielt sie sich, als hätte sie nichts gespürt, und bot dem Earl keinerlei Ermutigung. Wenn sie White Haven jemals ahnen ließ, daß sie seinen Gefühlsansturm bemerkt hatte, brächte sie ihn nur unnötig in Verlegenheit. Seine unerschütterliche Liebe zu seiner invaliden Frau – und ihre Treue zueinander – war schließlich legendär. Die Ehe der White Havens gehörte zu den großen tragischen Liebesgeschichten des Sternenkönigreichs, und Honor vermochte sich nicht einmal vorzustellen, White Haven könnte sich von Lady Emily abwenden, ganz gleich, wie sehr er sich von einer anderen Frau angezogen fühlte.
Trotzdem , flüsterte es in einem Winkel ihres Bewußtseins, hat es da nicht diese Gerüchte über ihn und Admiral Kuzak gegeben? Es wäre doch durchaus möglich, daß …
Eiligst unterdrückte sie diesen Gedanken und räusperte sich.
»Ich möchte Sie um Verzeihung bitten, Mylord«, sagte sie, »denn an sich wollte ich Ihnen keinen Vortrag halten. Vermutlich ist meine Reaktion zum Teil darauf zurückzuführen, daß ich persönliche Zweifel hege, wo Lady Hemphill ins Spiel kommt. Vielleicht hat die Notwendigkeit, zumindest einige ihrer Projekte zu unterstützen, in mir eine missionarische Ader geweckt, die ich bisher nicht kannte. Aber eine Entschuldigung für meine Kritik an Ihnen ist das nicht.«
»Hm.« White Haven erlangte seine Fassung zurück und tat ihre Entschuldigung mit einem Lächeln ab. »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Mylady. Ich hatte jedes Wort Ihrer Zurechtweisung verdient … und wenn ich die Anlagen gelesen hätte, dann wäre mir die Zigarre erspart geblieben.«
Honor spürte, wie sich hinter der Oberfläche seiner Gedanken noch das Erstaunen über seine Empfindung regte, doch seiner Stimme aber war davon nichts anzumerken. Darüber war sie sehr erleichtert. Der Admiral blickte auf sein Chrono und zuckte so kunstvoll überrascht zusammen, daß er damit Honor ohne ihren Link zu Nimitz vermutlich getäuscht hätte.
»Ich habe gar nicht bemerkt, wie spät es geworden ist«, verkündete White Haven, erhob sich und
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