Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
Minuten.«
»Na schön.«
Heathrow sah auf dem Plot zu, wie sich das Icon des Kurierboots gemächlich auf genau den richtigen Punkt zubewegte. Vor einer Stunde hatten sie den Impeller abschalten müssen, und seitdem durften sie sich nur noch mithilfe der Schubdüsen bewegen; so verlangten es die Anweisungen von Camp Charon. Bei der Einsatzbesprechung hatte man ihn gewarnt, dies sei die Standardvorgehensweise; offenbar verlangte die Systemsicherheit das von jedem, der ins Cerberus-System kam, und doch hätte Heathrow selbst dann nicht den Grund für diese unsägliche Hirnlosigkeit begriffen, wenn sein Leben davon abhinge. Doch wie bei jeder Idiotie, mit der er es zu tun bekam, war er zu vernünftig, um dagegen anzureden. Trotzdem hätte er sich mit eingeschaltetem Impellerkeil erheblich wohler gefühlt. Wenn es einer dieser unzähligen Minen mit ihren hochspezialisierten und doch so beschränkten Computern plötzlich in den Sinn kam, sein Kurierboot für ein Feindschiff zu halten, hätte der Impellerkeil wenigstens einen geringfügigen Schutz geboten.
Und nachdem die armen Dinger so lange mit der SyS zu tun hatten, halten sie wahrscheinlich jeden für ›den Feind‹ , dachte der Bürger Lieutenant Commander düster.
»Schubdüsen abgeschaltet, Skipper«, meldete Bouret endlich.
»Sehr gut.« Heathrow blickte über die Schulter auf die Signalstation. »Bereit zu senden, Irene?«
»Jawohl, Sir«, antwortete Bürgerin Ensign Howard augenblicklich.
Heathrow blickte seinen Astrogator grinsend an, aber er verbesserte Howard nicht. Einer der wenigen Vorteile, der die Enge eines Kurierboots erträglich machte, bestand darin, dass man diese Schiffchen als zu klein und unwichtig ansah, um ihnen einen eigenen Volkskommissar zuzuteilen. Und deshalb gab es doch noch einen Schiffstyp in der Volksflotte, in denen Offiziere noch Flottenoffiziere sein konnten.
»Dann bitten Sie um Genehmigung und Bestätigung für die Sendung«, wies Heathrow sie an.
»Sendung beginnt«, meldete Howard und drückte an ihrer Konsole eine Taste. Sie betrachtete ihr Display, lauschte sorgfältig auf den Ohrhörer und grunzte zufrieden. »Gültigkeit des Empfangskodes bestätigt, Sir«, sagte sie. »Kodierte Dateien werden soeben entschlüsselt.« Sie wartete einige Sekunden und beobachtete auf dem Display, wie ihre Bordcomputer mit denen auf dem Planeten ein cyberschnelles Spiel von Anruf und Antwort begannen. Dann leuchtete strahlend grün eine Zahlenreihe auf, und Howard drehte sich zu Heathrow um.
»Hauptentschlüsselungskode bestätigt, Sir. Übertragung aller Nachrichten in der Warteschlange beginnt. Benötigte Zeit neun Minuten, zehn Sekunden.«
»Ausgezeichnete Arbeit, Irene.«
»Danke, Sir!« Howard strahlte ihn an wie ein Welpe mit einem neuen Kauspielzeug, und Heathrow nahm sich vor, bei Gelegenheit doch noch einmal mit ihr über die Anredeform zu sprechen, die sie ständig verwandte. Sie war ein guter junger Offizier, und er tat ihr keinen Gefallen, wenn er ihr gestattete, sich rückfällige Titulierung anzugewöhnen. Gleichzeitig wollte er ihr nicht aus heiterem Himmel eins überbraten. Besser, er wartete bis zum Ende der Wache und sprach dann erst mit ihr – oder noch besser, er ließ Bouret mit ihr reden. Der Astrogator stand ihr in Rang und Alter näher, und wenn er es sagte, klang es bei weitem nicht so bedrohlich. Nahm Heathrow sie hingegen persönlich ins Gebet, so musste er sich den Anschein geben, als würde er sie rügen – sonst klang er nämlich, als hielte er die ganze Sache mit ›Bürger Dies‹ und ›Bürgerin Das‹ für ausgemachten Blödsinn. Was auch tatsächlich der Fall war, doch das irgendjemanden wissen zu lassen wäre gewiss nicht der klügste Schritt, den er tun konnte.
Mit finsterem Gesicht rieb er sich das Kinn, während er nachdachte, und zuckte schließlich die Achseln. Er musste eine Möglichkeit finden – aber dazu blieb ihm auch später noch genügend Zeit. Nach Hades standen dem Kurierboot zwei weitere Zwischenstopps bevor, dann erst konnte es ins Shilo-System zurückkehren, und Heathrow hoffte sehr, dass SyS Shilo ihn dann entlassen würde, sodass er die unterbrochene Reise ins Haven-System endlich fortsetzen konnte.
Ja, und hier wird man uns wohl kaum Landurlaub und Erholung anbieten , dachte er. Nicht dass ich böse drum wäre. Freiwillig den Urlaub auf einer Insel voller SyS-Schergen verbringen? Ne, ne, nicht mit Ms. Heathrows kleinem Edgar! Ich glaube zwar bestimmt, dass es auch
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