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Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Lebenserfahrung, ein wenig echter Bildung und dem nötigen Anstoß, wenigstens zu versuchen, die eigenen Lebensumstände zu verbessern, hätte sie sich sogar zu einer Frau entwickeln können, die Theisman geschätzt hätte. Eine Gelegenheit, sie näher kennenzulernen, war ihm jedoch verwehrt geblieben, denn seine Mutter hatte ihn in ein staatliches Kinderheim gegeben, bevor er sechs Monate alt war. Theisman hatte sie niemals wiedergesehen, durfte ihren Namen nicht erfahren und besaß den Holokubus nur deswegen noch, weil die Hausmutter des Heims die Vorschriften verletzte, indem sie ihm das Hologramm nicht wegnahm.
    Alles in allem , überlegte er und massierte sich die tiefe Narbe auf seiner linken Wange, ist es gut, daß es so gekommen ist. Ich habe sie nie kennengelernt – ich weiß nicht einmal, ob sie noch lebt –, und deshalb wird nicht einmal die SyS sie erschießen, um mich zu ›motivieren‹. Jedenfalls glaube ich das nicht …
    Er verzog erneut das Gesicht und blieb neben der Bürotür stehen, um den großen Raum zu betrachten, aus dem heraus er sein zum Untergang verurteiltes Reich regierte. Ohne jeden Zweifel handelte es sich um den geräumigsten, luxuriösesten Arbeitsplatz, den er je gehabt hatte, denn das Büro war das Nervenzentrum des Barnett-Systems. Tief im Herzen der DuQuesne-Basis vergraben, der ausgedehntesten aller militärischen Einrichtungen auf dem Planeten Enki, lag es nur wenige Schritte vom Kommandoraum entfernt. Einst hatte Barnett im Prestige unter den Kommandostellen der Volksflotte nach dem Haven-System an zweiter Stelle rangiert und besaß deshalb allen Luxus, mit dem sich das alte legislaturistische Offizierskorps umgab. Wenn das Dekor nun auch Spuren der Abnutzung und Vernachlässigung zeigte, so hatte wenigstens noch niemand Zeit gefunden, das Büro seiner ›dekadenten Symbole des Elitedenkens‹ zu berauben. Theisman empfand dafür gewisse Dankbarkeit, so glaubte er wenigstens. Das Problem bestand darin, daß kein noch so großer persönlicher Komfort den Umstand zu verhehlen vermochte, daß Theisman sich in einer jener hoffnungslosen Situationen befand, in die sich die Volksrepublik und die Volksflotte in letzter Zeit so häufig manövrierten. Er konnte sich einfach nicht des Eindrucks erwehren, daß er sich hier befand, weil die Lage aussichtslos war.
    Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und wiegte sich bedächtig auf den Fersen, während er seine unangenehme und vermutlich kurze Zukunft überdachte. Längst nicht zum erstenmal verfluchte er sich für seine Unfähigkeit, das Spiel der Politik wie ein Profi zu spielen. Wenn er es nur hätte über sich bringen können, beim Komitee für Öffentliche Sicherheit hier und dort ein wenig Bauchpinseln und Stiefellecken zu betreiben, stünde er nun vielleicht nicht in diesem Büro und blickte keinem geladenen Pulser in die Mündung. Trotzdem, es kam ihm vor, als hätte er immer gewußt, daß es eines Tages so mit ihm enden würde. Nicht weil er etwa dem alten Regime treu gewesen wäre, denn das alte Regime hatte ihm nur sehr wenig Grund dazu gegeben. Gleichzeitig aber war er der VRH nicht untreu, denn trotz ihrer Fehler war die Volksrepublik seine Heimat, die Sternennation, deren Uniform zu tragen er sich entschieden und die zu verteidigen er geschworen hatte.
    Wie er nur zu gut wußte, bestand das Problem darin, daß er die Dummheit einfach nicht mehr ertragen konnte, die Verschwendung und die gedankenlose Gewalt, die Halbgescheite im Namen der Disziplin ausübten. Abhängig zu sein von geistig Minderbemittelten, denen es an der nötigen Intelligenz fehlte, um zu erkennen, wohin ihre Version von ›Disziplin‹ letztendlich führen mußte! Neben vielen anderen Offizieren hatten die Säuberungen auch Thomas Theisman einen Rang verschafft, den unter dem alten Regime nur ein Legislaturist erhalten hätte. Seine Einstellung und seine militärischen Fähigkeiten hatte Theisman von jemand anderem erhalten, von seinem früheren Mentor Alfredo Yu. Wie Yu war auch Theisman fest von gewissen Methoden überzeugt, die die Stärke des zur Verfügung stehenden Rohmaterials maximierten, ob es sich dabei nun um Gerät oder Personal handelte. Diese Methoden liefen jedoch sämtlich darauf hinaus, daß ein Offizier führen mußte und nicht von hinten antreiben durfte.
    Jedoch stand diese Tradition in direktem Kontrast zu den unausgegorenen Taktiken, die von der SyS bevorzugt wurden. Im Grunde wollte die Systemsicherheit in den Reihen des

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