Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
vor den Toren stehen.
»Stimmt, jetzt sehe ich es auch«, entgegnete Kawalecz und nickte beipflichtend. Sie gab Nessler die Genehmigung zurück, doch um die Münze hatte sich ihre rechte Hand fest geschlossen. Als sie die Augen zusammenkniff, glich ihr Gesicht noch mehr dem einer Ratte als zuvor. »Für alle Antiquitäten, die Sie entdecken, ist eine Gebühr zu entrichten«, fuhr sie fort. »Etwaige Exporte unterliegen dem Hafenzoll.«
»Selbstverständlich«, sagte Nessler unbewegt, als wüsste er nicht, dass das Ligagesetz die private Verschiffung von Planetaren Schätzen ausdrücklich verbot – und darunter fielen alphanische Artefakte ebenso wie die Überreste früher menschlicher Besiedlung. »Zahlungen sind an Ihr Büro zu richten und nicht an die Regierung von Hope?«
»Hier auf Hope bin ich die Regierung!«, keifte die Protektoratsbeamtin. »Ohne Hilfe können diese Wilden sich nicht mal den Hintern selber abwischen!«
»Mich würde interessieren, welche Vereinbarung Sie mit der melungeordschen Expedition getroffen haben«, warf Mincio ein. »Werden diese Leute wirklich einen der Sechs Pylonen ausgraben und von dieser Welt mitnehmen?«
»Dieser Mistkerl von Orloff!«, fauchte Kawalecz. »Er nimmt sich, was er haben will, scheint mir, und ich bekomme nichts dafür, nicht mal ‘nen Handkuss!«
»Weil er mit Genehmigung des Protektoratsministeriums auf Alterde handelt?«, erkundigte sich Nessler.
»Weil er einen verdammten Kreuzer im Orbit hat!«, versetzte die Ligabeamtin. »Ich würde mich ja in Genf beschweren, aber bis ein Kurierboot dort ist und mir Hilfe bringt, ist Orloff schon lange wieder weg. Außerdem bekäme ich bestimmt keine Hilfe – denn dafür müsste sich erst jemand auf Alterde einen Pfifferling darum scheren, ob ich hier auf diesem Pisspottplaneten verhungere oder nicht.«
Sie blickte Nessler an, als übertrüge sie all ihren Hass auf ihn. »Aber Sie, Freundchen«, sagte sie, »Sie werden zahlen!«
»Ganz gewiss, sollten wir uns entschließen, irgendein Artefakt mitzunehmen«, entgegnete Nessler gelassen. Er tippte sich ans Barett. »Vielen Dank, dass Sie Zeit für uns hatten, Madam«, sagte er.
Mincio stürmte vor ihm aus dem Büro. Menschen wie Denise Kawalecz erregten in ihr einen ganz unprofessionellen Zorn, doch es hätte nichts geholfen, diese wegelagernde Bürokratin zu beleidigen.
Außerdem war es eher unwahrscheinlich, dass Mincio ihr irgendetwas an den Kopf werfen konnte, was Kawalecz noch nicht gehört hatte.
Edith Mincio beendete die dritte Estampe des Abends mit einer Pirouette, die sie niemals geschafft hätte, wenn sie erst darüber nachgedacht hätte, wie sie die Bewegung ausführen sollte. Normalerweise tanzte sie nur aus Gründen gesellschaftlicher Verpflichtung; Paarungsrituale interessierten sie weder in der Theorie noch in der Praxis. Die Party bei den Singhs fand Mincio sehr vergnüglich, und das nicht nur deswegen, weil sie diesmal im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, anstatt ein Mauerblümchen zu sein.
Die Tanzschritte, die auf Manticore in Mode waren, als sie und Nessler aufbrachen, waren allem um Jahre voraus, was die jungen Leute von Hope je gesehen hatten. Jedes Mal, wenn Mincio auf der Tanzfläche war, kam wenigstens ein Mann zum Abklatschen, und die Schönheiten Kuepersburgs starrten sie voll unverhohlenem Neid an.
Ein Dienerin reichte Mincio ein Glas Punsch; sie stürzte das Gebräu mit drei raschen Schlucken herunter. Obwohl die Tür offen stand, war es sehr warm im Raum. So viel Bewegung wie heute hatte Mincio nicht mehr bekommen, seit sie und Nessler auf der Suche nach der Kristallgrotte auf Bakersfield die Kordilleren erklommen hatten.
Jemand bot ihr ein neues Glas an. Sie trank davon, dann erst bemerkte sie, dass nicht eine Dienerin, sondern die Tochter des Hauses es ihr gereicht hatte.
»Oh!«, sagte Mincio. »Es tut mir leid, ich habe mich so schnell gedreht, dass mein Kopf sich noch nicht ganz beruhigt hat. Entschuldigen Sie, Lalita.«
»Ach, ich bitte Sie«, sagte das Mädchen und errötete. »Es ist uns eine große Ehre, Sie hier bei uns zu haben.«
Mincio beäugte die Reihe von Männern, die sich gleich hinter Lalita drehten und Anstalten machten, sich bei der ersten Gelegenheit auf die Manticoranerin zu stürzen. Am anderen Ende das Raums stand Nessler inmitten einer ähnlichen Traube einheimischer Mädchen; er war nur zu sehen, weil er alle um Haupteslänge überragte.
»Was halten Sie davon, wenn wir einen Augenblick lang
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