Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
frische Luft schnappen, Lalita?«, fragte Mincio. »Fürs Erste kann ich nicht mehr tanzen, und ich habe Angst, man trampelt mich nieder, wenn ich hier drinnen auch nur einen Tanz auslasse.«
Lalita drehte sich um und sagte schroff zu dem kräftigsten der jungen Männer: »Carswell, Ms. Mincio und ich gehen für eine Weile nach draußen. Sie möchte nicht gestört werden. Sorge bitte dafür, dass jeder es begreift.«
Carswell nickte entschlossen. Die Männer und Jungen wichen bereits zurück. Wenn sie mit den Besuchern von Manticore zu tun hatte, benahm sich Lalita wie eine Zehnjährige, doch unter ihresgleichen übte sie eine ähnliche Autorität aus wie Sir Hakon Nessler.
Sie gingen zur Schiebetür, vor der mehrere Männer standen, die sich unterhielten und dabei Tabak kauten. Lalitas stählerner Blick teilte die Gruppe sofort.
Drinnen dröhnte eine bewegte Gavotte aus dem Lautsprechersystem. Stolz überwachte Rovald die zusammengeschusterte Anlage. Die Verbindung zwischen Nesslers Musikhörer und dem Verstärker funktionierte tadellos, und Mincio hätte gewettet, dass die Lautsprecher der Singhs sich noch nie besser angehört hatten.
Der Tanz fand in einem Lagerhaus statt, das am Nachmittag von Singhs Arbeitern leer geräumt worden war. Auf dem ganzen Planeten gab es keinen Festsaal, in dem so viele Leute Platz gefunden hätten, alles Angehörige der ›besseren Gesellschaft‹, die rechtzeitig nach Kuepersburg hatten kommen können. Einige von ihnen waren in von Maultieren gezogenen Gespannen eingetroffen, andere jedoch in Motorfahrzeugen und einem halben Dutzend Flugwagen – vermutlich sämtliche privaten Flugwagen auf dem ganzen Planeten.
Der Wind war trocken und kühl – wenigstens im Vergleich mit der Luft im Lagerhaus. Der Schmutz, den er von den schäbigen, schlecht beleuchteten Häuschen der Stadt herbeitrug, war ein akzeptabler Preis für die Frische.
»Ich beneide Sie so sehr«, sagte Lalita wehmütig. »Ich verstehe nicht, weshalb jemand, der so reich und weise ist wie Sie, hierher kommen sollte, Ms. Mincio.«
»Nennen Sie mich ruhig Edith«, bat Mincio ein wenig energischer, als sie diesen Vorschlag jemals in der Vergangenheit gemacht hatte. »Ich will nun wirklich nicht von mir behaupten, weise zu sein, Lalita, ich verstehe nur etwas von bestimmten Themen, die den meisten anderen Menschen völlig gleichgültig sind. Und was den Reichtum angeht – Ihr Vater könnte mich vermutlich ein Dutzend Mal kaufen und wieder verkaufen. Ich bin mehr oder minder auf Sir Hakons Kosten hier. Lassen Sie sich dadurch, dass wir befreundet sind, nicht zu der Vorstellung verleiten, wir wären finanziell oder auch nur gesellschaftlich gleichgestellt.«
»Ach, Sie haben leicht reden«, entgegnete Lalita abweisend. »Die ganze Galaxis steht Ihnen offen, und Sie wissen nicht, wie es ist, wenn man sein ganzes Leben lang gestrandet ist auf diesem … diesem Misthaufen!«
Das Lagerhaus lag am Ostrand der Stadt, weit entfernt vom Landefeld, dennoch stand es vermutlich in einer sicheren Gegend, denn das Haus der Singhs war nicht weit. Die beiden Frauen spazierten auf dem Gehsteig aus stabilisierter Erde eine Handbreit über dem getrockneten und aufgeplatzten Schlamm der Fahrbahn. Ohne zu stolpern fand Lalita ihren Weg auf dem unebenen Trottoir, obwohl das Licht der benachbarten Gebäude viele Schattenseen nicht ausleuchtete. Hope hatte zwar drei Monde, aber sie waren einer wie der andere klein und schienen nicht heller als Planeten.
Drei Gestalten näherten sich den Frauen von vorne. Gelächter klang auf, dann die abgerissene Zeile eines Liedes. Mincio erkannte Beresfords Stimme.
»Es ist nie gut, wenn man sich vorkommt, als säße man in der Falle, Lalita«, sagte Mincio. »Glauben Sie mir, Armut ist ebenso beengend wie … wie ein Planet, der weit von den Zentren der Weiterentwicklung entfernt liegt. Nach dieser Reise trete ich eine Stellung an, in der ich für den Rest meines Lebens versorgt bin und mir nie wieder Sorgen machen muss. Diese Sicherheit ähnelt dem Paradies so weit, wie man es nur erwarten kann.«
Sie lächelte schwach. Und wenn ich sterbe, bevor wir wieder auf Manticore sind, erlange ich eine Sicherheit anderer Art.
»Doch auch wenn Sie sich beengt vorkommen, sollten sie sich von diesem Gefühl nicht blind machen lassen für die Schönheiten, die Hope bietet«, fuhr Mincio eindringlich fort. »Und den Schönheiten Ihres Lebens. Auf Manticore gibt es viele, sehr viele Frauen, die auf der Stelle
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