Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
besetzen den Rückenturm, während wir uns um die Tarnung kümmern, Senior Chief.«
»Aye, Ma’am.«
»Also schön.« Honor drückte den Knopf, der ihr Gurtnetz löste, und erhob sich vom Sitz. »Dann wollen wir mal, Herrschaften.«
11
Als sie mit dem Ausbreiten der Netze fertig waren, kündigte sich schon die Morgendämmerung an. Honor hatte den Eindruck, dass die Shuttles schlechter getarnt waren als auf Landeplatz Eins, doch ließ sie sich dieses nicht anmerken. Am Äquator Hells herrschte ein trockeneres Klima als an ihrem vorherigen Landeplatz, und der Boden war offenbar dürrer. In dem überschäumend fruchtbaren, vielschichtigen Dschungel, in dem sie zuerst gelandet waren, gab es jedenfalls erheblich üppigeres Unterholz, und die meisten Bäume wuchsen höher. Hier hingegen fiel es schwerer, die Shuttles hinunterzuschieben, und es fanden sich viel weniger Ranken und Lianen, um die Tarnnetze zu ergänzen. Honor wusste, dass McKeon ebenso unglücklich mit der Lage war wie sie, und sie hatten sich bereits darauf geeinigt, dass die Leute die folgende Nacht damit verbringen sollten, weiteres Naturmaterial zu sammeln und in die Netze einzufügen. Zunächst aber konnten sie nur hoffen, dass die Shuttles gut genug verborgen waren.
»Wenn alles gut geht, könnten wir überlegen, wenigstens einen Shuttle zu Landepunkt Eins zurückzuschicken«, sagte sie leise zu McKeon. Sie saßen unter einer Tragfläche und beobachteten den Sonnenaufgang. Er blickte sie an, und Honor hob die Achseln; sie wusste, dass er ihre indirekte Entschuldigung als das nehmen würde, was sie war.
»Vielleicht«, stimmte er ihr nach einem Augenblick zu. »Vermutlich könnten wir mithilfe eng gebündelter Signallaser sogar eins der havenitischen Satellitenrelais benutzen, um in Verbindung zu bleiben, ohne dass die Havies etwas davon bemerken. Wenn wir vorsichtig sind. Riskant ist es trotzdem.«
Sie machte einen leisen, zustimmenden Laut und lehnte sich gegen den Sitzbezug, den Harkness und LaFollet für sie aus dem Shuttle geholt hatten. Ihre Ausdauer war noch längst nicht wieder auf dem Niveau wie vor ihrer Gefangennahme. Honor fühlte sich völlig ausgelaugt.
»Du hättest dir nicht so viel abverlangen dürfen«, tadelte McKeon sie leise, während Nimitz zu ihr hinkte und sich neben ihr zusammenrollte. Sie schlang den Arm um den ‘Kater und schloss müde die Augen.
»Ich musste mein Teil beitragen. Als kommandierender Offizier muss man ein Beispiel geben. Das hab ich jedenfalls mal gelesen, als ich noch auf Saganami Island war.«
McKeon schnaubte mit dem feinen Eifer, der einem alten Freund ansteht. »Natürlich. Vielleicht hast du noch nicht bemerkt, dass dir ein Arm fehlt, aber wir wissen es. Wenn dir Fritz also das nächste Mal vorschlägt, eine ›Pause‹ zu einzulegen, dann wirst du verdammt noch mal eine Pause machen!«
»Ist das ein Befehl?«, fragte sie schläfrig. Nimitz schnurrte, und die Schwingungen durchdrangen ihre Knochen, so wie seine Liebe beruhigend ihre Seele umschmeichelte.
McKeon schnaubte wieder, diesmal allerdings mit weniger Elan. »Ja, das glaube ich schon«, sagte er. »Immerhin sind wir nun beide Commodore. Das hast du mir jedenfalls gesagt, auch wenn Ihre Lordschaften noch nicht dazu gekommen sind, es offiziell bekannt zu geben. Seit ein paar Monaten müssen sie meine Adresse verlegt haben.« Honor prustete leise, und McKeon grinste sie an. »In Ihrem augenblicklichen Zustand, Ms. Coup de vitesse , könnte selbst ich Sie verprügeln. Immer vorausgesetzt natürlich, dass Andrew mich nicht vorher bewusstlos schlägt.«
»Ich würde sehr darauf achten, Sie nicht zu verletzen, Sir«, antwortete Major LaFollet leise. Er saß auf der Tragfläche und bewachte von dort seine Gutsherrin.
»Na, siehst du?«, fragte Honor noch müder. »Andrew würde dich aufhalten.«
»Das habe ich nicht gesagt, Mylady!« LaFollet lachte leise. »Ich meinte, ich würde versuchen, ihn nicht zu verletzen, während ich ihm helfe, Sie zu einer Pause zu zwingen.«
»Verräter!«, murmelte Honor und lächelte matt. Dann trieb sie in den Schlaf davon.
Am Äquator war es nicht nur trockener, sondern auch heißer. Sie befanden sich nun im Herzen des Kontinents, weit entfernt vom mäßigenden Einfluss der Meere, und das treffend benannte Camp Inferno lag tatsächlich genau auf der Äquatorlinie. Nun erwies es sich als höchst vorteilhaft, dass Nimitz sein Winterfell bereits abgeworfen hatte, und trotzdem mussten Honor und
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