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Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Titel: Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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uns freiwillig nicht eher etwas verraten, bis wir ihn danach gefragt hätten.«
    »Aber es kann nicht sein«, sagte Chernock. »Dennis war am Zug.«
    »Sir, mir ist klar, wie wichtig Ihnen Ihr Schachspiel ist, aber –«
    »Sie begreifen nicht, Brigham. Oder Sie verstehen zumindest nicht, worauf ich hinauswill. Dennis und ich spielen nun seit neun T-Jahren Schach per Post. Er war am Zug, er wusste, dass Heathrows Route einen Zwischenstopp bei uns vorsah, und er hätte sich niemals die Gelegenheit entgehen lassen, mir seinen Zug zu schicken.«
    Therret zog es vor zu schweigen. Er hatte nie verstanden, was Chernock mit dem viehischen, zügellosen Bürger Brigadier verband. Tresca musste sich immerhin sowohl mehrerer Gönner als auch einer hervorragenden Dienstakte rühmen können, sonst wäre er niemals für einen derart sensiblen Posten wie den des Direktors von Camp Charon in Betracht gekommen. Therret hatte allerdings an genügend Indizien bemerkt, welch derbe Sinnlichkeit und sexuelle Freizügigkeit Tresca seinen Leuten auf Hades gestattete. Auch glaubte der Bürger Colonel den Gerüchten, die von Häftlingsmisshandlung und -missbrauch raunten. Während Therret nicht bereit war, für die Feinde der Neuen Ordnung auch nur eine Träne zu vergießen, konnte solches Verhalten seiner Meinung nach nur die Disziplin untergraben.
    Auch Seth Chernock hätte dergleichen eigentlich nicht tolerieren dürfen. Der Bürger Lieutenant-General legte äußersten Wert auf Selbstdisziplin und zählte zu den wenigen Intellektuellen, die gleich von Anbeginn der Neuen Ordnung in den Dienst des Amts für Systemsicherheit getreten waren. Vor dem Harris-Attentat war er ordentlicher Professor für Soziologie und stellvertretender Dekan des Faches an der Nouveau Pariser Rousseau-Universität gewesen. In dieser Eigenschaft benötigte er unter dem alten Regime all seine Selbstdisziplin, um seine Unzufriedenheit mit den Legislaturisten zu verbergen und seine Abscheu davor, wie sie die modrigen Reste des Kapitalismus mit blinder Beharrlichkeit stützten und weiterhin die Ungleichverteilung der Früchte propagierten, welche die Gesellschaft als Ganzes erwirtschaftete. Auch der Senat der Rousseau-Universität erfuhr niemals von Chernocks wahrer Überzeugung, und es gelang ihm sogar, seine Mitgliedschaft in der Bürgerrechtsunion vor den Spitzeln der Inneren Abwehr geheim zu halten. Nach dem Harris-Attentat war er als einer der führenden intellektuellen Befürworter des Komitees für Öffentliche Sicherheit hervorgetreten; allerdings hegte Therret den Verdacht, dass er schließlich aus Enttäuschung über das Komitee in den Dienst der SyS trat. Offensichtlich hatte Chernock Verständnis dafür, dass Bürger Vorsitzender Pierre nicht willens oder (wahrscheinlicher) nicht imstande war, einen solch umfassenden Wechsel durchzuführen, wie Chernock ihn sich wünschte – zumindest nicht mitten im Krieg. Chernocks fanatisches Engagement für den totalen Umschwung hatte nie nachgelassen, und die Systemsicherheit war gewiss der beste Platz für jemanden, der selbst mit Hand anlegen wollte, um die Voraussetzungen für die Erfüllung des großen Plans zu schaffen.
    Seit seinem Eintritt in die Systemsicherheit war Chernock noch disziplinierter – und viel kälter. Therret kannte ihn erst seit sechs T-Jahren, aber er hatte selbst innerhalb dieser relativ kurzen Zeitpanne die Veränderungen an ihm beobachtet. Der Bürger Lieutenant-General war nach wie vor zu tiefen Freundschaften und erstaunlicher Herzlichkeit fähig, doch es schien, als reservierte er seine Emotionalität freiwillig für die Angehörigen seines inneren Kreises. Was den Rest der Menschheit anbetraf, so hatte er sich hinter den eisigen Panzer seines Intellekts und seiner Ergebenheit zu den Zielen der Revolution zurückgezogen. Vorsätzlich verhärtete er sich, als habe er dies als den Preis akzeptiert, den er zur Erreichung seiner Ziele zahlen musste.
    Aus diesen Gründen aber hätte Chernock eigentlich den undisziplinierten Tresca, alles andere als ein Intellektueller, zutiefst verabscheuen müssen, zumal es Dennis Tresca weit mehr um das eigene Wohl ging als um das Wohl des Volkes (und das hatte Chernock nach Therrets Ansicht durchaus erkannt). Trotzdem hatte sich der Bürger Lieutenant-General schon bei der ersten Begegnung mit dem ehemaligen Corporal angefreundet. Chernock gehörte sogar zu den Gönnern, die Tresca seine gegenwärtige Position verschafft hatten, und fieberte den Zügen

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